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Risiko und Chance

Datum 22.09.2003  00:00 Uhr

Deutscher Apothekertag 2003

Risiko und Chance

Der Entwurf zum GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) bietet sicherlich keinen Grund zum Jubeln. Der Hauptgeschäftsführer der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände kann in dem Gesetz aber auch Chancen erkennen.

Mit der neuen Honorierung der Apotheker, der Einführung der elektronischen Patientenkarte sowie der kurzfristige Änderung der Regelungen zur Integrierten Versorgung habe die Politik Vorschläge der ABDA aufgegriffen, sagte Braun im Bericht der Geschäftsführung.

Angesichts der geplanten Einführung des Versandhandels stelle das Kombimodell die einzige Möglichkeit dar, die ökonomischen Grundlage der Apotheken zu erhalten, sagte Braun. Zwar konnte die ABDA nicht die angestrebten Beträge von 8,55 Euro zuzüglich 3 Prozent vom Apothekeneinkaufspreis minus enem Euro Kassenrabatt halten. Die im Gesetz fixierte Regelung sei für die Apotheker jedoch weitaus positiver als die ursprünglichen Pläne der Bundesregierung. Danach hätten die Apotheker im Vergleich zu 2002 bis zu 2 Milliarden Euro Rohgewinn verloren. Jetzt sind es inklusive der zu erwartenden Kürzungen der Großhandelsrabatte noch 550 Millionen.

Grundlage für Integrierte Versorgung

Zudem entkoppele das Kombimodell das Einkommen der Apotheker vom Arzneimittelpreis. Dies erlaube es, dass Apotheker in Zukunft stärker in die Arzneimittelökonomie eingebunden würden. Die neue Regelung zur Integrierten Versorgung, biete dafür die vertragliche Grundlage. Damit sei eine alte Forderung der Apotheker endlich umgesetzt. In der Integrierten Versorgung können Krankenkassen demnächst mit Apothekern Verträge über die Qualität der Versorgung abschließen.

Ein weiterer positiver Aspekt des GMG sei die gesetzliche Verankerung der elektronischen Patientenkarte. Sie soll im Jahr 2006 verbindlich eingeführt werden. Damit werde ebenfalls ein maßgeblicher Baustein des ABDA-Konzeptes von 1993 in die Praxis umgesetzt. Dies sei ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur stetigen Verbesserung von Arzneimittelsicherheit und Therapiequalität. Alles in allem enthalte das GMG also durchaus einige Punkte für die die Apotheker seit Jahren gekämpft haben. Braun: „Das zähe Festhalten an einmal als richtig erkannten Zielen scheint sich auszuzahlen, auch wenn der Kampf über viele Jahre gehen muss und für viele Kollegen, auch für Fachjournalisten, unter dem Eindruck der Tagespolitik der Gesamtüberblick verloren zu gehen droht.“

Opposition verhinderte worst case

Auf der anderen Seite sparte Braun aber auch nicht an Kritik. Viele Passagen des Reformkonsens lehne die ABDA strikt ab, allerdings dürfe man der Opposition dabei nicht zu große Schuld geben, sie habe zwar dem Versandhandel und dem beschränkten Mehrbesitz zugestimmt. Bei der Bewertung dürfe man aber auch nicht übersehen, was passiert wäre, wenn die Regierung die politisch gewollte Liberalisierung des Arzneimittelmarktes allein vorangetrieben hätte.

Der ursprüngliche GMG-Entwurf von SPD und Grünen habe die uneingeschränkte Aufhebung des Mehrbesitzes vor. Dies hätte wohl das schnelle Ende der freiberuflichen Apotheke bedeutet, da der Fremdbesitz eine zwangsläufige Folge gewesen wäre. Da sei der Konsens mit einer Hauptapotheke und drei Filialen weitaus moderater. Freilich sei auch hierbei abzuwarten, ob das rechtliche Konstrukt halte.

Beim Versandhandels wollte die Bundesregierung Abweichungen von der Preisverordnung grundsätzlich zulassen. Auch der verzicht auf die Zuzahlung sollte möglich sein. Im Konsensentwurf müssen Versandapotheken bei der Preisbildung und auch in allen anderen Bereichen dieselben Bedingungen erfüllen wie öffentliche Apotheken. Die Gleichstellung mit Versandapotheken wahre die Chancen der öffentlichen Apotheken, stellte Braun fest.

