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Polymedikation meistern

Herzinsuffizienz mit pDL begleiten

Chronische Herzinsuffizienz kommt nicht allein. Entsprechend häufig erhalten die Patienten eine Polymedikation und können pharmazeutische Unterstützung gebrauchen. Was Apotheker tun können und wie die moderne Therapie aussieht, war Thema bei einem ABDA-Webinar der Reihe »pDL Campus live!«.
Carolin Lang
30.09.2024  16:20 Uhr

»Kein Patient hat nur Herzinsuffizienz, jeder Patient hat deshalb auch eine Hyperpolypharmazie«, sagte Professor Dr. Martin Schulz, Geschäftsführer des Bereichs Arzneimittel bei der ABDA, bei der Fortbildung. Im Mittel erhielten die Patienten neun verschreibungspflichtige Medikamente, hinzu kämen Präparate zur Selbstmedikation, führte der Pharmakologe aus. Durchschnittlich laufe das auf elf Tagesdosen hinaus – »also eine erhebliche Tablettenlast«. Nicht einfach, hier den Überblick zu behalten. »Ich glaube, jeder dieser Patienten braucht unsere Hilfe«, postulierte Schulz.

Dass die Patienten von pharmazeutischer Unterstützung profitieren, legte er anhand der PHARM-CHF-Studie dar. In dieser randomisiert kontrollierten Studie wurde bei Patienten mit Herzinsuffizienz die Wirksamkeit einer interdisziplinären und kontinuierlichen Intervention, basierend auf regelmäßigen Kontakten mit einer öffentlichen Apotheke und der Versorgung mit dort patientenindividuell gestellter Medikation, untersucht. Es zeigte sich ein signifikanter Effekt auf die Einnahmetreue und Lebensqualität.

Die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) seien die »ideale Chance«, die Patienten zu begleiten, betonte Dr. Katja Renner. Aufgrund von Vor- und Begleiterkrankungen wie KHK, arterielle Hypertonie, Vorhofflimmern, chronische Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus oder COPD ließen sie sich häufig auch koppeln. »Mit unseren pharmazeutischen Dienstleitungen decken wir ganz viel ab«, so die Apothekerin. Auch zur Prävention könnten Apotheker beitragen, legte Schulz dar, etwa durch Förderung der Einnahmetreue und Blutdruckkontrolle.

Die fantastischen Vier bei eingeschränkter Pumpfunktion

Um Patienten mit Herzinsuffizienz bestmöglich unterstützen zu können, sollten Apotheker zunächst wissen, wie sich die moderne medikamentöse Therapie gestaltet. Ein Update hierzu gab es von Professor Dr. Ulrich Laufs, Leiter der Kardiologie am Uniklinikum Leipzig. Das Therapieziel sei immer, den Patienten Lebensqualität und -dauer zu verschaffen.

So sei die Stufentherapie bei der Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFrEF) überholt, machte Laufs deutlich. Neben kausalen Therapien und Lebensstilmodifikationen als Basis gelte heute das Konzept, dass vier symptomatisch und prognostisch wirksame Therapieprinzipien parallel zum Einsatz kommen. Gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie »Chronische Herzinsuffizienz« sind das

  • ACE-Inhibitoren (ACEi)/Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB)/Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI),
  • Betablocker,
  • SGLT2-Inhibitoren und
  • Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA).

»Die Empfehlung ist, diese vier Therapieprinzipien möglichst schnell – idealerweise in vier Wochen – zu etablieren«, erklärte der Kardiologe. Dabei gebe es in Deutschland jedoch eigentlich keinen Grund mehr, mit einem ACE-Hemmer zu therapieren, da mit Sacubitril/Valsartan ein ARNI verfügbar ist, für den im Vergleich verbesserte klinische Endpunkte nachgewiesen worden seien.

Die Rolle der Diuretika

Diuretika seien zwar nicht »per se lebensverlängernd«, aber erforderlich, um die Symptomatik zu kontrollieren. Für Apotheker wichtig zu wissen sei, »dass gerade bei schwerer Herzinsuffizienz die Diuretika-Dosierung immer etwas ist, das es anzupassen gilt«. Er appellierte, Patienten, die zu hydropischer Dekompensation – also Überwässerung – neigen, zu einer täglichen Gewichtskontrolle inklusive Dokumentation nach dem ersten Stuhlgang am Morgen zu ermutigen. Eine plötzliche Gewichtszunahme von zwei bis drei Kilo gerade bei älteren Patienten deute auf ein Flüssigkeitsproblem hin. »Wir müssen die Patienten darüber aufklären«, unterstrich Laufs.

Während zwei, drei zusätzliche Kilos durch eine Anpassung der Diuretika-Dosierung in der Regel ambulant in den Griff zu bekommen seien, sei eine stationäre Krankenhausaufnahme bei vier bis sechs Kilo manchmal nicht zu vermeiden. Doch er betonte: »Unser Ziel muss es sein, die Patienten aus dem Krankenhaus herauszuhalten.«

Zusätzlich gebe es für spezielle Situationen weitere Therapieprinzipien sowie Reservemedikamente, etwa Ivabradin oder Digitoxin.

Bewegung geht fast immer

Auch in puncto Bewegung habe sich die Sichtweise bei Herzinsuffizienz geändert, berichtete Laufs. Nach der modernen Kardiologie werde diese in allen Stadien therapeutisch eingesetzt – mit Einschränkungen und Ausnahmen wie der akuten Myokarditis, bei der körperliche Bewegung kontraindiziert ist.

Seit wenigen Jahren neu bei Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFpEF) seien zudem positive Studiendaten zu drei Medikamentenklassen: die SGLT-2-Inhibitoren Empagliflozin und Dapagliflozin, der GLP-1-Rezeptor-Agonist Semaglutid bei adipösen Patienten und Finerenon als nicht steroidaler selektiver Antagonist des Mineralocorticoid-Rezeptors.

Medikationseinnahme vereinfachen

Die medikamentöse Therapie sollte für die Patienten so einfach wie möglich gestaltet werden, machte Schulz weiter deutlich. »Erster Punkt dabei ist, unwichtige oder weniger wichtige, nicht prognoseverbessernde Medikation absetzen – auch und vor allem in der Selbstmedikation.« Von unnötigem Tablettenteilen riet er ab, stattdessen sollte auf passende Dosisstärken zurückgegriffen werden. Auch lang wirksame Arzneistoffe, Retard-Formulierungen oder fixe Kombinationspräparate könnten sich anbieten.

Für die Medikationsberatung appellierte er dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es gelte zu prüfen: »Was könnte fehlen, was könnte entfallen?« Daneben sollten die Verträglichkeit der Medikation, die Symptomatik und die Adhärenz in den Blick genommen und Punkte zum Selbstmanagement der Herzinsuffizienz, zum Beispiel das tägliche Wiegen, adressiert werden. Schlussendlich gelte es, den Medikationsplan zu aktualisieren. »Der Überblick über die Gesamtmedikation ist extrem wertvoll«, so Schulz.

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