Ciclesonid und Mometason - zwei neue inhalative Glucocorticoide |
03.01.2006 11:10 Uhr |
Ciclesonid und Mometason - zwei neue inhalative Glucocorticoide
von Andrea Hämmerlein und Martin Schulz*, Berlin
*) unter Mitarbeit von Ralf Goebel, Hartmut Morck, Rolf Thesen und Petra Zagermann-Muncke
Ciclesonid und Mometasonfuroat sind zur Dauertherapie des persistierenden Asthma bronchiale zugelassen. Ciclesonid soll sich durch die »On-site«-Aktivierung in der Lunge und hohe Plasmaproteinbindung auszeichnen, wodurch weniger Nebenwirkungen auftreten. Mometason weist eine sehr hohe Affinität zum Glucocorticoid-Rezeptor auf und soll so bereits in niedrigen Dosen wirken.
Asthma bronchiale ist eine vorwiegend anfallsweise auftretende chronisch-entzündliche Atemwegserkrankung, an der mehr als 6 Prozent der Deutschen leiden. Bei den Kindern sind allein 9,2 bis 11,8 Prozent betroffen. Die Therapie des Asthma bronchiale erfolgt entsprechend des Schweregrades stufenweise. Grundsätzlich wird zwischen der Bedarfsmedikation (kurzwirkende ß2-Sympathomimetika, gegebenenfalls Anticholinergika) und der Dauermedikation (vor allem inhalative Glucocorticoide) unterschieden (1). Mit Ciclesonid (Alvesco®) und Mometasonfuroat (Asmanex® Twisthaler®) stehen neben Beclometason (Sanasthmax® und andere), Budesonid (Pulmicort® und andere) und Fluticason-17-propionat (Flutide® und andere) zwei weitere inhalative Glucocorticoide zur Dauertherapie des Asthma bronchiale zur Verfügung.
Neben dem Dosieraerosol Alvesco werden voraussichtlich noch weitere Ciclesonid-Präparate auf den Markt kommen, wie Ciclesonid Nasenspray (derzeit klinische Prüfung Phase III) sowie eine fixe Kombination aus Ciclesonid und Formoterol (derzeit klinische Prüfung Phase II) (2).
Mometasonfuroat ist auch als einmal täglich anzuwendendes Nasenspray (Nasonex®) zur Behandlung saisonaler und perennialer allergischer Rhinitis bei Erwachsenen und Kindern ab sechs Jahren auf dem Markt und seit kurzem auch zur Behandlung von Nasenpolypen bei Patienten ab 18 Jahren zugelassen (3).
Chemische Klassifikation
Ciclesonid ist ein nicht halogenierter Glucocorticoidester. Die chemische Bezeichnung nach IUPAC lautet: 16α,17-[(R)- Cyclohexylmethylendioxy]-11β,21-dihydroxypregna-1,4-dien-3,20-dion-21-isobutyrat. Ciclesonid weist unter anderem ein chirales Zentrum in der Acetal-Seitenkette auf und liegt in Form zweier Epimere mit unterschiedlicher Rezeptoraffinität und Metabolisierungsrate vor. In Alvesco ist lediglich das (R)-Ciclesonid enthalten, welches potenter als die (S)-Form ist. Die Summenformel lautet C32H44O7, das Molekulargewicht beträgt 540,7 Dalton. Ciclesonid selbst ist inaktiv. Das Molekül weist an der Rezeptorbindungsstelle eine Estergruppe auf und kann daher nicht direkt an den Glucocorticoid-Rezeptor andocken. Erst nach der Inhalation spalten endogene Esterasesen - vor allem in der Lunge - die Esterbindung am Kohlenstoff C-17 des Steroidgrundgerüstes (»On-site«-Aktivierung) und setzen den aktiven Metaboliten frei. Der Hauptmetabolit Desisobutyryl-Ciclesonid ähnelt in seiner Struktur dem Budesonid, ist aber lipophiler.
Mometason ist das 21-Chlor-16α-Methylanalogon zu Beclometason. Die Verbindung leitet sich von Prednisolon ab. Nach IUPAC lautet die chemische Bezeichnung 9α,21-Dichlor-11β,17α-dihydroxy-16α-methyl-1,4-pregnadien-3,20-dion-17-(2-furoat). Die Summenformel lautet C27H30Cl2O6, das Molekulargewicht beträgt 521,4 Dalton.
