Hämorrhoidalleiden ansprechen, nicht aussitzen |
Die Eigendiagnose Hämorrhoiden oder einen konkreten Produktwunsch: Das kennt jeder in der Offizin Arbeitend. Um dann kompetent beraten zu können, empfiehlt es sich, gezielt nachzufragen. / Foto: Adobe Stock/MP Studio
Die Mehrheit der Deutschen lässt sich Zeit, wenn es um das große Geschäft geht. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von Bilendi im Auftrag von Dr. Kade, die unter 1104 Erwachsenen im Alter von 25 bis 69 Jahren im Januar zum Thema »Toilettenverhalten« durchgeführt wurde. 34 Prozent geben an, oftmals länger als nötig auf der Toilette sitzenzubleiben, um eine kurze Auszeit etwa von der Hausarbeit oder der Familie zu haben. Das machen Männer übrigens häufiger (43 %) als Frauen (24 %).
58 Prozent erzwingen oftmals ihren Stuhlgang, um nicht unterwegs in ungewohnter Umgebung gehen zu müssen. Jeweils 54 Prozent unterdrücken den Stuhlgang oder nutzen ihr Handy, während sie auf dem stillen Örtchen verweilen. Letzteres scheint besonders bei der jüngeren männlichen Generation (bis 44 Jahre) beliebt zu sein. Annähernd 80 Prozent schauen während des Stuhlgangs aufs Smartphone.
Ein solches Verhalten kann Dr. Gabriela Popovich, Fachärztin für Chirurgie und Proktologie aus Hamburg, nicht gutheißen. »Falsches Toilettenverhalten ist nicht nur eine der wesentlichen Ursachen für vergrößerte Hämorrhoiden, sondern kann auch bestehende verschlechtern«, sagte sie bei einer Presseveranstaltung von Dr. Kade. Vielmehr sollte auf ein richtiges WC-Verhalten Wert gelegt werden. »Es ist darauf zu achten, erst auf die Toilette zu gehen, wenn man muss, und nicht den Stuhlgang zu erzwingen. Ebenso sollte er nicht aufgehalten werden. Auch lange Sitzungen gilt es zu vermeiden. Ganz wichtig auch: nicht pressen und drücken.« Popovich sprach von Studien, die zeigten: »Je besser das WLAN, desto länger die Sitzungen.«
Das unliebsame Leiden wird durch längere Sitzungen begünstigt, da der erhöhte Druck auf die Blutgefäße im Bereich des Afters zu Schwellungen und Vergrößerungen führen kann. Dieser Druck kann den Blutfluss beeinträchtigen und somit das Risiko für Hämorrhoidalleiden erhöhen.
Neben der medikamentösen Therapie sind es kleine, aber dauerhafte Änderungen und Anpassungen im Alltagsrhythmus, um Beschwerden mit Hämorrhoiden in den Griff zu bekommen (»Basismaßnahmen«):
Beschwerden rund um den Po sind und bleiben ein Tabuthema. Drei Viertel der Befragten gaben in der Umfrage zudem an, dass es ihnen unangenehm ist, in der Apotheke über ihre Beschwerden zu sprechen. Mehr als die Hälfte lässt auch beim Gespräch in der Arztpraxis Zurückhaltung bei der Symptomschilderung walten. Dementsprechend hoch ist auch der Anteil derjenigen (63 %), die sich bei anorektalen Beschwerden Rat im Internet holen.
»Dabei ist eine offene Kommunikation so wichtig, um Hemmungen abzubauen. Das geht nur durch empathische Beratung, aktives Zuhören sowie gezieltes Nachfragen, und zwar sowohl in der Offizin als auch bei uns in der Arztpraxis.«
Das A und O einer guten Beratung sei, sich ein genaues Bild von den Beschwerden zu machen und gezielt nach den konkreten Symptomen zu fragen. »Die meisten Patienten haben nicht nur ein, sondern mehrere Beschwerden. Juckreiz, Brennen, ein Gefühl der unvollständigen Entleerung, Nässen, Stuhlschmieren, Blutungen und ein Druck- sowie Fremdkörpergefühl – und zwar in dieser Reihenfolge –, sind die häufigsten Beschwerden«, informierte die Proktologin mit dem passenden Namen für ihr Fachgebiet.
