Immer auch an eine Schilddrüsenentzündung denken |
Wenn es auch nach überstandener Erkältung oder Covid-19 weh tut, sobald man leicht von außen gegen die Schilddrüse drückt, könnte diese entzündet sein. / Foto: Adobe Stock/DimaBerlin
Nicht nur die besonders zu dieser Jahreszeit grassierenden Adeno- und Rhino-, sondern auch SARS-CoV-2-Viren gelten – insbesondere in jeweiliger Kombination – als Auslöser für die seltene, jedoch oft extrem schmerzhafte subakute Thyreoiditis de Quervain (SAT). Bei anhaltenden Schmerzen im Hals- und Kieferbereich nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion sollte daher als Ursache stets auch eine Schilddrüsenentzündung erwogen werden.
Die von dem Schweizer Chirurgen Johann Friedrich de Quervain 1904 erstmalig histopathologisch beschriebene und nach ihm benannte Schilddrüsenerkrankung tritt typischerweise im Anschluss an virale Atemwegsinfektionen auf. »Wie Beobachtungen seit Beginn der Coronaepidemie zeigen, kann SARS-CoV-2 die Entstehung einer SAT begünstigen«, informiert der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN).
»Wenn es einen Zeitraum gibt, in dem die subakute Thyreoiditis de Quervain vermehrt auftauchen könnte, dann ist das jetzt, da sich Erkältungsviren und SARS-CoV-2 gleichzeitig verbreiten«, konstatiert Dr. Norbert Czech, Bremen, in einer aktuellen Stellungnahme der Fachgesellschaft. Er betont, dass bei entsprechenden Symptomen daher immer an die Möglichkeit des Bestehens einer subakuten Thyreoiditis de Quervain gedacht werden sollte.
Die SAT gilt als selbstlimitierende granulomatöse Entzündung der Schilddrüse mit systemischer Beteiligung bei unterschiedlich stark ausgeprägtem Krankheitsgefühl mit grippeartigen Beschwerden, sprich: Fieber, Müdigkeit, Muskel- und Gliederschmerzen. Zwar werden mit Blick auf die Pathogenese autoimmune Reaktionen diskutiert, doch sind die genauen Entstehungsmechanismen unbekannt.
»Häufig kommt es zu starken Hals- und Nackenschmerzen, die in die Unterkiefer- und Ohrregion ausstrahlen können«, so Czech. Besonders typisch sei ein spezifisches Krankheitszeichen: »Es tut weh, sobald man leicht von außen gegen die Schilddrüse drückt.« In der Regel dauert die subakute Thyreoiditis drei bis sechs Wochen an. Viele Patienten klagen jedoch monatelang über Schmerzen.
Zwar heile die saisonal im Frühjahr und im Herbst gehäuft zu beobachtende akute Schilddrüsenentzündung in circa 80 Prozent der Fälle innerhalb eines Jahres von selbst wieder aus. Dennoch, so Czech, sollten Betroffene bei entsprechenden Beschwerden einen Arzt konsultieren, der nicht nur die lokalen Symptome, sondern rechtzeitig auch einer ansonsten möglicherweise dauerhaft anhaltende Schilddrüsenunterfunktion entgegenwirken kann.
Zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose kann eine Schilddrüsen-Sonografie bei gleichzeitiger Bestimmung spezifischer Laborparameter, also charakteristischer Entzündungs- und Schilddrüsenhormonwerte und in seltenen Fällen auch eine Feinnadelbiopsie unumgänglich werden. Zur Linderung der Schmerzen kommen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und hier insbesondere Acetylsalicylsäure und Ibuprofen, gegebenenfalls auch systemische Glucocorticoide und hier in erster Linie Prednisolon zum Einsatz.
»In den meisten Fällen verschwinden die Beschwerden innerhalb weniger Wochen«, sagt Czech. Allerdings sollten die Medikamente nicht zu früh abgesetzt werden, da es sonst zu Rezidiven kommen kann, warnt der Nuklearmediziner. Auch könne bei Beendigung der medikamentösen Therapie die schrittweise Reduktion der Arzneien erforderlich werden.
Wichtig sei die engmaschige Kontrolle der Schilddrüsenwerte. Denn die SAT, die bei Frauen fünfmal häufiger als bei Männern auftritt, verläuft zumeist in Phasen: Es kommt zunächst zu einer Schilddrüsenüberfunktion, an die sich eine kurz andauernde normale Schilddrüsenfunktion anschließt, bevor sich eine Schilddrüsenunterfunktion einstellen kann. Auch diese, so Czech, wird sich in den meisten Fällen wieder normalisieren. Wenn nicht, könne die lebenslange Substitution von Schilddrüsenhormonen notwendig werden.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.