Stets auf das Wesentliche fokussiert |
04.10.1999 00:00 Uhr |
DEUTSCHER APOTHEKERTAG
"Die ABDA ist gerüstet, die knappen Chancen wahrzunehmen, die uns in der konkreten politischen Situation verbleiben", erklärte Dr. Johannes Pieck, Sprecher der ABDA-Geschäftsführung vor der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker in Leipzig. Dabei fokussiere die ABDA-Politik stets auf das Wesentliche.
Im Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform 2000 äußere sich die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände daher ausschließlich zu den Punkten, die die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gefährdeten oder die betriebswirtschaftlichen oder berufspolitischen Interessen der Apotheker in Frage stellen: Positivliste, Budgetierung, Monopolisierung von Daten, Benchmarking und Importarzneimittel.
Die ABDA habe angemerkt, die Politik suggeriere wider besseres Wissen der Öffentlichkeit, die Positivliste sei der Königsweg, um ein höheres Maß an Rationalität des ärztlichen Verordnungsverhaltens zu erreichen. Die angestrebte Monopolisierung aller Leistungs- und Abrechnungsdaten bei den Krankenkassen und der generelle Ausschluss der Apotheker und ihrer Rechenzentren von der Datennutzung sei eine unerträgliche Parteinahme der Politik für die ausufernde Machtposition und die Interessen der Krankenkassen, so Pieck. Die ABDA sei nicht bereit, "diesen enteignungsgleichen Eingriff in die unternehmerischen Entscheidungen und in die legitimen Interessen unserer Rechenzentren widerspruchslos hinzunehmen".
Die Budgetierung nannte Pieck patientenfeindlich. Das im Juli von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ursprünglich publizierte Notprogramm, habe offensichtlich allen Beteiligten hinreichend deutlich gemacht, dass das Budget einschließlich der ökonomischen Konsequenzen für Ärzte weder die Einhaltung des Ausgabenrahmens bewirken, noch im Falle seiner Überschreitung eine nach Qualität und Quantität gesicherte Arzneimittelversorgung gewährleisten könne.
Importarzneimittel: Vagabunden des Arzneimittelmarktes
Der ADBA-Sprecher erinnerte daran, dass die Abgabe von Importarzneimitteln seit Jahren vertraglich geregelt und die Frequenz der Abgabe stabilisiert sei, soweit die Spotmärkte in ihrer Unübersichtlichkeit und ihrem Defizit an Kontinuität dies zulassen. Wer Apotheker allerdings zwingen wolle, in täglich rund drei Millionen Fällen zu versuchen, ein Importarzneimittel zu beschaffen, agiere patienten- und apothekenfeindlich, was Arbeitsplätze betrifft, auch standortfeindlich.
Generika: Ordnung durch apothekerliche Auswahl
Pieck berichtete weiter, dass die ABDA in einem Gespräch mit der Gesundheitsministerin am 18. August erklärt habe, die Umstellungen der Verordnungen in den generikafähigen Bereich wie mit den Krankenkassenverbänden und der KBV vereinbart - ergebe nur dann Sinn, wenn den Apothekern endlich die seit Jahren geforderten gesetzlichen Voraussetzungen für eine sachgerechte Generikaabgabe zugestanden würde. Ärzte sollten dann auf dem Rezeptblatt kenntlich machen, wenn sie ausdrücklich nicht wünschten, dass der Apotheker ein wirkstoffgleiches Arzneimittel auswähle.
Mit der erneut eingebrachte Novelle zum Apothekengesetz wollen die Länder weiterhin im ambulanten Bereich den Krankenhausapotheken Kompetenzen zu Lasten der Offizinapotheken verschaffen, indem sie vor allem die Arzneimittelversorgung der Bewohner beziehungsweise Patienten von Pflegeheimen übernehmen. Die ABDA stehe solchen Plänen kritisch gegenüber, begrüße aber die Absicht, die Arzneimittelversorgung von Heimen, soweit sie eben nicht Pflegeheime sind, künftig auf der Grundlage eines Versorgungsvertrages zu gestalten. Der Gesundheitsausschuss des Bundestages plane jedenfalls bisher nicht, den Gesetzentwurf zeitgleich mit dem Gesundheitsreformgesetz 2000 zu beraten.
Lichtgestalten und Spießgesellen
Ganz aktuell fügte Pieck hinzu, dass die Krankenkassenverbände, die Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie der Bundesverband der Krankenhausapotheker eine gemeinsame Initiative unternommen hätten, die Kompetenzen der Krankenhausapotheken auszuweiten. "Ich kann hier nur den uneingeschränkten und massiven Widerstand der ABDA ankündigen da kenne wir, wenn es denn sein muss, keine Verwandten."