90 Prozent der Patienten würden unabhängig vom Stadium ihres Hämorrhoidalleidens mit einer konservativen Therapie symptomfrei, schätzte Popovich. Aber: »Wenn Beschwerden nach einer kurzen Zeit der Selbstmedikation nicht verschwinden oder immer wieder erneut auftreten, sollte das Apothekenpersonal an den Arzt verweisen. Und Blutungen und deutliche Schmerzen sollten in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden.«
Gegebenenfalls ist eine Sklerosierung, also eine Verödung angezeigt. Als weitere stadiengerechte Therapie nannte die Expertin die semi-operative Gummibandligatur, bei der die vergrößerten Hämorrhoiden mit einem Gummiring abgebunden werden. Dadurch wird das Gewebe nicht mehr durchblutet und fällt dann ab. Die Erfolgsquote liege bei rund 80 Prozent für zwei Jahre. »Diese ist jedoch im Wesentlichen auch davon abhängig, wie konsequent die Betroffenen Basismaßnahmen umsetzen«, so Popovic (siehe Kasten). Operative Eingriffe würden nur selten notwendig, und zwar bei stark symptomatischen, stark vergrößerten Hämorrhoiden und je nach Leidensdruck.
Wie geht das pharmazeutische Personal am besten vor? Klagen Betroffene über Juckreiz, Brennen und Schmerzen beim Toilettengang, ist eine Rektalsalbe mit einem Lokalanästhetikum wie Lidocain (wie Posterisan® akut, der einzigen rezeptfrei erhältlichen Salbe, die Lidocain enthält) oder Quinisocain (wie Haenal® akut) eine gute Empfehlung. Sie erzielen eine schnelle Schmerzlinderung innerhalb von 30 Minuten im Analbereich während der Akutphase und können bis zu drei Tage lang angewendet werden. Auch ein Juckreiz lässt sich damit gut angehen. Das verhindert zudem, dass die Haut in der Analregion durch Kratzen beschädigt wird, sich dadurch entzündet und ein Teufelskreis entsteht.
Bei Juckreiz, Brennen und Nässen als Hauptbeschwerden sind Adstringenzien eine gute Wahl. Sie wirken austrocknend, schwach blutungsstillend und antiinflammatorisch. Dabei die größte Bedeutung haben Zubereitungen mit Gerbstoff-haltigen Drogenauszügen wie aus den Blättern und der Rinde der virginianischen Zaubernuss Hamamelis (wie Faktu® lind, Hametum®) oder mit basischem Bismutgallat (wie Mastu®). Adstringenzien können in sowie nach der Akutphase zur Behandlung bis zu vier Wochen lang angewendet werden.
Die Kombination der Wirkstoffe und Darreichungsformen bringt zusätzliche Effekte. So nimmt eine Lidocain-haltige Salbe tagsüber schnell die Beschwerden, über Nacht hilft die Anwendung von adstringierend wirkenden Präparaten, um Brennen, Nässen und den Juckreiz zu lindern und den Heilungsprozess zu fördern. Für die Nacht sind Zäpfchen empfehlenswert, dann haben sie Zeit, abzuschmelzen, und die Wirkstoffe bleiben an Ort und Stelle.
Auch zur Prophylaxe von erneut auftretenden Hämorrhoidalsymptomen und zur Pflege des Analbereichs hat sich eine Schutzsalbe mit Jojobawachs, Cetiol und Bienenwachs (wie Posterisan® protect) bewährt. Sie legt sich wie ein wasserabweisender Schutzmantel über die empfindliche Analregion. Dadurch wird die Haut gepflegt und der empfindliche Bereich vor Reizungen geschützt. »Man kann die Schutzsalbe auch vor dem Stuhlgang auftragen, um die Region weich und geschmeidig zu halten und zu verhindern, dass es durch die Stuhlsäule zu erneuten Einrissen kommt«, so Popovich.