Mometasonfuroat ist der wirksame Bestandteil des Arzneimittels Asmanex® Twisthaler® der Firma Essex Pharma. Als Darreichungsform steht der atemzuggesteuerte Mehrfachdosen-Pulverinhalator Asmanex Twisthaler mit 200 µg sowie 400 µg pro Einzeldosis zur Verfügung. Der Twisthaler enthält freie Agglomerate aus Mometasonfuroat und Lactose im Verhältnis von 1:5,8 w/w; beide Bestandteile sind mikronisiert und wasserfrei (22).
Ciclesonid ist der wirksame Bestandteil des Arzneimittels Alvesco® der Firma Altana Pharma Deutschland. Das Präparat steht als Dosieraerosol zu 80 µg und 160 µg pro Einzeldosis zur Verfügung und enthält neben dem Arzneistoff das FCKW-freie Treibgas Norfluran (HFA-134a) und Ethanol (23).
Bei allen Schweregraden indiziert
Alvesco (80 und 160 µg) ist ein Dosieraerosol, das als Dauermedikament zur Therapie aller Schweregrade des persistierenden Asthma bronchiale bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) zugelassen ist. Die Zulassung für Kinder ab vier Jahren wird für das Jahr 2006 erwartet. Die empfohlene Anfangsdosis liegt bei 160 µg einmal täglich und ist üblicherweise auch die maximale Dosis. Eine Reduzierung auf 80 µg einmal täglich kann bei manchen Patienten für eine Erhaltungstherapie ausreichen. Alvesco sollte vorzugsweise abends angewendet werden, obgleich sich die morgendliche Gabe ebenfalls als wirksam erwiesen hat.
Asmanex Twisthaler (200 und 400 µg) ist ein Mehrfachdosen-Pulverinhalator, der als Dauermedikament zur Therapie aller Schweregrade des persistierenden Asthma bronchiale bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren zugelassen ist. Die empfohlene Tagesdosis bei Patienten mit Asthmaschweregrad 2 und 3 beträgt einmal täglich 400 µg initial. Studiendaten deuten darauf hin, dass bei einer einmal täglichen Anwendung die Inhalation wegen der besseren Asthmakontrolle am Abend erfolgen sollte (4). Im Therapieverlauf wird auf die niedrigste Erhaltungsdosis titriert, bei der eine effektive dauerhafte Kontrolle des Asthma bronchiale erreicht wird. In einigen Fällen führt eine Aufteilung der Tagesdosis in zwei Gaben à 200 µg Mometasonfuroat zu einem besseren Therapieergebnis. Bei Patienten mit Asthmaschweregrad 4 wird eine Tagesdosis von 800 µg (zweimal täglich 400 µg) initial empfohlen (empfohlene Höchstdosis). Sobald die Symptome unter Kontrolle sind, wird auch hier auf die niedrigst wirksame Erhaltungsdosis heruntertitriert.
Wirkungen und Wirkmechanismus
Ciclesonid und Mometasonfuroat gehören zur Gruppe der inhalativen Glucocorticoide und damit zu den wirksamsten antientzündlichen Substanzen in der Asthmatherapie. Beide Arzneistoffe greifen auf mehreren Ebenen in das Entzündungsgeschehen ein. Sie hemmen die Synthese und Freisetzung von Mediatoren, wie Zytokinen, Histamin und Leukotrienen, supprimieren die Aktivierung von Epithelzellen, verringern die Rekrutierung, Aktivierung und Überlebensdauer von Eosinophilen und inhibieren die Synthese von Zelladhäsionsfaktoren und damit die Infiltration des bronchialen Gewebes durch Entzündungszellen.
Der Schwerpunkt der Wirkung liegt in der Suppression von Entzündungsmediatoren. Nach Diffusion in die Zielzellen binden Glucocorticoide an Rezeptoren im Zytoplasma. In den Lungen befinden sich diese Rezeptoren hauptsächlich im Atemwegsepithel und Gefäßendothel, so dass inhalative Glucocorticoide eine weitestgehend lokal begrenzte Entzündungshemmung in den Atemwegen bewirken. Durch die Rezeptorbindung wird die Expression verschiedener Gene modifiziert, wobei der genomische, direkte Wirkmechanismus am besten bekannt ist. Hierbei wandert der Glucocorticoid-Rezeptor-Komplex in den Nukleus und bindet an spezifische DNA-Sequenzen, die so genannten »GC response elements« (GREs), und steigert so die Expression antientzündlicher Proteine.
