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Krankenhauspharmazie

Höhere Sicherheit dank geschlossener Schleife

Closed Loop Medication gilt als Zukunftsmodell für die Arzneimitteltherapie im Krankenhaus. Das Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum hat die Umstellung auf das neue System jetzt abgeschlossen. Die Zentralapotheke berichtet über ihre Erfahrung.
Daniela Hüttemann
12.08.2020  17:00 Uhr

Die richtige Medikation in der richtigen Dosierung zum richtigen Zeitpunkt für den richtigen Patienten – alles andere als eine banale Aufgabe. Es gibt viele mögliche Fehlerquellen bei der Arzneimitteltherapie, von der Verordnung bis zur Applikation. Eine davon ist das manuelle Stellen auf der Station, was bislang häufig die Pflegekräfte während ihrer Nachtschicht übernehmen. Aber: »Es ist eben nicht nur ›mal ein paar Pillen stellen‹, es ist ein Hochrisikoprozess«, betont Rebecca Bisplinghoff, Stationsapothekerin im Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum (UKB).

Ihr Haus hat vor Kurzem die Umstellung des Medikationsprozesses auf ein Unit-Dose-System abgeschlossen. Dabei werden alle festen oralen Arzneimittel patientenindividuell über einen Dispensierautomaten zusammengestellt, verpackt und etikettiert. Statt des Pflegepersonals auf den Stationen haben nun pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) und Apotheker in der Zentralapotheke die Verantwortung hierfür übernommen.

Damit würden nun rund 20 Stationen im UKB sowie im Knappschaftskrankenhaus Lütgendortmund im Rahmen eines sogenannten Closed-Loop-Medication-Managements versorgt, erklärt die leitende Apothekerin Maren Niewöhner gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. Die Zentralapotheke versorgt insgesamt mehr als 200 Stationen mit 3800 Betten an verschiedenen Standorten im Ruhrgebiet. Weitere neun Knappschaftskrankenhäuser sollen demnächst ebenfalls auf das Closed-Loop-System umgestellt werden. Als einziger Schritt fehle nur noch das elektronische Gegenlesen, bei dem das abgepackte Tütchen am Krankenbett mit dem Armband des Patienten gescannt und verglichen werde.

Laut Niewöhner arbeiten derzeit bundesweit erst 5 Prozent aller Krankenhäuser mit einem Unit-Dose-System. Weniger als die Hälfte davon habe den gesamten Medikationsprozess komplett digitalisiert und ein lückenloses Closed-Loop-Medication-Management etabliert. Dabei ist dies ein erklärtes Ziel der ADKA – Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker bis 2021, die ihre nächsten Kongresse unter das Motto »Closed Loop Medication Management – ein Muss für die Klinik 4.0« gestellt hat.

In Bochum ist man froh, dieses Ziel nun erreicht zu haben. Die elektronische Patientenakte war im Bochumer Krankenhaus schon etabliert, gemeinsame Absprachen zwischen Ärzten, Pflegepersonal und Apothekern auf Stationen auch. Es fehlte nur noch das Unit-Dose-System.

Wie funktioniert ein Unit-Dose-System?

Den Auftrag der Station mit dem Medikationsplan für die nächsten 24 Stunden prüft erst ein Apotheker hinsichtlich Dosierungen, Wechselwirkungen und Auswahl der Arzneimittel, bevor er direkt auf digitalem Weg die Apotheke erreicht. Hier kümmern sich PTA um das Abpacken der Medikamente in Reinraum-Laboren und unter hohen Hygienestandards.

Kernstück ist der Dispensierautomat. Die Schnelldreher werden als Schüttware in Hunderten von Kanistern eingesetzt. Handelsübliche Ware kann mit einer Maschine ausgepackt und in die Behälter gegeben werden. Das pharmazeutische Personal kann aber auch Tabletten teilen und vor dem finalen Kommissionieren über eine extra Schublade hinzufügen. Dafür scannt eine Fachkraft vorher die Packung, welche von der Software auf ihre Richtigkeit überprüft wird. Die geteilte Tablette legt die PTA an eine von der Software definierten Stelle im Tray. Dann kommt die Schublade in den Automaten und der Vorgang wird gestartet.

Allein für das UKB werden so täglich rund 2500 Peroralia portionsweise und patientenindividuell abgepackt. Aufgedruckt auf die Blistertütchen in Schläuchen sind alle wichtigen Daten wie Klinik-Standort, Station, Patientenname, Datum, Wirkstoff und Dosis. Es gibt sogar einen QR-Code, über den sich der Patient auf seinem Smartphone den Beipackzettel anzeigen lassen kann.

Bevor die Tütchen die Krankenhausapotheke verlassen, laufen die Streifen durch ein Kontrollgerät. Dort werden sie fotografiert. Eine Software überprüft mittels einer hinterlegten Datenbank anhand von Form, Farbe und Beschriftung jeder einzelnen Tablette, Kapsel oder Dragee und dem aufgedruckten Kontroll-Strichcode, ob die enthaltenen Medikamente mit den verordneten übereinstimmen. Findet der Computer eine Abweichung, wird dies sofort vom pharmazeutischen Personal überprüft und gegebenenfalls korrigiert. »Sorgfalt steht auch hier an erster Stelle, Mensch und Computer ergänzen sich«, betont die Zentralapotheke.

Pflege entlastet, pharmazeutisches Personal aufgestockt

Auf den Stationen wird so viel Zeit gespart. »Die Arbeitserleichterung ist gerade für den Nachtdienst groß«, berichtet Stationsapothekerin Bisplinghoff. Während bislang pro Station jeweils zwei Pflegekräfte im Schnitt täglich zwei bis drei Stunden mit dem Bereitstellen der Tabletten beschäftigt gewesen seien, kümmere sich in der Apotheke nun nur eine Handvoll pharmazeutischer Fachkräfte um die Medikamenten-Anforderungen von bislang rund 20 Stationen. Dafür hat die Zentralapotheke drei PTA zusätzlich eingestellt. Auch einen Stationsapotheker gibt es nun mehr, weitere sollen folgen.

»Im Moment prüfen wir noch relativ oft, ob das System richtig arbeitet«, so Niewöhner. Die Leiterin der Zentralapotheke geht aber fest davon aus, dass sich die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) nachhaltig deutlich erhöhen wird, wie es in anderen Kliniken, zum Beispiel dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) beobachtet und dokumentiert wurde. Auch das Pflegepersonal wurde von der Krankenhausapotheke engmaschig während der Umstellung begleitet, Schulungen fanden sogar nachts statt. Die Apotheke hakt regelmäßig nach, ob es noch Probleme gibt und wo nachgebessert werden kann.

»Das Feedback der Stationen ist sehr positiv«, freut sich Niewöhner. Statt sich gegen die Digitalisierung des Medikationsprozesses zu sträuben, hätten die Stationen sogar gebeten, möglichst als nächste umgestellt zu werden. Dem Pflegepersonal bleibt so mehr Zeit für die Betreuung der Patienten. Die Apothekenleiterin geht davon aus, dass nun die anderen belieferten Krankenhäuser ebenso problemlos und zeitnah auf das Closed-Loop-System umgestellt werden können.

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