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Krankenhausinfektionen

Immer noch eine »erhebliche Herausforderung«

Wer ins Krankenhaus kommt, braucht Hilfe – und setzt sich zugleich einem Risiko aus. Jahr für Jahr infizieren sich in deutschen Kliniken Hunderttausende mit Erregern, die sie vor ihrer Einlieferung nicht hatten. Das sind die wichtigsten Pathogene.
AutorChristina Hohmann-Jeddi
Datum 07.05.2025  16:20 Uhr

Krankenhausinfektionen, auch nosokomiale Infektionen (NI) genannt, sind per Definition Infektionen, die man vor einem Krankenhausaufenthalt noch nicht hatte. Die Infektionen können für die Patienten schwerwiegende Folgen haben. Oft verlängern sie den Klinikaufenthalt, erfordern zusätzliche Behandlungen und verursachen Beschwerden.

Mindestens 400.000 bis 600.000 Fälle von NI treten in Deutschland pro Jahr auf; Zehntausende davon verlaufen tödlich. Besonders gefährlich sind multiresistente Erreger, etwa MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) oder VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken). Sie entziehen sich der gängigen Antibiotikatherapie – und lassen behandelnde Ärzte mit weniger Optionen zurück.

Genauere Zahlen stammen von der nationalen Punkt-Prävalenzerhebung (PPS) zu NI und zur Antibiotika-Anwendung in Akutkrankenhäusern 2022, die im Rahmen der durch das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) initiierten europäischen Prävalenzerhebung durchgeführt wurde. Dem deutschen PPS-Abschlussbericht zufolge sind postoperative Wundinfektionen mit 24 Prozent Anteil, untere Atemwegsinfektionen (22 Prozent) und Harnwegsinfektionen (19 Prozent) am häufigsten. Mit einigem Abstand folgen in der Erhebung primäre Blutstrominfektionen (7 Prozent) und SARS-CoV-2 Infektionen (5 Prozent).

Bei 57 Prozent der NI wurde ein Erreger dokumentiert. Am häufigsten waren dies Escherichia coli (15 Prozent), Staphylococcus aureus (13 Prozent) sowie Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium (zusammen 13 Prozent). Die überwiegende Mehrheit ist nicht multiresistent.

Insgesamt kam die Erhebung an 252 Krankenhäusern mit 66.586 beobachteten hospitalisierten Patienten zu einer NI-Prävalenz von 4,9 Prozent. Hochgerechnet auf die etwa 17 Millionen Krankenhausaufenthalte in Deutschland im Jahr 2022, kann somit für dieses Jahr von rund 840.000 Krankenhausinfektionen ausgegangen werden.

Mit Antibiotika wurde jeder vierte Krankenhauspatient behandelt. Die am häufigsten eingesetzten Antibiotikagruppen der Prävalenzerhebung 2022 waren Penicilline plus β-Lactamase-Inhibitoren (33 Prozent Anteil), Cephalosporine der dritten Generation (10 Prozent) und Cephalosporine der zweiten Generation (9 Prozent).

4,3 Millionen Infizierte pro Jahr in Europa

In Krankenhäusern der EU erwerben jedes Jahr 4,3 Millionen Menschen mindestens eine im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung stehende Infektion. Das ist das Ergebnis der europaweiten Prävalenzerhebung von 2022, die Mai 2024 veröffentlicht wurde. In einer Mitteilung zu dem Bericht der ECDC nennt Direktorin Dr. Andrea Ammon nosokomiale Infektionen »eine erhebliche Herausforderung für die Patientensicherheit in Krankenhäusern in ganz Europa«. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. »Durch die Priorisierung von Strategien und Maßnahmen zur Infektionsprävention und -kontrolle, ein verantwortungsvolles Management von Antibiotika sowie durch die Verbesserung der Überwachung können wir die Ausbreitung dieser Infektionen wirksam bekämpfen und die Gesundheit der Patientinnen und Patienten in der EU schützen«, so Ammon.

Mindestens 20 Prozent der NI gelten als vermeidbar. Einfache Maßnahmen wie Händehygiene und die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln auf Alkoholbasis direkt am Patientenbett können die Zahl der NI erheblich verringern. Komplexere Maßnahmen wie eine ausreichende Anzahl an Einzelzimmern und speziell geschultem Hygienepersonal spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Prävention.

