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Beratung

Blutdruckmessgeräte im Vergleich

05.04.2007  12:06 Uhr

Beratung

Blutdruckmessgeräte im Vergleich

Von Claudia Borchard-Tuch

 

Der Blutdruckmessgeräte-Markt boomt. Für Messungen daheim gibt es Geräte für den Oberarm, das Handgelenk oder den Finger. Doch nicht jedes Messgerät ist für jeden Patienten geeignet und nicht jedes misst exakt.

 

Dauerhaft zu hoher Blutdruck kann lebensgefährlich sein: Er führt zu Gefäßerkrankungen, Schlaganfall und Herzinfarkt. Deshalb sollte jeder über seinen Blutdruck Bescheid wissen und ihn regelmäßig messen.

 

Die genaueste Blutdruckmessung ist die direkte. Sie kann jedoch nur von Ärzten im Krankenhaus durchgeführt werden. Hierbei gehen die Ärzte invasiv vor: Sie punktieren eine Arterie, zumeist die Arteria radialis (Pulsader) am Unterarm, und führen einen Druckmessfühler ein. Ein Monitor stellt den Verlauf des Blutdrucks kontinuierlich dar. Von Nachteil ist, dass dieses Verfahren zu Infektionen, Blutungen und Nervenverletzungen führen kann.

 

Weitaus häufiger eingesetzt wird daher die indirekte Blutdruckmessung, bei der der Patient oder Arzt den Blutdruck an einer Extremität misst, zumeist am Oberarm oder am Handgelenk. Diese Methode ist schnell, ungefährlich und kostengünstig. Indirektes Messen kann palpatorisch (durch Tasten), auskultatorisch (durch Hören) oder oszillometrisch (durch Bestimmung von Druckschwankungen) erfolgen.

 

Die palpatorische Methode eignet sich in einer lauten Umgebung, beispielsweise beim Notarzteinsatz. Der Arzt legt eine Blutdruckmanschette am Oberarm an und bläst sie über den erwarteten Blutdruck auf. Ist die Schlagader am Oberarm (Arteria brachialis) vollständig komprimiert, so ist der Puls in der Arteria radialis nicht mehr zu fühlen. Wird der Puls bei Ablassen des Manschettendrucks wieder tastbar, so ist der obere, systolische Blutdruck erreicht.

 

Beim auskultatorischen Verfahren wird eine Blutdruckmanschette am Oberarm oder am Handgelenk über den erwarteten Blutdruck aufgeblasen. Wird der Druck langsam gesenkt, so tritt zunächst ein sogenanntes Korotkow-Geräusch (1) über der Arteria brachialis beziehungsweise radialis auf, wird leiser und verschwindet schließlich ganz. Der Druck, den man beim ersten Auftreten des Geräusches misst, entspricht dem systolischen Blutdruckwert. Der untere, diastolische Druck ist erreicht, wenn das Geräusch leiser wird.

 

Die auskultatorische Messung gilt als Standardverfahren der indirekten Blutdruckmessung (2, 3). Insbesondere die Blutdruckbestimmung am Oberarm mithilfe eines Quecksilberdruckmessfühlers ist äußerst zuverlässig. Aufgrund ökologischer und toxikologischer Überlegungen ist der Gebrauch von Quecksilberdruckmessfühlern allerdings in vielen Ländern bereits verboten beziehungsweise eingeschränkt (4), sodass im Allgemeinen Membranmanometer verwendet werden.

 

Grundlage der oszillometrischen Messtechnik bilden die Druckschwankungen der Pulswelle (Oszillationen) in den Arterien. Diese Druckschwankungen sind vom Blutdruck abhängig. Oszillometrische Blutdruckmessgeräte registrieren die Oszillationen und rechnen diese in Blutdruckwerte um (5). Problematisch ist, dass es bis jetzt kein allgemein anerkanntes Umrechnungsverfahren gibt, sodass sich die unterschiedlich berechneten systolischen und diastolischen Werte der einzelnen Geräte unterscheiden können. Dennoch weist die oszillometrische Methode gegenüber der auskultatorischen Vorteile auf: Sie wird nicht durch Umgebungsgeräusche gestört und ist relativ kostengünstig.

 

Handgelenk oder Oberarm?

 

Blutdruckwerte lassen sich an verschiedenen Orten im arteriellen System bestimmen. Bei der indirekten Blutdruckmessung wird üblicherweise am Oberarm, am Handgelenk und in neuerer Zeit auch am Finger gemessen. Um fehlerfreie Ergebnisse zu erhalten, muss die Manschette in Herzhöhe liegen. Andernfalls beeinflussen hydrostatische Effekte die Messwerte.

