»Hohes Vertrauen in die Apotheke ist ein Grund, stolz zu sein« |
| Melanie Höhn |
| 21.03.2024 15:30 Uhr |
Apotheker Christian Fehske ist davon überzeugt, dass es vor allem eines braucht, um die rauen Zeiten für Apotheker zu überstehen: Ruhe bewahren. / Foto: PZ/Alois Müller
Fehlende Vergütungsanpassung, Konkurrenz durch Versandapotheken oder eine »angedrohte« Apothekenreform »ohne Apotheker«: Es sind raue Zeiten für die Offizinen. Christian Fehske ist davon überzeugt, dass es vor allem eines braucht, um diese Schwierigkeiten zu überstehen. »Ruhe bewahren ist die erste Bürgerpflicht auch für Apothekenleiter«, betonte der Inhaber der Rathaus-Apotheke in Hagen auf dem PZ-Managementkongress. Essenziell sei auch, etwas aktiv zu tun und »sich nicht dem Gefühl der Hilflosigkeit hinzugeben«, sagt Fehske, dessen internationale Rathausapotheken in Hagen 2023 den ersten Platz in der Kategorie »Apotheke und Patient« beim Apotheken-Award belegte.
»Auch wir haben uns an den Protesten beteiligt, und auch ich habe im letzten Jahr häufig nicht gut geschlafen. Aber wir haben kurz zuvor eine Pandemie nicht nur überstanden, wir waren daran beteiligt, sie zu bewältigen«, erklärte er. »Bis zum Jahresausklang hatte ich mich trotzdem so weit gesammelt, mich vor mein Team stellen zu können und zu sagen: Wir werden auch die aktuelle Krise bewältigen«. Fehske erarbeitete für seine Apotheke eine dreiteilige Strategie: Zunächst wurden sämtliche Kosten und Prozess-Optimierungsmöglichkeiten überprüft, danach die eigene Positionierung durchdacht. Sind die Erfolgsfaktoren der Vergangenheit auch Erfolgsfaktoren für die Zukunft? Für ihn sei es elementar, dass sich Apotheken an verändernde Gegebenheiten anpassen.
Nachdem für seine Apotheke die Zytostatika-Herstellung bis 2013 ein wichtiger Geschäftsbereich war, stellte Fehske beispielsweise aufgrund der Zytostatika-Zentralisierung auf Heimversorgung und Verblisterung um. Zudem war die Rathaus-Apotheke bei den pharmazeutischen Dienstleistungen und den Impfungen früh dabei. Auch während der extremen Fiebersaft-Engpässe wurden dort Tausende Säfte und Zäpfchen als Rezeptur und Defektur hergestellt. »Wir müssen uns zurückbesinnen, was uns ausmacht: Wir sind auch Handwerker. Das wird der Versandhandel niemals können«, sagte Fehske.
Dinge ahnen und schneller anpassen als andere sei ein wichtiger Erfolgsfaktor. »Man muss sich ab und zu trauen, etwas Neues auszuprobieren. Nicht alles wird klappen, aber vieles schon«, ist er überzeugt. Anpassung jedoch nicht um jeden Preis, sondern mit Augenmaß und Grenzen: »Wir lassen unsere pharmazeutische Beratungsleistung von niemandem zur Belanglosigkeit erklären oder schleifen«, betonte er.
Die Rathaus-Apotheke ist unter anderem durch ihr Gastfreundschaftskonzept und ihre Internationalität zu einer XXL-Apotheke geworden. Gastfreundschaft, wahrgenommen als Freundlichkeit, spiele eine große Rolle in der Firmenphilosophie: »Das Wohlbefinden der Teammitglieder ist die Grundlage für das Wohlbefinden unserer Gäste und sichert damit unsere Arbeitsplätze und den Erfolg unseres Unternehmens« – so Fehske. »Unsere Platin-Regel der Gastfreundschaft: „Behandele deinen Gast so, wie du selbst behandelt werden willst«.
Auch das Thema Internationalität steht in seiner Apotheke an vorderster Stelle, wie er erzählt: »Ich bin stolz darauf, dass wir wahnsinnig vielfältig sind. Wir können in 25 Sprachen pharmazeutisch beraten«. Eine wichtige Spielregel sei jedoch dabei, dass im Team nur Deutsch gesprochen werde. Seine Apotheke sei inzwischen ein rezertifiziertes familienfreundliches Unternehmen, bei dem die Mitarbeiter sagen, dass sie stolz sind, Teil eines bunten und weltoffenen Teams zu sein – unter anderem auch deshalb, weil sie sich in einem hohen Maße mit dem Unternehmen identifizieren, so der Apothekeninhaber. Auch immer buntere und vielsprachigere Gäste wüssten Beratung in anderen Sprachen zu schätzen.
Zudem habe sich seine Apotheke darauf spezialisiert, das Kundenbedürfnis der Medikamentenverfügbarkeit »herausragend« zu bedienen – unter anderem durch ein großes Lager, Einzelimporte oder einen dritten Großhandel. »Auch als Wettbewerbsfaktor gegen den Versandhandel habe ich nicht vor, an diesem Faktor etwas zu rütteln«, erklärt Fehske. »Der Versandhandel hat ja schon Mühe, next day hinzubekommen, aber same Moment ist unschlagbar«, sagte er. In 97 Prozent der Fälle können Kundinnen und Kunden die Medikamente direkt mit nach Hause nehmen.
Auch das Thema Beratungsqualität stehe in seiner Apotheke im Fokus: »Man sollte sich immer fragen: Was würde ich meiner Oma oder besten Freundin als optimale Versorgung empfehlen?«, so der Apotheker. Auch das Beratungsbedürfnis von Mitarbeitenden werde durch eine qualitativ hochwertige Beratung gestillt, die nicht nur »stumpf« Packungen an einem Scanner vorbeischieben wollten.
Sein Rat an Apothekerinnen und Apotheker: In der aktuellen Krise nicht die eigenen Werte und Ideale aufgeben, die Digitalisierung als Chance zur Vereinfachung und Beschleunigung von Prozessen sehen und sich an Krisensituationen anpassen. Das hohe Vertrauen in die Apotheke vor Ort sei nicht vom Himmel gefallen und ein Grund, stolz zu sein.