Abwechslungsreicher als vermutet |
21.06.2004 00:00 Uhr |
Wer an Berufsfelder für Pharmazeuten denkt, dem fällt zuerst die Apotheke ein, dann vielleicht die Pharmaindustrie oder das Krankenhaus. Es gibt aber noch etliche weitere Betätigungsfelder für Apotheker, etwa in den Berufsverbänden. Peggy Ahl wechselte vor zwei Jahren von einer Krankenhausapotheke zur ABDA nach Berlin.
PZ: Warum haben Sie sich für eine berufliche Karriere in einem Verband entschieden?
Ahl: Nach dem Pharmaziestudium habe ich drei Jahre in der Krankenhausapotheke gearbeitet und dort die Weiterbildung im Gebiet Klinische Pharmazie abgeschlossen. Ich war unter anderem verantwortlich für die Zentrale Zytostatikaherstellung. Viele Prozesse in dieser Abteilung mussten, zum Beispiel in Form von Herstellungsanweisungen, erarbeitet und schriftlich festgehalten werden.
Dabei habe ich gemerkt, dass mir diese Art der „Schreibtischtätigkeit“ sehr gut liegt. Durch den Umzug der ABDA von Eschborn nach Berlin mussten einige Stellen neu besetzt werden, und durch eine Annonce in der Pharmazeutischen Zeitung bin ich auf darauf aufmerksam geworden. Ich entschloss mich, etwas Neues kennen zu lernen und habe mich bei der ABDA als Referentin für Qualitätssicherung beworben. Diese Tätigkeit übe ich nun seit etwa zwei Jahren aus.
PZ: Haben Sie ihr Studium oder ihr praktisches Jahr bereits auf ihr Berufsziel ausgerichtet?
Ahl: Mein Studium und mein praktisches Jahr habe ich eher auf die Tätigkeit im Krankenhaus ausgerichtet. Die Hälfte meines praktischen Jahres habe ich in der Krankenhausapotheke absolviert. Allerdings halte ich es auch für schwierig, sich bereits in der Ausbildung auf eine Tätigkeit im Verband vorzubereiten. Die Aufgaben beim Verband sind sehr vielschichtig und erfordern daher ganz unterschiedliche Vorkenntnisse.
PZ: Sind Zusatzqualifikationen wie Promotion oder Weiterbildung aus ihrer Sicht sinnvoll?
Ahl: Gerade für Verbandsaufgaben, die stärker im pharmazeutischen Bereich angesiedelt sind, bedarf es eines verstärkten Interesses an der Beurteilung wissenschaftlicher Fragestellungen. Hier sind eine Promotion, eine abgeschlossene Weiterbildung oder ein Aufbaustudiengang, wie Public Health, sicherlich vorteilhaft. Ich merke aber auch, dass mir in meinem Aufgabenbereich meine dreijährige Praxiserfahrung sehr hilfreich ist.
PZ: Welche Eigenschaften sollte ein Pharmaziestudent mitbringen, der bei einem Verband oder einer Behörde arbeiten möchte?
Ahl: Angesichts der unterschiedlichen Aufgaben der Apotheker in Verbänden lässt sich kein generelles Anforderungsprofil an die über die Approbation hinausgehende Qualifikation stellen. Grundsätzlich sollten ein Interesse an berufspolitischen Fragestellungen und neben pharmazeutischem Fachwissen vertiefte Kenntnisse in den pharmazeutischen Rechtsgebieten vorhanden sein.
Die Arbeit im Bürobetrieb erfordert eigenständiges Arbeiten sowie gute Organisation und EDV-Kenntnisse. Sachverhalte müssen in Wort und Schrift und gegebenenfalls auch als Präsentation verständlich und klar dargestellt werden können. Im zusammenwachsenden Europa sind Fremdsprachenkenntnisse, besonders Englischkenntnisse in Wort und Schrift, von Vorteil.
PZ: Was gefällt Ihnen an ihrer Arbeit besonders gut?