Durch Protein-Protein-Wechselwirkungen supprimiert der Glucocorticoid-Rezeptor-Komplex die Aktivität von Transkriptionsfaktoren, wie AP-1 (Aktivatorprotein 1) und NF-κB (Nukleärer Faktor Kappa B), die die Produktion bedeutender Entzündungsmediatoren steigern. Deren Suppression führt zu einer verringerten Expression proinflammatorischer Moleküle, wie Zytokine, ICAM (Interzelluläres Adhäsionsmolekül-1) und VCAM (Vaskuläres Adhäsionsmolekül-1).
Alvesco® ist ein Druckgasinhalator, in dem der Arzneistoff Ciclesonid als Aerosol in Lösung vorliegt. Ein Schütteln des Aerosols zur Vorbereitung der Inhalation ist daher nicht erforderlich. Für die Inhalation sollte der Patient vorzugsweise sitzen oder stehen. Die Schutzkappe des Mundstückes ist im ersten Schritt zu entfernen und der Druckgasinhalator senkrecht mit dem Daumen unterhalb des Mundstückes zu halten. Der Patient umschließt dann das Mundstück des Druckgasinhalators fest mit den Lippen und atmet langsam und tief ein. Während des Einatmens über den Mund wird der obere Teil des Druckgasinhalators nach unten gedrückt. Nach der Inhalation hält der Patient den Atem für etwa 10 Sekunden an (oder so lange wie bequem möglich). Ein Ausatmen in den Druckgasinhalator ist zu vermeiden.
Falls es sich um einen neuen Druckgasinhalator handelt oder die letzte Anwendung eine Woche oder länger zurückliegt, sollten drei Sprühstöße in die Luft abgegeben werden. Um nicht gleichzeitig den Druckgasinhalator betätigen und einatmen zu müssen, kann Alvesco zusammen mit einem Spacer als Inhalationshilfe angewendet werden (AeroChamber® PlusTM).
Beim Asmanex® Twisthaler® handelt es sich um einen Mehrfachdosen-Pulverinhalator mit einem Wirkstoffreservoir für bis zu 60 Dosen. Ein Zählwerk am Gerät zeigt die noch verbleibenden Dosen an. Die Inhalation einer Einzeldosis des pulverisierten Medikaments wird durch den Atemzug des Patienten ausgelöst. Die störanfällige Synchronisation von Aerosolerzeugung und Inspiration entfällt wie bei allen Pulverinhalatoren. Eine korrekte Inhalationstechnik erfordert aber vom Patienten ein schnelles und tiefes Einatmen, wobei inspiratorische Flussraten von durchschnittlich 60 l/min als optimal gelten. Der Asmanex Twisthaler gewährleistet aber auch bei geringeren inspiratorischen Atemflussraten von 20 bis 60 l/min eine korrekte Dosisabgabe. Um die nächste Inhalationsdosis bereitzustellen, muss die Verschlusskappe vollständig aufgesetzt und wieder abgenommen werden. Eine versehentliche Doppeldosierung durch mehrfaches Bedienen des Lademechanismus ist damit ausgeschlossen. Sobald die letzte Dosis verbraucht ist, verschließt sich der Twisthaler automatisch.
Sowohl für Alvesco als auch den Asmanex Twisthaler gilt, dass das Äußere des Mundstücks mit einem trockenen Stoff- oder Papiertuch einmal pro Woche gereinigt werden soll. Eine Reinigung mit Wasser ist zu vermeiden, vor allem der Twisthaler sollte stets sauber und trocken gehalten und auf keinen Fall abgewaschen oder mit Wasser in Kontakt gebracht werden.
Hohe Bindungsaffinität zum Rezeptor
Für die Glucocorticoid-Wirkung ist die Bildung des Glucocorticoid-Rezeptor-Komplexes essenziell. Die Bindungsaffinität eines Glucocorticoids zum Rezeptor stellt daher eine Größe für die Wirkpotenz der Substanz auf molekularer Ebene dar.