Schwierig sei es, die Konsequenzen der Herausnahme von OTC-Produkten aus der Erstattungsfähigkeit zu bewerten, so der ABDA-Hauptgeschäftsführer. In Zukunft sollen nur noch Selbstmedikationsarzneimittel aus wenigen Indikationen von den Krankenkassen erstattet werden dürfen. Ebenfalls erstattungsfähig bleiben Verordnungen für Kinder bis zwölf Jahren und Jugendliche bis 17 Jahren mit Entwicklungsstörungen.

Die Bundesregierung will mit der Einschränkung der Erstattungsfähigkeit rund eine Milliarde Euro einsparen. Braun zweifelte: „Ob diese Annahme realistisch ist, wird sich zeigen, da viele Ärzte einen OTC/Rx-Switch vornehmen werden.“

Arzneimittel nicht kommerzialisieren

Die Freigabe der Preise für OTC-Arzneimittel überrascht Braun nicht. Die EU-Kommission habe bereits 2002 diesen Schritt empfohlen. Die Mitgliedsstaaten sollen dies bis 2006 umsetzen. Braun hält den Vorschlag dennoch für unsinnig: „Diese Regelung dient weder der Verbesserung der therapeutischen Qualität noch der Erhöhung der Arzneimittelsicherheit.“ Sie spiegele allein den Zeitgeist höherer Marktliberalität wider.

Welche Konsequenzen die Preisfreigabe haben werde, liege letztlich allein an den Apothekern. Braun appellierte an seien Kolleginnen und Kollegen, vernünftig mit dieser Regelung umzugehen. Er erinnerte an das Gutachten des Sachverständigenrates vom Dezember 2001, in dem das Expertengremium zutreffend feststellte, preiswerte OTC-Arzneimittel würden über die Arzneimittelpreisverordnung betrieswirtschaftlich subventioniert. Braun: „Der Berufsstand sollte sich hüten, durch unvernünftige Preiskalkulation die Ware Arzneimittel zu kommerzialisieren. Dann wird er schließlich nur noch als Kaufmann und nicht als Heilberufler betrachtet.“ Zudem sei die Selbstmedikation kein Wachstumsmarkt. Mit jährlichen Steigerungsraten von einem bis 3 Prozent biete sich kaum eine Möglichkeit durch Preissenkungen eine ausreichende Mengensteigerung zu erzielen.

Trotz einiger positiver Ansätze im Reformwerk kann Braun nachvollziehen, dass das GMG im Berufsstand Ängste erzeugt. Weniger Verständnis hat er allerdings dafür, dass sowohl interessierte externe Gruppen diese Ängste schüren, als auch „bestimmte Gruppen im Berufsstand selbst versuchen diese Zeit der Ungewissheit für ihre eigenen Zwecke zu nutzen und versuchen, die demokratisch verfassten Strukturen der Berufsorganisationen zu schwächen oder gar in Frage zu stellen“.

Es sei falsch, die ABDA dafür zu kritisieren, dass die Maximalforderungen nicht erreicht werden konnten. Die unbestreitbaren Erfolge der Berufspolitik würden dagegen geleugnet. Angesichts der Diskussion über Lohn- und Rentenkürzungen, Erhöhung der Wochenarbeitszeit und Stagnation der Kasseneinnahme sei es realitätsfern, zu glauben die Apotheker würden von den Sanierungsmaßnahmen des deutschen Gesundheitswesens ausgenommen.

Chancen für die Individualapotheke

Grundsätzlich gebe es aber Perspektiven für die Apotheken. Das Kombimodell mache zwar Gewinnsprünge unwahrscheinlich, biete aber gleichzeitig kalkulatorische Sicherheit und größere Unabhängigkeit. Die Möglichkeiten sich pharmazeutisch zu engagieren würden eher größer. Zudem habe die generelle Liberalisierung der Arzneimitteldistribution verhindert werden.

Braun warnte gleichzeitig vor einer Zersplitterung des Berufsstandes. Zwar werde es in Zukunft als Folge stärkerer Spezialisierung neue Gruppen geben, dies dürfe aber nicht zu einem stärkeren Separatismus führen. Für den Berufsstand sei es besser, wenn die Spezialisten mit der ABDA weiterhin ein gemeinsames Dach behielten. Braun: „Es geht ums Ganze. Zersplitterte Strukturen werden zu einer leichten Beute.“

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