Barmer: Heil- und Hilfsmittel teilweise unnötig |
Heil- und Hilfsmittel sind zu teuer und werden teilweise unnötig verschrieben. Das hat die Barmer in ihrem Heil- und Hilfsmittelreport 2017 erklärt. Es ist nicht das erste Mal, dass die Kasse zu hohe Preise für diese Leistungen beklagt. In der aktuellen Untersuchung ging es um das Jahr 2016. In diesem Jahr habe die Barmer für Hilfsmittel rund 9 Prozent (84 Millionen Euro) mehr ausgegeben als im Vorjahr, heißt es im Report. Bei den Heilmitteln waren es 3 Prozent (26 Millionen Euro) mehr. Die Zahl der Versicherten, die diese Mittel erhielten, sei jedoch gleich geblieben, erklärte die Kasse.
Barmer-Chef Professor Christoph Straub hat Zweifel daran, dass insbesondere Heilmittel wie etwa Physiotherapiesitzungen in Deutschland stets begründet verordnet werden. Denn die durchschnittlichen Kosten für solche Behandlungen schwanken regional auffällig. Während die Physiotherapie-Behandlung eines Barmer-Versicherten in Bremen im Schnitt 50 Euro pro Jahr kostet, sind es in Sachsen und Berlin mehr als 80 Euro. Rein medizinisch sei diese Tatsache nicht zu erklären. Und auch bei den Geschlechtern gibt es große Unterschiede. Dem Report zufolge haben Ärzte im Jahr 2016 deutschlandweit 29 Prozent der weiblichen Barmer-Versicherten Hilfsmittel wie Inkontinenzvorlagen, Gehilfen oder Stoma verschrieben. 26 Prozent bekamen Heilmittel. Bei den männlichen Versicherten waren es nur 22 beziehungsweise 17 Prozent.
Reportautor Professor Daniel Grandt findet diese Ungleichheiten verdächtig: «Sie könnte ein Hinweis darauf sein, dass Versorgungsentscheidungen nicht durchgehend evidenzbasiert erfolgen», sagte er. Auch Barmer-Chef Straub forderte weitere Untersuchungen. «Heil- und Hilfsmittel sind ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung», sagte er. Umso wichtiger sei es, dass bei der Verordnung allein die medizinische Notwendigkeit ausschlaggebend sei. Kritisch sieht Straub auch die Tatsache, dass Ärzte in einigen Modellregionen Heilmittel seit Inkrafttreten des Heil- und Hilfsmittelgesetzes im vergangenen Jahr auf einem Blanko-Rezept verordnen können. Der Leistungserbringer entscheidet dann, welche Art, Dauer und Häufigkeit der Therapie nötig ist. So könne es für die Krankenkassen noch teurer werden, «wenn Patienten länger oder aufwändiger behandelt werden, als es rein medizinisch notwendig wäre», so der Barmer-Chef. (ap)
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