Ciclesonid selbst weist eine geringe Bindungsaffinität zu Glucocorticoid-Rezeptoren auf. Sein aktiver Metabolit Desisobutyryl-Ciclesonid hingegen hat eine 100fach höhere Affinität zum Rezeptor als seine Muttersubstanz. Seine relative, auf Dexamethason bezogene Rezeptoraffinität (RRA Dexamethason = 100) wird mit 1200 angegeben. Die Rezeptoraktivität der aktiven Form liegt damit zwischen der von Budesonid (RRA = 935) und der aktiven Form des Beclomethason-dipropionat (RRA = 1345).
Mometasonfuroat zeichnet sich in In-vitro-Studien und Tierversuchen durch eine sehr hohe Bindungsaffinität für den humanen Glucocorticoid-Rezeptor aus (RRA = 1960). Eine vergleichbar hohe Affinität weist nur Fluticason mit einer RRA von 1800 auf.
Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Glucocorticoiden ist die Tatsache, dass der aktive Metabolit des Ciclosenid in der Lunge mit Fettsäuren lipophile Ester bildet, die ein lokales pulmonales Depot bilden und somit eine Einmalgabe ermöglichen. Mometasonfuraot kann, ähnlich wie Fluticasonpropionat, keine solchen Lipidester bilden.
Arzneistoff | Ciclesonid | Mometason-fuorat | Beclometason-dipropionat | Budesonid | Fluticason-propionat |
---|---|---|---|---|---|
Lungendeposition | 50-60% | (k. A.)1 | 15 – 20% | ca. 15% (-28% Turbohaler) | 16,6% |
orale Bioverfügbarkeit | <0,5% (CIC)2; <1,0% (Des-CIC) | <1,0% | 10% (25% BCM-MP) | 10% | <1,0% |
Verteilungsvolumen | 1190 l (Des-CIC) | 320 l | (k. A.) | 245 l (22S)3; 425 l (22R) | 250 l |
relative Affinität zum Glucocorticoid-rezeptor (RRA)4 | 12 (CIC) ; 1200 (Des-CIC) | 1960 | 43 (BCM-DP)5 ; 1345 (BCM-MP) | 935 | 1800 |
Plasma-Proteinbindung | 98-99% | 98-99% | 87% | 85% | 81-95% |
Elimination über Faeces (Metabolite) | 67% | 74% | größter Teil | 15-30% | 87-100% |
Elimination über Urin | (k. A.) | 8% | 15% | 60% | < 5% |
Eliminationshalbwertszeit | 0,7 h (CIC); 3,5 h (Des-CIC) | 4,5 h | 3 h | 2,8 h; Kinder 1.5h | 3,5 h |
Dosierungsbereich (pro Tag in mg) | 80-160 | 200-800 | 200-800 | 800-1600 | 200-2000 |
1k. A.: keine Angabe
2CIC/Des-CIC: Ciclesonid, Desisobutyryl-Ciclesonid
3Budesonid im Verhältnis 1:1 des (22S)- und des (22R)-Epimers
4RRA: relative Rezeptoraffinität bezogen auf Dexamethason = 100
5BCM-DP/BCM-MP: Beclomeason-dipropionat, Beclometason-monopropionat (= aktiver Metabolit)
Unerwünschte Wirkungen
Ciclesonid scheint allgemein eine gute lokale Verträglichkeit zu besitzen, was auf den Einsatz eines inaktiven Prodrugs zurückzuführen ist. Gelegentlich (0,001-0,01 Prozent) treten ein unangenehmer Geschmack, Brennen, Reizung oder Trockenheit im Mund- und Rachenbereich sowie Heiserkeit und Husten auf. Fälle von Mundsoor (orale Candidose) sind in derzeit publizierten Studien nicht zu finden (5, 6), da nur ein geringer Prozentsatz von im Oropharynx abgelagerten Ciclesonid in das aktive Desisobutyryl-Ciclesonid umgewandelt wird (7). Allerdings wird erst die klinische Praxis eindeutig belegen können, ob die Rate an UAW tatsächlich geringer ist als unter anderen inhalativen Steroiden.
