Hersteller kritisieren BfArM für DiGA-Zulassung |
Jennifer Evans |
18.11.2022 10:30 Uhr |
Darüber hinaus seien die Anforderungen für die Listung in den vergangenen Monaten »deutlich gestiegen«, moniert der SVDGV weiter. »Während vor einem Jahr noch eine einarmige oder eine retrospektive Studie mit einer historischen Kontrollgruppe, zum Beispiel aus der Literatur, für einen DiGA-Antrag ausreichte, wird derzeit häufig eine kleine randomisierte Studie (randomized controlled trial, kurz: RCT) gefordert«, heißt es in dem Papier.
Auch bei etwaigen Fristverlängerungen haben die DiGA-Hersteller offenbar Probleme mit dem BfArM. Demnach verlängert die Behörde den Erprobungszeitraum zum Teil nur um einen kleinen Anteil der beantragten Zeit. Das sei nicht nur intransparent, sondern behindere auch die Planungssicherheit, weil den Herstellern grundsätzlich nur eine einmalige Verlängerung zustehe, beschwert sich die Interessensvertretung.
Darüber hinaus hält sich das BfArM laut dem Positionspapier nicht immer an das »vorab abgestimmte Evaluationskonzept« und verlangte nach SVDGV-Angaben bereits mehrmals zusätzliche Subgruppenanalysen. Da die Hersteller entsprechende Erhebungen allerdings meist nicht mehr kurzfristig umsetzen könnten, sei es in der Folge oftmals zur Ablehnung der Anträge gekommen.
Ein weiterer Dorn im Auge sind dem SVDGV die Anforderungen an die Vergleichsgruppen. Die DiGA-Verordnung sieht nämlich vor, dass bei einer vergleichenden Studie zum Nachweis eines positiven Versorgungseffekts die Vergleichsgruppe der Versorgungsrealität entsprechen muss. Allerdings kämen die DiGAs häufig dort zum Einsatz, wo bisher Versorgungslücken bestünden, bemängelt der Verband. In solchen Fällen würde die Versorgungsrealität also am besten durch die Nicht-Anwendung der DiGAs abgebildet. Analog zum Arzneimittelbereich wird dann häufig eine Verblindung der Studie mit einer placebobasierten Kontrollgruppe gefordert. Das ist in den Augen des SVDGV aber nicht sinnvoll: »Entweder wäre eine Placebo-App so schlecht, dass Studienteilnehmer:innen trotz Verblindung die Gruppenzuteilung leicht erkennen, oder sie wäre so gut, dass kein Placebo, sondern eine jedenfalls minimale (artifizielle) Intervention angewendet wird«, argumentiert der Verband.
Damit die Unsicherheiten des derzeitigen Verfahrens nicht weiter ein Existenzrisiko für die betroffenen Unternehmen darstellt, fordert der Verband konkrete Nachbesserungen, um das DiGA-Verfahren planbarer zu gestalten. Dazu gehört seiner Ansicht nach eine rechtlich bindende Vorabprüfung sowohl für DiGAs und DiPAs (digitale Pflegeanwendungen) als auch durch das BfArM sowie konkrete Fristen. Zudem müssten die Hersteller ausreichend Zeit haben, um umfangreiche Rückfragen detailliert und fundiert zu beantworten. Auch sollten künftig menschliche Leistungsanteile berücksichtigt werden – wie vom Gesetzgeber im Sozial Gesetzbuch (SGB V) vorgesehen. Und zuletzt regt der Verband noch eine bessere personelle Ausstattung des BfArM an, um dem erhöhten Arbeitsaufkommen »zuverlässig nachkommen zu können«.
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