Der Vorschlag stelle eine unerträgliche pauschale Diskriminierung der qualifizierten Berufstätigkeit der Offizinapotheker dar. Hier werde einer Aufteilung der deutschen Pharmazie das Wort geredet, wonach sich die pharmazeutischen Lichtgestalten in der Krankenhauspharmazie befinden, und die Spießgesellen sind die Offizinapotheker. Licht und Schatten, Positives und Negatives seien gleichmäßig verteilt. Dennoch würden die Lichtgestalten in der Krankenhauspharmazie im Zweifel nicht alle Grauzonen und dunklen Ecken dort ausleuchten können. "Wir werden der Politik erklären müssen, dass hier nicht mit einem Federstrich irgend eine kleine Zuständigkeit verschoben wird, sondern dass hier eine gravierende Systemveränderung vorgeschlagen wird."
Pieck sprach sich auch dagegen aus, dass auf dem Gelände der Universitätsklinik Gießen anstelle der Krankenhausapotheke eine öffentliche Apotheke mit Unterstützung des Landes gegründet werden soll. Hessen gefährde damit die Existenz mittelständischer Apotheken in Gießen und verletze seine Verpflichtung zur Neutralität.
Gutachten bekräftigen Fremd- und Mehrbesitzverbot
Die ABDA hat in der jüngsten Vergangenheit in zwei Gutachten Bestätigung und Unterstützung ihrer Position zum Fremd- und Mehrbesitzverbot gefunden: von den Professoren Christian Starck, dem Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Universität Göttingen und von Rüdiger Zuck, Rechtsanwalt in Stuttgart. Der Berufsstand könne Glaubwürdigkeit und Substanz des Systems der öffentlichen Apotheke sowie die Qualität der pharmazeutischen Leistung nur dann verbessern, wenn er dem Prinzip des Fremd- und Mehrbesitzverbotes folge. Desweiteren kritisierte Pieck, dass seit der Etablierung des Medizinprodukterechts eine Ergänzung des Katalogs apothekenüblicher Waren ausgeblieben sei.
Einer Verankerung der pharmazeutischen Betreuung im Apothekengesetz und in der Apothekenbetriebsordnung steht nach Piecks Darstellung das Ministerium zunächst wohlwollend gegenüber. Gänzlich offen sei, in wie weit diese Leistung auch honoriert werde. Auch hier bleibe die ABDA am Ball.
Qualitätsmanagement: Nur Mut!
Nachdem an verschiedenen Stellen unter anderem im Gesetzentwurf zur Strukturreform 2000 die Verpflichtung zur Qualitätssicherung für alle Leistungserbringer, erwähnt ist, sollte sich der Berufsstand dem Thema aufgeschlossen zeigen, so der ABDA-Sprecher. Die ABDA könne hier keine Vorschriften machen, wohl aber politische Vorgaben beschließen. Zu diesem Thema hatte sich ein Arbeitskreis der Hauptversammlung befasst.
Zum Erhalt und der Selbständigkeit und der Freiberuflichkeit sei zudem eine Entpersonalisierung der apothekerlichen Leistung, etwa durch Versandhandel, zu unterbinden. Pieck warnte davor, die Möglichkeit des Versandes "in begründeten Einzelfällen" überzustrapazieren.
Die konsequente Haltung der ABDA sei vor allem deshalb geboten, weil in der Europäischen Kommission, was das Versandverbot angeht, weiterhin gewackelt und gefackelt werde. Das Versandverbot für Arzneimittel im deutschen Arzneimittelgesetz sei jedoch akut gefährdet durch einen Richtlinienentwurf zum E-commerce. Mit Recht hätten die Verbraucherverbände dafür plädiert, nicht das Recht des Landes, in dem der Inhaber niedergelassen ist, solle maßgeblich sein, sondern das Recht des Landes, in dem der Verbraucher ansässig ist. Die ABDA fordere eine Ausnahmeregelung für Arzneimittel, die in dem Richtlinienvorschlag bisher nicht vorgesehen ist.
Apothekenpflicht gleich Arzneimittelsicherheit
"Wir erleben zum ersten Mal in der Geschichte des Apothekenwesens, dass ein Arzneimittel angeblich aus Gründen der Arzneimittelsicherheit der Kompetenz der Apotheken entzogen wird", sagte Pieck und verwies auf die 9. Novelle zum Arzneimittelgesetz, wonach Arzneimittel, die zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zugelassen sind, in Apotheken nicht abgegeben werden dürfen. Dies missachte in grober Weise die Funktionen der Apotheken. "Eine Politik, die nicht zuletzt das Unwesen der Zentralen Beschaffungsstellen als probates Mittel zur Aushebelung der Apothekenpflicht duldet und fördert, ist als praeceptor pharmaciae ungeeignet, Arzneimittelsicherheit in Apotheken kritisch zu bewerten", so Pieck.
Der ABDA-Sprecher appellierte an die Hauptversammlung: "Verzichten wir auf jeden Anflug von Larmoyanz, aktivieren wir unsere guten Argumente, unser Potential an Glaubwürdigkeit und üben wir die hohe Kunst politischer und persönlicher Konsequenz, dann haben wir die Chance, nicht nur lästige Warner zu sein, sondern verlässliche Partner für unsere Patienten und für die Politik".
Den Wortlaut des Geschäftsberichts des Sprechers der ABDA-Geschäftsführung und der Rede des ABDA-Präsidenten Hans-Günter Friese lesen Sie in der Beilage der nächsten PZ.
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