Für Mometasonfuroat ist dagegen die orale Candidose als eine sehr häufig auftretende therapiebedingte Nebenwirkung (> 10 Prozent) beschrieben, die durch gründliches Ausspülen des Mundes nach jeder Inhalation vermieden werden kann. Andere häufige Nebenwirkungen (> 1 bis 10 Prozent) sind Pharyngitis, Kopfschmerzen und Heiserkeit. Gelegentlich (< 1 Prozent) wurde über trockenen Mund und Rachen, Dyspepsie, Gewichtszunahme und Palpitationen berichtet.
Die Verträglichkeit von zweimal täglich 100 bis 400 µg Mometasonfuroat war vergleichbar mit der von jeweils zweimal täglich 168 µg Beclometasondipropionat, 400 µg Budesonid oder 250 µg Fluticasonpropionat. Die Inzidenz von Nebenwirkungen betrug bei den angegebenen Dosierungen 18 bis 28 Prozent für Mometasonfuroat und 21 Prozent für Beclometasondipropionat (8), 29 Prozent für Fluticasonpropionat (9) und 17 bis 20 Prozent für Budesonid (10).
Für Ciclesonid und Mometasonfuroat sowie alle anderen Glucocorticoide gilt, dass systemische Effekte auf die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achsenfunktion insbesondere bei einer längeren und hoch dosierten Anwendung nicht auszuschließen sind.
Daten deuten bei Ciclesonid daraufhin, dass die körpereigene Cortisolproduktion weniger stark beeinflusst wird als bei der Gabe von Fluticason (11, 12). Dies scheint in erster Linie auf die hohe Plasmaproteinbindung des aktiven Ciclesonidmetaboliten und die Abwesenheit anderer aktiver Metabolite zurückzuführen sein. Das Metabolisierungsmuster von Mometasonfuroat ist komplexer und eine Suppression der Cortisolspiegel ist berichtet worden (27). Linsentrübungen, die bei einigen Patienten in einer Phase-III-Studie auffielen (13), weisen auf systemische Effekte von Ciclesonid hin. Diese für Steroide typische Störwirkung wird derzeit in einer Sicherheitsstudie überprüft (13).
Wie bei anderen Glucocorticoiden können zudem Überempfindlichkeitsreaktionen, einschließlich Hautausschlag, Urtikaria, Hautjucken sowie Erythem und Ödem von Augen, Gesicht, Lippen oder Rachen, auftreten.
Worauf bei der Gabe zu achten ist
Alvesco beziehungsweise Asmanex Twisthaler dürfen nicht bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem Arzneistoff oder einem der sonstigen Bestandteile angewendet werden. Beim Asmanex Twisthaler gilt dies insbesondere bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Lactose (Patienten mit Galactose-Intoleranz, Lapp-Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption).
Bei Patienten mit einer unbehandelten aktiven oder einer ruhenden tuberkulösen Infektion des Respirationstraktes sowie bei unbehandelten Pilz-, Bakterien-, systemischen Virusinfektionen oder einem Herpes simplex des Auges ist im Vorfeld eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorzunehmen.
Wie alle inhalativen Glucocorticoide sind Ciclesonid und Mometasonfuroat nicht angezeigt zur Behandlung eines Status asthmaticus oder anderer akuter Asthmaepisoden, bei denen intensiv-medizinische Maßnahmen erforderlich sind.
Ebenso gilt, dass Glucocorticoide während der Schwangerschaft nur dann angewendet werden sollen, wenn der mögliche Nutzen für die Mutter das potenzielle Risiko für den Fetus rechtfertigt. Es sollte die niedrigste wirksame Dosis angewendet werden, die eine adäquate Asthmakontrolle sicherstellt. Da nicht bekannt ist, ob Glucocorticoide nach inhalativer Applikation in die Muttermilch übergehen, dürfen diese Arzneistoffe während der Stillzeit nur mit Vorsicht angewendet werden.
Die inhalative Anwendung von Ciclesonid beziehungsweise Mometasonfuroat bei gleichzeitiger Anwendung von potenten CYP3A4-Inhibitoren, wie Ketoconazol oder Ritonavir, führt zu einer geringfügigen, aber signifikanten Abnahme der Serum-Cortisol-AUC(0-24) und zu einem Anstieg der Plasmakonzentration des jeweiligen Arzneistoffs beziehungsweise des Metaboliten-Spiegels mit der Gefahr von systemischen Effekten.
