Hoch dosierte Antihistaminika dämpfen Trainingseffekt |
Annette Rößler |
02.07.2025 09:00 Uhr |
Ausdauertraining, zum Beispiel auf dem Fahrradergometer, stärkt das Herz-Kreislauf-System und verbessert die Fettverbrennung. Bei regelmäßigem Training passt sich der Körper an die Belastung an. / © Getty Images/FatCamera
Histamin ist ein Botenstoff, der in vielen Pflanzen, Tieren und Bakterien vorkommt. Beim Menschen vermittelt das biogene Amin unter anderem allergische Reaktionen, wirkt vasodilatierend und regt die Magensäureproduktion an. Von den vier verschiedenen Histaminrezeptor-Subtypen werden zwei von zugelassenen Arzneistoffen therapeutisch adressiert: H1-Rezeptorantagonisten wie Fexofenadin dienen als Antiallergika und H2-Rezeptorantagonisten wie Ranitidin werden unter anderem bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren eingesetzt. Derzeit ruht allerdings die Zulassung Ranitidin-haltiger Arzneimittel in der EU.
Forschende um Dylan C. Sieck von der University of Oregon in den USA haben nun getestet, wie sich die Blockade von H1- und H2-Rezeptoren auf die Adaption des Körpers an Ausdauertraining auswirkt. Hinter der Untersuchung, deren Ergebnisse im »Journal of Applied Physiology« veröffentlicht wurden, steckt die Überlegung, dass Histamin womöglich auch an Anpassungsvorgängen als Reaktion auf körperliche Belastung beteiligt sein könnte.
Weil ihnen die Pandemie dazwischenkam, konnten die Forschenden lediglich 16 Teilnehmende rekrutieren: zehn Frauen und sechs Männer. Alle waren gesund, zwischen 18 und 40 Jahre alt, hatten normale Blutdruckwerte und im Jahr vor der Studie kein moderates oder intensives Training an mehr als drei Tagen pro Woche gemacht. Im Rahmen der Studie unterzogen sich die Probanden einem sechswöchigen Ausdauertraining auf Fahrradergometern (insgesamt 21 Sessions). Randomisiert und doppelblind erhielt die Hälfte der Teilnehmenden eine Stunde davor 540 mg Fexofenadin plus 300 mg Ranitidin, die andere Hälfte Placebo.
Am Ende der Intervention hatte sich die Fitness der Teilnehmenden in beiden Gruppen verbessert, in der Placebogruppe aber mehr als in der Verumgruppe: Die Spitzenleistung hatte jeweils um 3,05 Prozent beziehungsweise 1,62 Prozent pro Woche zugenommen. Damit einher ging eine in der Verumgruppe abgeschwächte Anpassung der Gefäßfunktion und der oxidativen Kapazität. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max), ein Kriterium für die Ausdauerleistung, war zwar in beiden Gruppen ähnlich stark gestiegen. Die Autoren ziehen aus ihrer Studie dennoch den Schluss, dass eine Histaminblockade während einer Ausdauertrainingseinheit den Effekt des Trainings abschwäche.
Ambitionierte Sportler mit allergischen Erkrankungen sollten nun allerdings nicht ihr Antihistaminikum absetzen, um den Trainingseffekt zu optimieren, betont Seniorautor Professor Dr. John Halliwill in einer begleitenden Pressemitteilung. Die in der Studie verwendeten Dosen seien viel höher als gängige Dosierungen zugelassener Medikamente. Das trifft zumindest auf Fexofenadin zu: Dieses war mit 540 mg in der Studie dreifach höher dosiert, als es für die Indikation idiopathische Urtikaria empfohlen wird. 300 mg Ranitidin sind dagegen auch zur Ulcusbehandlung und -rezidivprophylaxe üblich.
Mit den in der Studie verwendeten Dosen der beiden Arzneistoffe werde eine mehr als 90-prozentige Hemmung von H1- und H2-Rezeptoren erreicht, die sechs Stunden anhalte, heißt es in der Publikation. Wie sich niedrigere Dosen von H1-Antihistaminika bei körperlicher Aktivität auswirken, müsse nun weiter untersucht werden.