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Gynäkologische Tumoren

Heikles Thema Hormonersatz

Bei Frauen mit gynäkologischen Tumoren ist die Hormonersatztherapie zur Linderung menopausaler Beschwerden keine Routine. Doch bei einzelnen Entitäten kann sie bei hohem Leidensdruck und nach genauer Aufklärung eine Option darstellen.
Christina Hohmann-Jeddi
27.02.2019  11:00 Uhr

Darf man oder darf man nicht? Inwieweit die Hormonersatztherapie (HRT) auch bei Frauen mit gynäkologischen Tumoren eingesetzt werden kann, ist ein relevantes Thema, da je nach Karzinom 10 bis 60 Prozent der betroffenen Frauen prä- oder perimenopausal sind. Das berichtete Professor Dr. Tanja Fehm vom Universitätsklinikum Düsseldorf auf dem Fortbildungskongress der Frauenärztlichen Bundesakademie in Düsseldorf. Die Frauen durchleben nicht nur die natürliche Menopause, sondern häufig stärkere Beschwerden aufgrund der Therapie, etwa der Entfernung der Eierstöcke oder der medikamentösen Estrogen-Deprivation. »Bei einzelnen Entitäten können wir durchaus ein wenig mutiger sein als bislang«, sagte die Gynäkologin.

Beim Ovarialkarzinom sei die HRT selten ein Thema, da das mittlere Erkrankungsalter bei 63 Jahren liege. Aber 10 Prozent der betroffenen Frauen seien jünger als 40 Jahre und kämen auch irgendwann in die Wechseljahre. Kann dann ein HRT gegeben werden? Alle Studien und eine Metaanalyse aus dem Jahr 2015 (»Gynecologic Oncology«, DOI: 10.1016/j.ygyno.2015.07.109.) hätten ergeben, dass eine Hormontherapie die Rezidivrate nicht erhöht, berichtete die Referentin. Eine HRT könne angeboten werden, so ihr Fazit, diese verbessere sogar tendenziell das Outcome. Die aktualisierte S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe verwendet aber eine vorsichtige Formulierung: »Zur Sicherheit einer Hormontherapie nach Behandlung eines Ovarialkarzinoms kann keine zuverlässige Aussage gemacht werden.«

Ob eine HRT nach überstandenem Zervixkarzinom angewendet werden kann, ist ein häufigeres Problem, da diese Krebsart eher bei jüngeren Frauen auftritt. Es gebe zwei Erkrankungsgipfel: der erste im Alter von 25 bis 30 Jahren und ein zweiter zwischen 45 und 49 Jahren. Etwa 70 Prozent der betroffenen Frauen sind bei der Diagnose unter 54 Jahren. Bei der Fragestellung zur HRT nach Gebärmutterhalskrebs sei die Studienlage äußerst dünn, nur zwei Publikationen lägen vor, berichtete Fehm. Eine Untersuchung aus dem Jahr 1987 mit 120 Patientinnen, die nach einer Therapie des Gebärmutterhalskrebses im Schnitt für fünf Jahre beobachtet wurden, ergab keinen Einfluss der HRT auf Überleben und Rezidivrisiko (»Gynecologic Oncology«, DOI: 10.1016/0090-8258(87)90270-8).

Eine zweite Studie aus dem Jahr 2000 untersuchte, inwieweit die Einnahme von nicht kontrazeptiven Sexualhormonen das Risiko, ein Zervixkarzinom zu entwickeln, beeinflusst. Dabei zeigte sich, dass die Hormoneinnahme das Risiko für ein Adenokarzinom erhöhte, wenn auch nicht signifikant, für ein Plattenepithelkarzinom aber nicht (»Gynecologic Oncology«, DOI: 10.1006/gyno.2000.5731). Offizielle Empfehlungen, ob eine HRT bei Frauen nach einer Zervixkarzinomtherapie gegeben werden kann, gebe es nicht. Fehms Ansicht nach ist ein Einsatz bei Frauen mit starker Symptomatik aber möglich.

Eine weitere gynäkologische Tumorart ist das Endometriumkarzinom. Das mittlere Erkrankungsalter des Gebärmutterkrebses liegt bei 69 Jahren. Ein entsprechend kleiner Anteil der Patientinnen ist daher prämenopausal. »Da die Tumoren meist Hormonrezeptor-positiv sind, also hormonabhängig wachsen, ist man bei dieser Indikation besonders skeptisch, eine HRT bei menopausalen Beschwerden anzubieten«, erklärte Fehm. Allerdings zeigten Studien, dass die Therapie mit keinen erhöhten Risiken verbunden ist. Auch eine Metaanalyse aus dem Jahr 2014 kam zu dem Schluss, dass eine HRT die Rezidivrate nicht erhöht (»European Journal of Cancer«, DOI: 10.1016/j.ejca.2014.03.006). Eine HRT könne somit Patientinnen angeboten werden, bei denen nicht hormonelle Alternativen zur Reduktion der menopausalen Beschwerden versagt hätten.

Bei Brustkrebs tabu

Das größte onkologische Patientenklientel in gynäkologischen Praxen sind allerdings Frauen mit Brustkrebs. Dieser ist mit etwa 70 000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland die häufigste Krebserkrankung der Frau. Für betroffene Frauen kommt eine HRT nicht infrage, weil diese das Rezidivrisiko erhöht. Vielmehr ist die Estrogen-Deprivation mittels Tamoxifen und/oder Aromataseinhibitoren bei Hormonrezeptor-positiven Tumoren Standard. Keinesfalls sollte zur Behandlung der menopausalen Beschwerden auf das synthetische Steroid Tibolon ausgewichen werden, da dieses ebenfalls das Rezidivrisiko erhöht, sagte Fehm. »Das ist keine Option.« Bei anderen gynäkologischen Tumoren wurde das Risiko der Substanz aber nicht untersucht.

Was sind die Alternativen? Gegen die vaginale Atrophie können Estrogene lokal eingesetzt werden. Vaginal appliziert, werden die Hormone kaum in den Blutkreislauf aufgenommen. »Estriol gilt als onkologisch sicher«, sagte die Referentin. Es sei daher gegenüber Estradiol zu bevorzugen.

Als weitere Alternativen komme der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin infrage, berichtete Fehm. Mit diesem lassen sich vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche ähnlich gut therapieren wie mit Estrogen. Das zeigte eine Untersuchung, die 2014 in »JAMA Internal Medicine« erschien (DOI: 10.1001/jamainternmed.2014.1891). Durch beide Therapien nahm die Frequenz der vasomotorischen Symptome innerhalb von acht Wochen um etwa 50 Prozent ab. Venlafaxin hat für diese Indikationen allerdings keine Zulassung.

Fehm sprach sich auch für den Einsatz von kognitiver Verhaltenstherapie und für einen Versuch von alternativen Therapien wie Akupunktur aus. Laut S3-Leitlinie Mammakarzinom der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sollen alternative Verfahren und auch der Einsatz von Soja-Supplementen allerdings nicht empfohlen werden.

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