Klinische Prüfung
Für Ciclesonid existieren verschiedene dreimonatige Therapiestudien, in denen der Arzneistoff entweder gegen Placebo, Fluticason oder Budesonid eingesetzt wurde (5, 14-16). Allerdings ist laut Recherche bisher nur eine Studie vollständig veröffentlicht. Diese placebokontrollierte Studie (5) sowie die in Übersichten referierten Daten weiterer Studien lassen darauf schließen, dass einmal täglich 80 bis 640 µg Ciclesonid Lungenfunktion und Asthmasymptome besser beeinflussen als Placebo (5, 14-16). 80 bis 320 µg Ciclesonid sollen die Beschwerden etwa gleich gut lindern wie 400 µg Budesonid (14, 16). Eine gleich gute Wirksamkeit wurde auch für 160 µg Ciclesonid im Vergleich zu im Mittel 176 µg Fluticason in einer Studie publiziert (14).
Eine weitere Studie untersuchte die Wirksamkeitsunterschiede der morgendlichen und abendlichen Inhalation von Ciclesonid 160 µg an 209 Patienten über acht Wochen (6). Dabei verbesserte die morgendliche und abendliche Inhalation von Ciclesonid Lungenfunktion, Symptomatik und Bedarfsmedikation gleich gut. Die Verabreichung am Abend führte dabei zu einer ausgeprägteren Verbesserung des morgendlichen Peak-Flow-Wertes.
Die klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit von inhalativem Mometasonfuroat wurde in mehreren randomisierten, placebokontrollierten Studien untersucht (4, 8-10, 17-21). In zwei placebokontrollierten Studien zur Wirksamkeit waren insgesamt 542 Patienten mit milden bis mittelschwerem Asthma eingeschlossen, die zuvor lediglich mit kurz wirkenden Bronchodilatatoren behandelt worden waren. Über einen Behandlungszeitraum von zwölf Wochen erhielten die Patienten entweder Mometasonfuroat 200 oder 400 µg einmal täglich morgens beziehungsweise 200 µg zweimal täglich oder Placebo. Primäres Prüfkriterium war jeweils das forcierte exspiratorische Volumen in der ersten Sekunde (FEV1). Es zeigte sich, dass 400 µg Mometasonfuroat morgens als Einzeldosis inhaliert oder auf zwei Tagesdosen verteilt das FEV1 verglichen mit Placebo signifikant verbesserte und den Bedarf an β2-Sympatomimetika signifikant senkte. Beide Dosierungen waren dabei gleich wirksam (18, 20).
Zur Wirksamkeit von Mometasonfuroat im Vergleich zu anderen inhalativen Glucocorticoiden wurden bisher verschiedene zwölfwöchige Studien veröffentlicht (8-10, 19). Die rund 2000 teilnehmenden Patienten waren mindestens zwölf Jahre alt, litten an mildem bis mittelschwerem Asthma und waren zuvor auf andere inhalative Glucocorticoide eingestellt. Primäres Prüfkriterium war auch hier das FEV1.
Auf Basis dieser Studien verbessern zweimal täglich 200 µg Mometasonfuroat das FEV1 signifikant stärker als Budesonid-Pulverinhalat in mittlerer Wirkstärke (zweimal täglich 400 µg): + 0,16 l (6,3 Prozent) versus + 0,06 l (2,4 Prozent) (10).
Dieselbe Mometasonfuroat-Dosierung zeigte gegenüber Fluticason-Pulverinhalat (9) in ebenfalls mittlerer Dosierung (zweimal 250 µg/Tag) beziehungsweise Beclometason-Dosieraerosol (zum Beispiel Aerobec) im unteren Dosisbereich (zweimal 168 µg/Tag) keinen signifikanten Vorteil (8, 19).
