Virtuelle Einkaufswelten und grenzenlosen Wissenstransfer |
03.04.2000 00:00 Uhr |
Paracetamol per Mausklick - was für Amerikaner inzwischen kein Problem mehr ist, sorgt bei den meisten deutschen Apothekern für weiche Knie. Bislang ist der Handel mit Arzneimitteln per Internet in der Bundesrepublik verboten. Ganz anders sieht es beim Praxisbedarf aus: Schon vertreiben diverse Unternehmen ihre Produkte im Cyberspace. Daneben bieten so genannte Online-Broker ihre Hilfe beim Kaufen und Verkaufen an.
"Das Internet erobert die Geschäftswelt" oder "It´s e-business or no business" - mit diesen plakativen Formulierungen wurde in den letzten Monaten auch in Deutschland der Marktplatz Internet angepriesen. Bislang gilt die Bundesrepublik in Sachen E-Commerce noch als Entwicklungsland. Aber inzwischen tut sich auch im Gesundheitsmarkt einiges.
Da der Staat den Handel mit Arzneimitteln im Web nicht erlaubt, konzentrieren sich die Aktivitäten der Onlinehändler auf Praxis- und Klinikbedarf. Im Vordergrund stehen dabei sogenannte Business-to-Business-Lösungen, kurz BtoB oder B2B. Das heißt, Waren und Dienstleistungen werden nicht direkt dem Endverbraucher angeboten, sondern die Internetfirmen konzentrieren sich zum Beispiel auf Geschäfte zwischen Krankenhäusern, Arztpraxen und Herstellern.
Eine untergeordnete Rolle im Gesundheitswesen spielen dagegen Handelsbeziehungen, die als Business to Administration bezeichnet werden - beispielsweise Aussschreibungen der öffentlichen Hand per Internet - oder das Geschäft direkt mit dem Endverbraucher (Business to Consumer, B2C). Bislang werden laut einer aktuellen Umfrage unter Führungskräften weltweit nur rund 2 Prozent der Internetgeschäfte in den Branchen Gesundheit und Bildung abgewickelt.
Marktplatz oder Community
Marktforscher unterteilen das "E-Business" in vier unterschiedliche Kategorien: das Händlermodell, das Brokermodell, das Marketplace-operator-Modell und das Community-builder-Modell.
Händler vertreiben ihre Waren direkt über das Internet. Sie verfügen meistens über ein genau definiertes Sortiment, das mitunter auch im eigenen Lager liegt. Ein Beispiel ist das Anfang 1999 gegründete Handelshaus Praxisline.de (www.praxisline.de). Das Unternehmen bietet derzeit circa 4000 Produkte an, von denen nach eigenen Angaben 70 Prozent im eigenen Lager liegen.
Der Broker vermittelt zwischen Verkäufer und Käufer. Tauschen beide Güter oder Serviceleistungen aus, erhält er eine Kommission oder einen festen Betrag pro getätigter Transaktion. Meist sehen sich Broker als reine Vermittler, das heißt Bestellung und Abrechnung erfolgen nicht über ihre Plattform.
Ein Broker für Praxis- und Klinikbedarf ist das Unternehmen Krankenhausportal.de (www.krankenhausportal.de); seit November 1999 im Netz. Das Portal bündelt Informationen über Krankenhäuser im deutschsprachigen Raum und bietet Optionen zur Produkt- und Firmensuche an. In einem geschlossenen Bereich hält die Firma Sonderangebote bereit und organisiert die Bündelung von Einkäufen.
Virtuelle Shopping-Mall
Einen Schritt weiter geht der Marketplace-operator. Er offeriert auf seiner Homepage eine virtuelle Shopping-Mall, in der sich Verkäufer regelrecht einmieten können, um Waren und Dienstleistungen feilzubieten. Der Marktplatz-Inhaber finanziert sich entweder über Mieten und/oder Kommissionen. Manche Marktplätze organisieren für ihre Kunden zusätzlich den Zahlungsverkehr, Logistik oder bieten Versicherungen an.
Auch der Community-builder profitiert von Miete, Kommission oder Provision. Im Gegensatz zu den Marktplatz-Wächtern setzt er jedoch eher auf Kommunikation und Wissenstransfer. Oft werden auf solchen Seiten Diskussionsforen angeboten, die teilweise Experten leiten. Community-builder bündeln also die Interessen einer Berufsgruppe. Ein Beispiel ist die Homepage von DeutschlandMed unterwww.deutschlandmed.de, die im November 1999 freigeschaltet wurde. Hier sollen künftig Mediziner, aber auch andere im Gesundheitswesen Tätige ihr Wissen austauschen. Neben seinem Informations- und Kommunikationsangebot will DeutschlandMed künftig auch in einem geschlossenen Bereich den Austausch von Patientendaten ermöglichen.
Schon jetzt habe man 200 000 niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser und Fachgesellschaften mit einem Zugang versorgt, berichtete Geschäftsführer Dr. Wolfgang Weidinger während einem Seminar des Bundesfachverband der Medizinprodukteindustrie in Bonn. Dazu kooperiert DeutschlandMed inzwischen mit Partner wie Oracle Sun und Telekom, den Fernsehsendern NTV sowie CNN, aber auch dem Robert-Koch-Institut und diversen Pharmaunternehmen.
Das Geschäft soll bei DeutschlandMed nicht außen vor bleiben. Einerseits bieten Weidinger und seine Kollegen ihren Kunden Werbebanner an den passenden Stellen an, andererseits wollen sie auch den elektronischen Handel mit Praxis- und Klinikbedarf organisieren.
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