Die Daten von 2022/2023 seien im Vergleich zu vorherigen Erhebungen von 2016/17 und 2011/2012 relativ unverändert, heißt es in dem Bericht. Neu hinzugekommen ist seitdem aber der Covid-19-Erreger SARS-CoV-2. Er habe zu einer gewissen Zunahme der Belastung durch NI im Vergleich zur vorherigen PPS geführt. Das Virus war mit einem Anteil von 7 Prozent der vierthäufigste nachgewiesene Mikroorganismus im Zusammenhang mit Krankenhausinfektionen.

Die wichtigsten Krankenhauserreger im Überblick

Staphylococcus aureus

Das kugelförmige Bakterium kommt natürlicherweise auf der Haut vor. In der Regel ist es harmlos, kann aber auch pathogen sein und Haut- und Weichgewebsinfektionen, Lungenentzündung, Hirnhautentzündung sowie Endokarditis auslösen. Die Erreger werden hauptsächlich durch direkten Hautkontakt oder über kontaminierte Flächen übertragen. Besonders gefährlich sind sie für immungeschwächte Patienten. Da viele Träger symptomlos sind, ist konsequentes Screening ebenso entscheidend wie die Einhaltung strenger Hygieneregeln und die gezielte Dekolonisation Betroffener. Die multiresistente Form MRSA ist gegen mehrere gängige Antibiotika resistent.

Enterokokken

Die Bakterien kommen in der Darmmikrobiota vor. Relevant für den Menschen sind die beiden Arten Enterococcus faecium und Enterococcus faecalis. Die kugelförmigen Bakterien sind in der Regel harmlos, können aber bei schwerkranken oder immunsupprimierten Patienten schwere NI hervorrufen. Werden die Keime resistent gegen das Reserveantibiotikum Vancomycin, entstehen sogenannte VRE-Stämme. Diese Bakterien verbreiten sich in Kliniken vor allem über die Hände oder gemeinsam genutzte Flächen und Geräte. Enterokokken können zu Harnwegsinfekten, Wundinfektionen oder Endokarditis führen.

Enterobakterien

Die gramnegativen Stäbchen Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae aus der Familie Enterobacteriaceae sind Teil der natürlichen Darmflora. In anderen Körperregionen können sie jedoch pathogen wirken. Die Keime verbreiten sich meist über verunreinigte Hände oder Gegenstände. Sie verursachen insbesondere Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen oder Sepsis. Einige Stämme bilden sogenannte Extended Spectrum β-Lactamasen (ESBL), Enzyme, die viele Antibiotika unwirksam machen. Diese resistenten Erreger treten zunehmend nicht nur in Kliniken, sondern auch in Pflegeheimen und im ambulanten Bereich auf. Neben konsequenter Hygiene ist auch ein sparsamer und gezielter Einsatz von Antibiotika entscheidend, um die Ausbreitung zu begrenzen.

Clostridioides difficile

Dieses sporenbildende Bakterium ist berüchtigt für schwere Durchfallerkrankungen, insbesondere nach dem Einsatz von Antibiotika, die die natürliche Darmmikrobiota stören. C. difficile produziert Toxine, die zu einer pseudomembranösen Kolitis führen können – einer potenziell lebensbedrohlichen Entzündung des Dickdarms. Die Sporen sind extrem widerstandsfähig und können auf Oberflächen wochenlang überleben. Die Übertragung erfolgt meist über kontaminierte Hände oder Gegenstände. Die Prävention erfordert nicht nur die Isolation betroffener Patienten, sondern auch spezielle Reinigungsverfahren und einen besonders kritischen Umgang mit Antibiotika.

Acinetobacter baumannii

Ein besonders gefürchteter Erreger auf Intensivstationen ist Acinetobacter baumannii. Das Umweltbakterium ist extrem widerstandsfähig, überlebt lange auf trockenen Oberflächen und zeigt häufig Multiresistenzen – in manchen Fällen sogar Panresistenzen, bei denen kaum noch eine Therapie greift. Es kann schwerwiegende Infektionen wie Pneumonien, Wundinfektionen oder Blutvergiftungen verursachen, insbesondere bei beatmeten Patienten. Die Ausbreitung erfolgt meist durch Kontakt mit kontaminierter Umgebung oder Personal. Umso wichtiger sind engmaschige Hygienekontrollen, regelmäßige Flächendesinfektion und, wenn notwendig, der Einsatz von Hygieneschleusen.

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