Cannabis: Kein Joint aus der Apotheke |

Der therapeutische Einsatz von Cannabis ist nicht einfach ein «Joint aus der Apotheke». Das bekräftigte Apotheker Dr. Christian Ude aus Darmstadt am Mittwoch beim Fortbildungskongress Pharmacon Meran. «Eine Cannabis-Therapie ist komplexer und vielfältiger als das bloße Rauchen von Marihuana», so Ude. Es sei ein Fehler, alle Zubereitungen, die auf Medizinal-Hanf basieren, auf die Arzneipflanze zu reduzieren. «Man muss hier sehr genau unterscheiden, ob die Droge, pflanzliche Zubereitungen wie Extrakte oder die wirksamkeitsbestimmenden Pflanzeninhaltsstoffe wie Dronabinol zum Einsatz kommen», betonte der Apotheker.
Ein Kriterium zur Unterscheidung der einzelnen Cannabis-Therapeutika sei die Pharmakokinetik. Bei der inhalativen Anwendung, also etwa beim Rauchen oder Vernebeln von Cannabis-Blüten, flutet der Wirkstoff sehr schnell an – der Patient spürt bereits nach Minuten eine Wirkung – und es werden rasch hohe Wirkspiegel erreicht, die jedoch nur rund zwei bis vier Stunden anhalten. Bei der Anwendung des Fertigarzneimittels Canemes® mit dem synthetischen Δ9-Tetrahydrocannabinol-Derivat Nabilon wird die maximale Plasmakonzentration dagegen erst nach 60 bis 90 Minuten erreicht. «Bei der Behandlung gilt es also, genau abzuwägen, welche Zubereitung, Applikationsform und Dosis für den jeweiligen Patienten am besten geeignet sind», sagte Ude. Dabei sei die Anwendung der Blüten zumindest kritisch zu sehen. Denn der Einsatz pflanzlicher Drogen statt der isolierten wirksamkeitsbestimmenden Substanzen sei nach aktuellem Stand der Wissenschaft ein Rückschritt, nicht zuletzt aufgrund der Applikation, wie der Apotheker betonte.
Die Liste der Indikationen, bei denen Cannabis und seine Zubereitungen wirken sollen, ist lang. «Die klinische Datenlage dazu ist allerdings mäßig und uneinheitlich», sagte Ude. Einigermaßen belegt sei eine Wirkung bei chronischen Schmerzen, Spasmen bei Multipler Sklerose und Paraplegie sowie bei Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen. Bei anderen Indikationen sei die Wirksamkeit dagegen nicht belegt, es gebe kaum Evidenz, so Ude. «Ein neues Wundermittel ist Cannabis also sicherlich nicht.» (va)
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31.05.2018 l PZ
Foto: PZ/Alois Müller