Saarland: Erste digitale Rezeptsammelstelle eingeweiht |
Wer keine Apotheke in seiner Nähe hat, kann eine ärztliche Verordnung in vielen Orten in einer Rezeptsammelstelle hinterlassen und bekommt seine Medikamente dann nach Hause geliefert. Neue Technik soll künftig viel Zeit sparen.Sowohl im schwäbischen Neidlingen als auch im saarländischen Heusweiler-Kutzhof gehen heute die ersten zwei digitalen Rezeptsammelstellen in Betrieb. Das Terminal im Saarland ähnelt einem Parkscheinautomaten und steht draußen neben einer Arztpraxis.
«Die gesellschaftliche Entwicklung macht es notwendig, dass die Arzneimittelversorgung auf dem Land einfacher, schneller und digitaler gestaltet wird», erklärte die anwesende Monika Bachmann, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (Foto). «Diese Digitalisierung bietet für beide Seiten, für Apotheker und für Kunden, viele Vorteile.»
«Wir kriegen das Rezept jetzt praktisch auf den Schirm, wenn es eingeworfen wird», erklärt der Inhaber der Allee-Apotheke in Heusweiler-Holz und Präsident der saarländischen Apothekerkammer, Manfred Saar (Foto), der den Automaten im Saarland bedient und bisher pro Tag zwischen 15 und 40 Rezepte aus dem Kasten geholt hat. Falls ein Artikel nicht vorrätig ist, kann Saar nun sofort bestellen und noch am selben Tag liefern. «Wir können so bis zu einem ganzen Werktag sparen. Das ist ein gewaltiger Zeitgewinn.»
Außerdem spare sich der Apotheker eine Fahrt, sagt Hansjörg Egerer von der Adler-Apotheke in Weilheim/Teck, die bisher für den Kasten und künftig für den Automaten in Neidlingen zuständig ist. Zwar könnten seine Kunden ihn auch bisher schon einfach anrufen und ein Medikament bestellen, das er dann im Tausch gegen das Rezept ausliefert. Es gibt auch spezielle Handy-Apps, mit denen das geht. Aber bei den vielen Vorschriften und Regelungen, die es zu beachten gelte, sei das oft schwierig. «Da brauchen wir einfach sämtliche Angaben vom Rezept», sagt Egerer.
Ein zusätzliches Geschäft, mit dem sich mehr Geld verdienen lässt, sei die Sache für seine Apotheke aber nicht. «Es ist ein zusätzlicher Service.» Einen niedrigen vierstelligen Betrag koste der Automat in Heusweiler-Kutzhof, erklärt die Apothekerkammer des Saarlands. Zu den Kosten des Neidlinger Automaten, der von einem anderen Hersteller kommt, macht der Apothekerverband Baden-Württemberg keine Angaben. Man wolle erst einmal testen, welche Funktionen gebraucht werden und ob alles rund läuft. «Wir sind im digitalen Zeitalter, aber wir sehen ja auch, wie oft wir Ausfälle haben», sagt Verbandspräsident Becker.
Einiges teurer als die Saarland-Variante dürfte das Modell in Neidlingen schon sein, denn es kann mehr als Rezepte scannen. So gibt es die Möglichkeit, einen direkten Kontakt zur Apotheke aufzubauen und etwa rezeptfreie Medikamente liefern zu lassen. Zentraler Unterschied zwischen digitalen Rezeptsammelstellen und Abgabe-Automaten, wie ihn Doc Morris in Hüffenharth betreiben wollte, sei der persönliche Kontakt zwischen Patient und Personal bei der Übergabe des Medikaments, betont Becker – wie in der Apotheke eben. Das Rezept auf Papier hat dabei nicht ausgedient. Das Original muss der Apotheker aus dem Automaten holen und prüfen, bevor er das Medikament übergibt, damit niemand eine Fälschung einscannen kann.
Beide Pilotprojekte hätten das Interesse der Apothekerschaft in ganz Deutschland geweckt, sagte der Sprecher der Apothekerbände Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, Frank Eickmann. «Ich stelle fest, das Interesse am Markt ist da. Die Vorteile liegen auf der Hand.» Nun müsse an den beiden Geräten getestet werden, ob die Abläufe auch gut funktionierten – und ob es noch Nachbesserungen geben müsse.
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25.01.2018 l PZ/dpa
Foto: AK Saarland