Herbstzeit ist Pseudokruppzeit |
Die allermeisten Fälle des Schreckenshustens in der Nacht verlaufen mild, und am nächsten Morgen ist alles vorbei. / Foto: Adobe Stock/Jenko Ataman
Die nächtliche Attacke kann Eltern in schlimmste Aufregung versetzen: Mitten in der Nacht hören sie ihr Kind bellend husten und pfeifend nach Atem ringen. Der Anfall kommt meist unvermittelt, tagsüber ging es dem Kind noch gut. Auch der kleine Patient ist ängstlich und unruhig. Die Unruhe kann den Sauerstoffbedarf steigern und die Atmung beschleunigen, die Beschwerden intensivieren sich.
Der Anfall ist meist Folge eines grippalen Infekts, der sich zunächst mit Schnupfen und leichtem Fieber bemerkbar macht. Auslöser sind meist Parainfluenzaviren, RS-, Rhino- sowie Adenoviren spielen nur eine untergeordnete Rolle. Treffen die Erreger in Herbst und Winter auf durch kalte Winter- sowie warme Heizungsluft strapazierte Schleimhäute, haben sie leichtes Spiel. Die Schleimhäute entzünden sich. Steigt die Infektion in Bereiche des Kehlkopfs und der Stimmbänder ab, schwillt die Schleimhaut an und verengt die Atemwege. Ein nächtlich niedriger Cortisolspiegel kann der Entzündung nur wenig entgegensetzen, das flache Liegen verstärkt zudem die Schwellung. Mittlerweile ist wissenschaftlich erwiesen, dass eine hohe Schadstoffbelastung der Luft vor allem mit Tabakrauch das Risiko für einen Krupp-Anfall nachweislich erhöht.
Vor allem Säuglinge und Kleinkinder im Alter zwischen drei Monaten und fünf Jahren zeigen die Symptome, durchschnittlich ein- bis zweimal in ihrem Leben, Jungen häufiger als Mädchen. Ältere Kinder oder Erwachsene sind selten betroffen, da Kehlkopf und Luftröhre mittlerweile voll ausgewachsen sind und sich Einengungen nicht mehr so stark auswirken.
Untersuchungen zum Atemfluss zeigen, dass beim Kleinkind ein Ringödem im Kehlkopfbereich signifikante Effekte auf den Atemwegswiderstand haben kann. Bereits eine Schwellung von einem Millimeter Stärke erhöht den Widerstand um das 16-Fache, bei Erwachsenen lediglich um das 3-Fache. Die Attacke kann von wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten andauern.
Die wichtigste Maßnahme ist die Beruhigung des Kindes. Angst und Aufregung verstärken nur durch erhöhten Sauerstoffbedarf und Erschöpfung der Atemmuskulatur die Atembeschwerden. Zudem schwillt beim Schreien die Schleimhaut zusätzlich an. Das Kind am besten auf den Arm nehmen. Im Sitzen kann es besser atmen als im Liegen. Feuchte Luft beruhigt zudem die Atemwege. Dazu entweder das Fenster öffnen, sich vor den geöffneten Kühlschrank setzen oder das Kind warm einpacken und im Kinderwagen durch die feucht-kühle Nachtluft fahren. Auch möglich: Wohltuend empfinden Kinder zum Beispiel das Inhalieren von Wasserdampf, wie er in einer heiß aufgedrehten Dusche entsteht.
Bei einem schweren Anfall und auch bei der ersten Attacke des Kindes muss ein Arzt gerufen werden. Ist es notwendig, verabreicht er Sauerstoff, ein Glucocorticoid und/oder Adrenalin. Das Glucocorticoid kommt als Zäpfchen mit den Wirkstoffen Prednison oder Prednisolon zum Einsatz und entfaltet seine antiinflammatorische Wirkung nach circa 20 bis 30 Minuten. Maximal zwei Einzeldosen können täglich verabreicht werden, das entspricht einer Gesamtdosis von 200 mg. Die Anwendung sollte insgesamt nicht länger als zwei Tage erfolgen.
Diese Hinweise sind in der Beratung wichtig, wenn die Eltern mit einem entsprechenden Rezept in der Apotheke vorstellig werden. Bei einem eventuellen erneuten Anfall müssen die Arzneimittel griffbereit zu Hause liegen. Prednison und Prednisolon sind als Zäpfchen (wie Rectodelt®, Infectocortikrupp®, Klismacort® Rektalkapseln) geläufig, alternativ gibt es auch Säfte mit dem Wirkstoff Dexamethason oder Prednisolon. Die entzündungshemmende, abschwellende Wirkung der Glucocorticoide hält meist 18 bis 36 Stunden an.
Ein Beratungshinweis: Klismacort sind Weichgelatinekapseln, die vor Verabreichung am besten anzufeuchten sind. Das vereinfacht die Applikation und sorgt für ein schnelleres Auflösen der Hülle. Prednisolon liegt dabei verteilt in einer öligen Suspension vor, welche nach Auflösen der Hülle direkt an der Darmschleimhaut resorbiert wird. Die Zäpfchen auf Hartfettbasis müssen hingegen erst schmelzen, um den Wirkstoff freizusetzen. Ansonsten werden Zäpfchen wie folgt angewendet:
Zusätzlich kann der Arzt Adrenalin (auch Epinephrin genannt, in Infectokrupp Inhal®) verordnen. Die empfohlene Dosierung muss strikt eingehalten werden. Adrenalin wirkt innerhalb von Minuten gegen die Schleimhautschwellung, hält aber nur ein bis zwei Stunden an. Die Tropflösung kann nur mit einem entsprechenden elektrischen Vernebler angewendet werden, den der Arzt zusätzlich verordnen muss. Zusammenbau und Handhabung des Verneblers sind erklärungsbedürftig. Die Eltern sollten die Anwendung in Ruhe mit Kochsalzlösung üben, damit das Kind im Ernstfall daran gewöhnt ist.
Die meisten Pseudokrupp-Anfälle verlaufen ohne Komplikationen und heilen in wenigen Nächten/Tagen von selbst aus, eine stationäre Einweisung ist selten notwendig. Trotzdem ist ein Arztbesuch ratsam, denn die Diagnosen Diphtherie und Epiglottis müssen ausgeschlossen werden. Beide Erkrankungen führen zu lebensgefährlichen Erstickungsanfällen.
Eltern sollten versuchen, ruhig zu bleiben, denn Unruhe überträgt sich auf das Kind und kann die Symptome verschlechtern. Deshalb gilt: Ruhe bewahren und beruhigend auf das Kind einwirken.