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Schutz vor Covid-19

HLA-Allel assoziiert mit asymptomatischer Coronainfektion

Was schützt einige Patienten davor, an einer SARS-CoV-2-Infektion schwer zu erkranken? Der Antwort auf diese wichtige Frage scheint man ein Stück näher gekommen zu sein. Eine Rolle spielt das Humane Leukozytenantigen-System, also die immunologischen Strukturen, die auch die Gewebeverträglichkeit kontrollieren.
Theo Dingermann
26.07.2023  11:00 Uhr

Man schätzt, dass mindestens 20 Prozent der mit SARS-CoV-2 infizierten Menschen nicht symptomatisch erkranken. Zwar galt zu Hochzeiten der Pandemie die Aufmerksamkeit verständlicherweise den schwer an Covid-19 Erkrankten. Jedoch sind die Menschen, die trotz Infektion asymptomatisch bleiben, für die Wissenschaft sicherlich ähnlich interessant. Hier bietet sich eine Gelegenheit, frühe immunologische Merkmale zu untersuchen, die den Organismus so effizient schützen, dass er nicht erkrankt.

Forschende um Professor D. Danilo G. Augusto vom Weill Institute for Neurosciences der University of California, San Francisco berichten in einer Publikation in »Nature«, dass ein HLA-B*15:01-Allel, eine asymptomatische SARS-CoV-2-Infektion vermittelt. Die humanen Leukozytenantigene (HLA) auf Chromosom 6 beim Menschen kodieren für Zelloberflächenproteine, die für die Regulierung des Immunsystems verantwortlich sind. Mit ihrer Hilfe werden körpereigene von fremden Strukturen unterschieden. 

Mithilfe von In-silico-Analysen war bereits gezeigt worden, dass HLA-Moleküle für immunologische Reaktionen auf SARS-CoV-2-Infektionen relevant sind. So ließ sich ableiten, dass beispielsweise ein HLA-B*46:01-Allel SARS-CoV-2-Peptide schlecht bindet, was bedeuten könnte, dass Personen, die dieses Molekül exprimieren, möglicherweise anfälliger für schwere Covid-19-Verläufe sind. Im Gegensatz dazu erwies sich ein HLA-B*15:03-Allel als ein Kandidat, der vor schweren Covid-19-Verläufen schützen könnte, indem es sehr effizient hochkonservierte SARS-CoV-2-Peptide den T-Zellen präsentiert.

Bisher konnten derartige Hinweise noch nicht durch größere genomweite Assoziationsstudien bestätigt werden.

Identifizierung eines schützenden HLA-Allels durch genomweite Assoziationsstudien

In der aktuellen Studie werteten die Forschenden zunächst Daten einer Smartphone-App aus, in der die Covid-19-Symptome und -Ergebnisse von fast 30.000 Teilnehmern, darunter mehr als 1400 asymptomatische Nutzer, die jedoch positiv getestet waren, enthalten waren.

Bei den Studienteilnehmern handelte es sich um freiwillige Knochenmarkspender mit gültigen E-Mail-Adressen, die beim National Marrow Donor Program (NMDP) hinterlegt waren und die im Juli 2020 über eine E-Mail-Kampagne zur Teilnahme an der Studie eingeladen wurden. Alle Personen waren bereits typisiert worden, sodass in der NMDP-Datenbank ein Datensatz für eine hochauflösende HLA-Genotypisierung, typischerweise für fünf Loci (HLA-A, -B, -C, -DRB1 und -DQB1) vorlag.

Die Teilnehmer, die bereit waren, an der Studie teilzunehmen, mussten eine Smartphone-App herunterladen, um dort Daten zu einer möglichen SARS-CoV-2-Infektion und zur Schwere der Erkrankung einzutragen. Ferner wurden demografische Grunddaten erhoben. Alle Teilnehmer hatten schriftlich ihr Einverständnis zur Teilnahme an dem Forschungsprojekt und an der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse gegeben.

Bei der Auswertung der durch die App gesammelten Daten, zeigte sich, dass das HLA-B*15:01-Allel bei asymptomatischen Personen im Vergleich zu symptomatischen Personen signifikant überrepräsentiert war. Kein anderes HLA-Allel an irgendeinem Locus war nach erforderlichen Korrekturen signifikant mit einer asymptomatischen Infektion assoziiert.

Bestätigung der Daten durch zwei weitere Kohorten

In zwei weiteren Kohorten wurde bestätigt, dass das HLA-B*15:01-Allel stark mit dem Ausbleiben von Covid-19-Symptomen assoziiert ist. Zum einen stammten die Daten von einer britischen Kohorte, deren Forschungsergebnisse bereits publiziert waren. In dieser Publikation waren die Daten der Teilnehmer allerdings nicht im Hinblick auf eine asymptomatische Infektion untersucht worden. Es zeigte sich nun aber, dass auch in diesem Datensatz nach den erforderlichen statistischen Korrekturen das HLA-B*15:01-Allel stark mit einer asymptomatischen Infektion verbunden war. Asymptomatische Träger des HLA-B*15:01-Allels waren in der Kohorte zu 17 Prozent vertreten, wohingegen symptomatische Träger des HLA-B*15:01-Allel nur zu 7 Prozent vertreten waren.

Schließlich zeigte sich auch in einer dritten Kohorte, dass die Trägerhäufigkeit von HLA-B*15:01 bei asymptomatischen Personen mit 25 Prozent deutlich höher lag als bei symptomatischen Patienten, bei denen nur 8,6 Prozent das HLA-B*15:01-Allel trugen.

Über alle drei Kohorten betrug das Odds Ratio für asymptomatisch zu symptomatisch für das HLA-B*15:01-Allel etwas das 2,5-Fache.

T-Zell-Kreuzreaktivität

Die Forschenden konnten schließlich zeigen, dass das Peptid, das über das HLA-B*15:01-Allel den T-Zellen präsentiert wird, bei allen SARS-CoV-2-Varianten, darunter auch bei den neuen XBB-Varianten von Omikron, konserviert ist. Zudem unterscheidet sich dieses Peptid nur in einer Aminosäure von dem sogenannten HKU1-CoV/OC43-CoV-Peptid, das in den Genomen der saisonalen Coronaviren kodiert ist. Daher ist es wahrscheinlich, dass die T-Zell-Kreuzreaktivität die biologische Erklärung für den Schutz vor der Covid-Erkrankung ist.

Diese Hypothese wurde dann anhand von Kristallstrukturen von HLA-B*15:01 weiter erhärtet. So konnten die Forschenden zeigten, dass das SARS-CoV-2-Peptid NQK-Q8 ebenso gut in der Lage war, an das HLA-B*15:01-Allel zu binden und dieses zu stabilisieren wie das NQK-A8-Peptid aus anderen Coronaviren.

Es gibt ein wesentliches Caveat für diese Studie, das darin besteht, dass sich die Ergebnisse in der überwiegenden Mehrzahl auf Menschen europäischer Abstammung beschränken, wobei die geringe Zahl der untersuchten Schwarzen Personen darauf hindeutet, dass die Ergebnisse auch auf andere Abstammungen übertragbar sind.

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