Immunreaktionen nach Booster mit Comirnaty XBB.1.5 |
Theo Dingermann |
06.10.2023 16:30 Uhr |
Inzwischen sind zwei an XBB.1.5 angepasste Covid-19-Impfstoffe in der EU zugelassen – einer davon stammt von Biontech und Pfizer. / Foto: Adobe Stock/Tobias Arhelger
Seit Mitte September sind in der Europäischen Union mit Comirnaty Omicron XBB.1.5 von Biontech/Pfizer und Spikevax® XBB.1.5 von Moderna zwei an XBB.1-Varianten-adaptierte Covid-19-mRNA-Impfstoffe zugelassen. Mit der Zulassung eines proteinbasierten adaptierten Impfstoffs des Unternehmens Novavax ist in den nächsten Wochen zu rechnen.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat bereits Empfehlungen zum Einsatz dieser Impfstoffe bekannt gegeben. Sie empfiehlt unter anderem Personen im Alter ab 60 Jahren und Personen ab sechs Monaten, die aufgrund einer Grundkrankheit besonders gefährdet sind, schwer an Covid-19 zu erkranken, eine Auffrischimpfung mit einem angepassten Impfstoff.
Zwar deuten vorläufige Angaben der Hersteller an, dass diese Impfstoffe die neueren Varianten neutralisieren können. Allerdings gab es bis jetzt noch keine öffentlich zugänglichen Daten aus der Praxis. Nun zeigen Dr. Metodi Stankov und Kollegen von der Medizinischen Hochschule Hannover, dass nach Auffrischung mit Comirnaty Omicron XBB.1.5 mit einem guten Immunschutz zu rechnen ist. Dies Arbeit ist derzeit als Preprint auf dem »Medrxiv«-Server publiziert.
In ihrer Analyse werteten die Forschenden die Immunreaktionen von 65 Probanden einer laufenden Covid-19-Kontaktstudie (CoCo) aus, die mit dem aktualisierten monovalenten Impfstoff Comirnaty Omicron XBB.1.5 (30 μg) geimpft worden waren. Vor Studienbeginn hatten insgesamt 66 Prozent der Studienteilnehmer vier oder mehr Impfungen erhalten. Mit dem bivalenten, angepassten Impfstoff (Famtozinameran/ Tozinameran) aus dem vergangenen Jahr waren 30 Prozent der Teilnehmer geimpft worden.
Von allen Geimpften berichteten 84 Prozent über eine frühere SARS-CoV-2-Infektion und 79 Prozent über eine SARS-CoV-2-Infektion während des Zeitraums der Omikron-Dominanz. Nur 9,5 Prozent der Teilnehmer gaben an, weder mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen zu sein noch eine Omikron-Auffrischungsimpfung erhalten zu haben.
Die immunologischen Reaktionen in der gesamten Kohorte wurden im Durchschnitt 9,4 Tage nach der Impfung mit Comirnaty XBB.1.5 bewertet. Vor der Impfung wiesen die Teilnehmer im Mittel 1422 ± 1153 bindende Anti-Spike-IgG-Antikörper-Einheiten pro Milliliter (BAU/mL) und im Mittel 199 ± 140 relative Omikron-IgG-Antikörper-Einheiten (RU/mL) auf. Insgesamt führte die Auffrischungsimpfung zu einem signifikanten 2,9- beziehungsweise 3,6-fachen Anstieg von Anti-Spike-IgG und Omikron-Anti-Spike-IgG.
Vor der Auffrischimpfung mit dem angepassten Impfstoff bildeten Gedächtnis-B-Zellen (MBC) die Antikörper produzieren, die sowohl die Rezeptorbindedomäne (RBD) des Spike-Proteins des Wildtyp-Virus als auch die der XBB.1.5-Variante erkennen, die weitaus dominante MBC-Population.
Nach der Impfung nahm die Gesamtmenge der RBD-bindenden MBCs im Einklang mit dem Anstieg des Anti-Spike-IgG deutlich zu. Auch die kreuzreaktiven MBCs stiegen signifikant an und bleiben weiterhin die dominierende MBC-Population, die Anti-Spike-IgG produzierte, während sich der Anteil der ausschließlich XBB1.5-RBD-bindenden MBCs nicht änderte.
Insgesamt stieg die Menge der RBD-bindenden MBCs um 40,3 Prozent, wovon 88,0 Prozent auf den Anstieg der kreuzreaktiven MBCs zurückzuführen waren.
Den Anteil der neutralisierenden Antikörper quantifizierten die Forschenden für Spike-Proteine von sieben SARS-CoV-2-Linien und SARS-CoV-1. Nach der Booster-Impfung stiegen die Ansprechraten für alle Virusvarianten an. Bemerkenswert war vor allem ein signifikanter Anstieg der Neutralisierung für die aktuellen SARS-CoV-2-Linien, wobei die Neutralisierungstiter für XBB.1.5, XBB.1.16, EG.5.1, XBB.2.3 und BA.2.86 im Median um das 44-, 32-, 34-, 48- beziehungsweise 17-Fache anstiegen.
Schließlich analysierten die Forschenden auch Fragen zur zellulären Immunität. Dabei stellten sie fest, dass vor der Booster-Impfung die Interferon(IFN)-γ Spike-reaktiven CD4+ und CD8+ T-Zellen im Vergleich zu den Kontrollen weniger häufig waren. Nach der XBB.1.5-Booster-Impfung stiegen die Mengen an IFN-γ plus TNF-α- produzierenden CD4+ und CD8+ T-Zellen nach Exposition mit Spike-spezifischen Peptiden signifikant an. Einen deutlichen Anstieg der Spike-responsiven IFN-γ-produzierenden T-Zellen wurde auch im Vollblut detektiert.
Insgesamt legen diese Daten nahe, dass an die XBB.1.5-Variante angepasste mRNA-Impfstoffe einen guten Schutz gegen die derzeit im Umlauf befindlichen XBB-Subvarianten und gegen die neue BA.2.86-Variante induzieren.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.