Ahl: Die Vielfalt der Aufgaben und das selbstständige Arbeiten gefallen mir sehr gut.
PZ: Was gefällt Ihnen überhaupt nicht?
Ahl: Dazu fällt mir eigentlich nichts ein. Allerdings muss ich sehr daran arbeiten, mein pharmazeutisches Fachwissen weiterhin auf dem neuesten Stand zu halten. Man merkt sehr schnell, dass vieles verloren geht, wenn man nicht mehr täglich damit arbeitet. Da hilft es aber auch, dass ich gelegentlich Fachartikel für den Govi-Verlag schreibe und mich hierfür immer wieder in pharmazeutische Themengebiete einarbeiten muss.
PZ: Die Arbeit bei einem Verband wird von außen oft als reine Schreibtischarbeit gesehen. Ist das ein Vorurteil?
Ahl: Sicherlich wird der größte Teil der Arbeit am Schreibtisch erledigt, allerdings arbeite ich auch in Expertengremien mit, wie im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland und im Normenausschuss Medizin des DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Somit habe ich auch in regelmäßigen Abständen außer Haus Termine.
Weiterhin gibt es in unserem Haus verschiedene Sitzungen, an denen ich teilnehme und die zum Teil vor- und nachbereitet werden müssen. Insgesamt finde ich meine Tätigkeit wesentlich abwechslungsreicher, als ich vorher vermutet hätte.
PZ: Gibt es bei ABDA, Kammern und Verbänden weitere Berufsfelder für Apothekerinnen und Apotheker?
Ahl: Apotheker arbeiten bei der ABDA nicht nur im Geschäftsbereich Pharmazie, zu dem auch das ZAPP – Zentrum für Arzneimittelinformation und pharmazeutische Praxis gehört, sondern auch in der Öffentlichkeitsarbeit und im Geschäftsbereich Wirtschafts- und Vertragsrecht. Bei den Apothekerkammern sind Apotheker vorwiegend in den Bereichen Fort- und Weiterbildung, Qualitätssicherung und Arzneimittelinformation tätig. Außerdem sind die meisten Geschäftsführer der Kammern Apotheker.
PZ: Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche? Haben Sie feste Arbeitszeiten?
Ahl: Die Wochenarbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. Natürlich darf man auch mehr arbeiten. Durch die Gleitzeitregelung kann man sich innerhalb gewisser Grenzen die Arbeitszeit flexibel einteilen. Dies gilt natürlich nicht, wenn sehr viel Arbeit anfällt oder Termine wahrzunehmen sind.
PZ: Gibt es Möglichkeiten Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen? Ist Teilzeitarbeit möglich?
Ahl: Bisher stellt sich für mich diese Frage nicht. Die Gleitzeitregelung bietet aber sicherlich einen sehr guten Spielraum, Kinder und Beruf zu organisieren. Teilzeitarbeit wird momentan von einigen Kolleginnen nach der Rückkehr aus der Elternzeit genutzt.
PZ: Was kann ein Berufsanfänger als Einstieggehalt erwarten?
Ahl: Eine Tarifbindung gibt es im Bereich der Verbände und Kammern nicht, daher ist es schwierig, konkrete Zahlen zu nennen.
PZ: Wenn Sie noch einmal die Wahl hätten – würden Sie denselben Berufsweg wieder einschlagen?
Ahl: Drei Jahre Erfahrung in der Krankenhausapotheken möchte ich nicht missen, aber ich habe auch den Wechsel zur ABDA nicht bereut und bin froh, dass ich den Schritt in den Verband gewagt habe. Ich kann nur jedem raten, sich bereits im praktischen Jahr Einblick in verschiedene pharmazeutische Arbeitsfelder zu verschaffen. Nicht alle Bereiche erscheinen auf den ersten Blick interessant, können aber bei genauerem Hinsehen abwechslungsreiche Tätigkeiten für Apotheker bieten.
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