 

Bei der Blutdruckmessung sollte der Patient sitzen. Wird am Oberarm gemessen, so muss der Arm entkleidet sein und der Unterarm gestreckt und entspannt auf einer festen Unterlage liegen. Die Breite der Oberarmmanschette soll etwa die Hälfte des Armumfangs betragen; die Standardbreite für den Erwachsenen liegt bei 12 cm. Bei großem Armumfang sind breitere, bei Kindern schmalere Manschetten notwendig. Zu schmale Manschetten erfordern zur Kompression der Arterie höhere Drucke und ergeben daher zu hohe, zu breite Manschetten dagegen zu niedrige Messwerte. Bei Oberarmgeräten wird die Manschette des Öfteren nicht korrekt angelegt: Der untere Rand sollte 2,5 cm über der Ellenbeuge liegen. Der Messpunkt liegt an der Arminnenseite.

 

Wegen der einfachen Handhabung bietet sich das Handgelenk als Messort an. Doch sind die Messungen weniger exakt als bei Oberarmgeräten. »Die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Messung ist bei Oberarmgeräten größer«, sagt Professor Dr. Manfred Anlauf, Beauftragter der Deutschen Liga zur Bekämpfung des Hohen Blutdrucks. Daher sind Handgelenksmessungen für die Therapieüberwachung zu Hause zu empfehlen, aber für den Einsatz in der Praxis und im Krankenhaus ungeeignet. Zu Anfang sollten Vergleichsmessungen am Oberarm durchgeführt werden.

 

Gängige Handgelenksmanschetten decken nur einen Handgelenksumfang von 14 bis 20 cm ab. Damit der Messort nicht von der Herzhöhe abweicht, muss der Patient das Handgelenk beim Sitzen am Tisch etwas hochlagern oder die Hand auf die Brust legen. Für Patienten mit Diabetes mellitus oder fortgeschrittener Arteriosklerose sind Handgelenkgeräte ungeeignet, da sowohl die Arteria radialis als auch die Arteria ulnaris durchgängig sein müssen. Auch Herzrhythmusstörungen führen bei diesen Geräten zu Messfehlern. Für diese Patientengruppen sind Oberarmgeräte zu empfehlen.

 

Laut der Deutschen Hochdruckliga ist die Messung am Finger nicht generell zu empfehlen. Besonders bei kalten und schlanken Fingern sind die Messungen ungenau. Vergleichsmessungen am Oberarm sind daher notwendig.

 

Nicht alle auf dem Markt befindlichen Geräte erfassen den Blutdruck zuverlässig. Für die Validierung von Blutdruckmessgeräten haben die British Hypertension Society und die Association for the Advancement of Medical instruments Standardisierte Prüfverfahren erarbeitet (6-9).

 

Die Deutsche Hochdruckliga entwickelte 1999 mit dem »Prüfsiegel« ein eigenes Validierungsprotokoll, mit dem sie anhand klar definierter Prüfkriterien Empfehlungen zur Gerätewahl geben kann (10). Oberarmmessgeräte werden an mindestens 96 Personen, die nach Geschlecht, Alter und Blutdruckhöhe eingeteilt sind, und Handgelenksmessgeräte an zusätzlich 20 Diabetikern geprüft. Bei jeder Testperson werden sechs Messungen durchgeführt. Diese Werte werden mit den aus Standardmessungen erhaltenen Ergebnissen verglichen. Bei den Standardmessungen erfolgt die Blutdruckbestimmung indirekt am Oberarm durch ein Blutdruckmessgerät, das über einen Quecksilberdruckmessfühler verfügt. Im Mittel dürfen die Abweichungen sowohl systolisch als auch diastolisch 5 mmHg nicht überschreiten.

 

Inzwischen liegen Erfahrungen für 29 Oberarm- und 22 Handgelenkgeräte vor. Von allen geprüften Produkten haben 25 Geräte die Kriterien des Prüfsiegel-Protokolls erfüllt: nämlich 18 Oberarmgeräte und 7 Handgelenkgeräte. Die Ergebnisse sind bei der DHL unter www.hochdruckliga.de/gstext.htm abrufbar.

 

 

Literatur bei der Verfasserin

Geräte im Test

Anfang 2006 testete die Stiftung Warentest elf Oberarm- und acht Handgelenkgeräte. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, dass keines der getesteten Geräte den Blutdruck stets exakt misst: Der Anteil präziser Messungen lag bei den besten Geräten bei 80 Prozent. Die Ergebnisse sind nachzulesen unter www.stiftung-warentest.de/online/gesundheit....

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