Reduktion oraler Corticoide
Im Rahmen einer multizentrischen Studie an 132 Patienten mit persistierend schwerem Asthma wurde die Wirksamkeit von Mometasonfuroat 400 oder 800 µg zweimal täglich im Vergleich zu Placebo untersucht (17). Zusätzlich zu hochdosierten inhalativen Corticoiden hatten die Patienten vor Aufnahme in die Studie mindestens sechs Monate lang 5 bis 30 mg perorales Prednison täglich oder 10 bis 60 mg alle zwei Tage eingenommen. Zu Studienbeginn wurde das bisherige inhalative Corticoid durch die Prüfmedikation ersetzt. Über einen Zeitraum von zwölf Wochen wurde als primäres Prüfkriterium der tägliche Prednisonbedarf protokolliert. Innerhalb dieser Zeit konnten 40 Prozent der mit der niedrigeren und 37 Prozent der mit der höheren Mometasonfuroat-Dosis behandelten Patienten Prednison absetzen. Während unter Verum der Prednisonbedarf um 46 beziehungsweise 24 Prozent fiel, stieg er in der Placebogruppe um 164 Prozent. Gleichzeitig konnten bei den mit Mometasonfuroat behandelten Patienten die Lungenfunktion gesteigert werden. In der Placebogruppe war die Tendenz umgekehrt.
Ein Ziel in der Entwicklung neuer inhalativer Steroide ist, die typischen lokalen (oropharyngealen) und systemische Nebenwirkungen zu verringern, die vor allem Compliance und Langzeitanwendung in der Therapie chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankungen limitieren. Ciclesonid und Mometasonfuroat zeigen in den empfohlenen Dosierungen in klinischen Studien eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit. Ein entscheidender Vorteil gegenüber den inhalativen Standardcorticoiden Budesonid, Beclometason und Fluticason ist aber derzeit noch nicht hinreichend belegt.
Ciclesonid weist gegenüber anderen Glucocorticoiden günstige pharmakokinetische und pharmakodynamische Eigenschaften auf. So sprechen die Umwandlung in den aktiven Metaboliten am Wirkort (»On-site«-Aktivierung), die gute Lungendeposition sowie die ausgeprägte Lipophilie des Metaboliten (erhöhte pulmonale Verweildauer, geringere Dosis) und die hohe Proteinbindung für einen Fortschritt in der Therapie des Asthma bronchiale. Jedoch sind die daraus abgeleiteten und umworbenen Vorteile von weniger lokalen und systemischen Nebenwirkungen gegenüber herkömmlichen inhalativen Glucocorticoiden bislang noch nicht ausreichend durch publizierte klinische Studien belegt.
Mometasonfuroat zeichnet sich in In-vitro-Studien und Tierversuchen durch eine hohe Bindungsaffinität zum Glucocorticoid-Rezeptor aus. Seine relative Wirkstärke lässt sich jedoch im Vergleich zu Fluticason, Beclometason und Budesonid auf Basis der vorliegenden Studien nicht einordnen. Therapiebedingte Nebenwirkungen traten bei den genannten inhalativen Glucocorticoiden mit ähnlicher Häufigkeit auf.
Trotz der geringen systemischen Bioverfügbarkeit von Ciclesonid beziehungsweise seinem aktiven Hauptmetaboliten Desisobutyryl-Ciclesonid und Mometasonfuroat von weniger als 1 Prozent kann das Risiko einer klinisch relevanten Nebennierenrinden-Suppression vor allem bei hohen Dosierungen und der Anwendung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, wie bei allen inhalativen Glucocorticoiden, nicht ausgeschlossen werden.
Einen Vorteil hinsichtlich der Verbesserung der nachgewiesenermaßen schlechten Compliance von Asthmapatienten bietet möglicherweise die einmal tägliche Anwendung von Ciclesonid beziehungsweise Mometasonfuroat bei Patienten mit persistierendem milden und mittelschweren Asthma. Eine schlechte Compliance bedeutet insbesondere bei Asthma eine erhöhte Morbidität und Mortalität (24, 25). Patienten mit mildem und mittelschweren Asthma benötigen meist zwei Dosen der bislang verfügbaren inhalativen Glucocorticoide. Eine einmal tägliche Anwendung von Arzneimitteln führt nachweislich zu einer verbesserten Compliance (26, 27). Vergleichende Daten zur Compliance bei einmal oder zweimal täglicher Anwendung von Ciclesonid beziehungsweise Mometasonfuroat liegen allerdings nicht vor.
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Anschrift der Verfasser:
Dr. Andrea Hämmerlein und Professor Dr. Martin Schulz
Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis (ZAPP) der ABDA
Jägerstraße 49/50
10117 Berlin