Hilft Melatonin gegen DNA-Schäden durch Schlafmangel? |
Menschen, die nachts arbeiten und tagsüber schlafen, produzieren oft weniger Melatonin. / © Getty Images/Maria Korneeva
Der Mensch braucht Schlaf, um sich auszuruhen und leistungsstark zu sein. Außer für ein subjektives Gefühl der Erholung ist Schlaf auch für zahlreiche physiologische Prozesse wichtig; diese laufen währenddessen vor allem im ZNS ab und stärken den Organismus. Während des Schlafs regenerieren sich die Zellen, alte Zellbestandteile und Proteine werden durch Autophagie abgebaut und DNA-Schäden werden repariert.
Eine neue kanadische Studie deutet nun darauf hin, dass das Schlafhormon Melatonin die Reparaturmechanismen der DNA verstärken könnte. Das berichtet ein Team um Umaimah Zanif vom BC Cancer Research Institute in Vancouver im Fachjournal »Occupational & Environmental Medicine« (DOI: 10.1136/oemed-2024-109824).
Menschen, die in Schicht oder während der Nacht arbeiten, haben oft einen unregelmäßigen Schlafrhythmus und bilden aufgrund einer geringeren Tageslichtexposition mitunter weniger Melatonin. Die gestörte Schlafqualität steht mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Erkrankungen im Zusammenhang, unter anderem mit Krebs. Ein Grund hierfür könnte sein, dass oxidative DNA-Schäden nicht im gleichen Maß repariert werden können wie bei gutem Schlaf. Melatonin ist ein starkes Antioxidans, das auf verschiedene Weise oxidativen Stress verringern kann (Kasten). Ob eine Melatoningabe die DNA-Reparatur ankurbeln kann, haben die kanadischen Forschenden bei Nachtschichtarbeitern untersucht.
Das Hormon Melatonin (N-Acetyl-5-Methoxytryptamin) reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus. Es wirkt aber auch antioxidativ, was bereits seit den 1990er-Jahren bekannt ist. Der Botenstoff wird in der Zirbeldrüse im Gehirn während der Nacht produziert. Ausgangssubstanz ist Tryptophan, das zunächst in Serotonin umgewandelt und dann acetyliert wird.
Melatonin ist in der Lage, verschiedene freie Radikale wie Superoxidanionen, Wasserstoffperoxid oder Stickstoffmonoxid zu neutralisieren. Die Besonderheit: Im Rahmen einer Kaskadenreaktion können viele Melatonin-Metabolite nacheinander oder gemeinsam zur Neutralisierung von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies beitragen. Außerdem steigert das Hormon die Aktivität von Enzymen wie Superoxiddismutase, Gluthathionperoxidase und Katalase.
An der randomisierten Studie nahmen 40 Menschen zwischen 18 und 50 Jahren aus dem Großraum Vancouver teil, die seit mindestens sechs Monaten im Schichtdienst arbeiteten und dabei mindestens zwei aufeinanderfolgende Nachtschichten pro Woche absolvieren mussten. Die Probanden erhielten einen Monat lang vor ihrem Tagschlaf 3 mg Melatonin oder Placebo. Aschließend wurde die Kapazität zur Reparatur von oxidativen DNA-Schäden anhand des Markers 8-Hydroxy-2-Desoxyguanosin (8-OH-dG) im Urin bestimmt. Das Molekül entsteht bei der Reparatur von DNA und wird anschließend über den Urin ausgeschieden. Höhere Werte weisen darauf hin, dass beschädigte DNA erfolgreich repariert wurde.