Gut 40 Prozent der Apotheken droht Bankrott |
Jennifer Evans |
10.07.2024 12:18 Uhr |
In Finnland gibt es laut ABDA-Zahlen aktuell insgesamt 827 Apotheken. Knapp die Hälfte ist von den Reformplänen der Regierung bedroht. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Statt Stärkung des Apothekensektors, steht vielen Offizinen womöglich der Ruin bevor, wenn die finnische Regierung ihre Kürzungen im Finanzplan durchzieht. Die »Helsinki Times« berichtete über die aktuellen Berechnungen des Apothekerverbands. Im schlimmsten Fall geht dieser von einem Konkurs bei mehr als 40 Prozent der Apotheken aus.
Konkret sieht der Aktionsplan der Regierung vor, einige der am häufigsten verwendeten Selbstmedikationsprodukte außerhalb der Apotheken verfügbar zu machen. Schätzungen des Interessenverbands zufolge könnte das für die Offizinen auf einen Verlust zwischen 10 und 50 Millionen Euro hinauslaufen. Auch am Erstattungs- und Referenzpreissystem will die finnische Regierung demnach nachbessern, um ab 2025 Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro für das Gesundheitssystem einzusparen. Im Jahr 2027 ist die Rede davon, weitere 10 Millionen Euro einzusparen.
Die geplanten Kürzungen würden Apotheken dazu zwingen, ihre Personalkosten anzupassen, weil diese fast 60 Prozent ihrer Betriebskosten ausmachten, so der Apothekerverband. Als Folge käme es vermutlich zur einer Verschlechterung der Leistungen sowie verkürzten Öffnungszeiten. Dabei lohne sich die pharmazeutische Beratung, konterte der Verband gegenüber der »Helsinki Times«. Andernfalls würden schließlich immer mehr Menschen grundlos überlastete Gesundheitszentren oder Notaufnahmen aufsuchen müssen.
Außerdem sparte der Apothekensektor dem Gesundheitssystem noch an einer anderen Stelle Geld ein – nämlich durch die Ausweitung der Substitutionsregelung für biologische Arzneimittel, so der Verband. Seit dem 1. April 2024 können die Apotheken ausgewählte Biologika austauschen, ab 2025 soll die Substitution dann für fast alle Biologika möglich sein.
Statt Rotstift forderte der Verband eine Strukturreform von der Politik. Und zwar mit weniger Bürokratie, finanziellen Anreizen sowie Anpassungen bei der Apothekenbetriebssteuer, die sich künftig an der Gewinnmarge statt am Umsatz orientieren sollte. Nicht zuletzt gehören eine Inflationsanpassung sowie ein staatlicher Zuschuss für kleinere Apotheken schon länger zu den Forderungen der finnischen Apothekerschaft.
Die angespannte Lage im Apothekensektor führte im vergangenen Jahr außerdem noch einmal eine Auswertung des finnischen Statistikamts vor Augen, über die der Apothekerverband berichtete. Daraus ging hervor, dass die Preise für Rx-Medikamente in den vergangenen zwanzig Jahren um ein Drittel gesunken waren. Auch bei den OTC-Präparten hatte es mit 3 Prozent keinen üppigen Zuwachs gegeben. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum waren die Verbraucherpreise insgesamt aber im Schnitt um mehr als 46 Prozent gestiegen.
Eine andere Studie hatte kürzlich ergeben, dass viele Finnen Arzneimittel ungenutzt zurückgeben. Auch darauf hatte der Verband aufmerksam gemacht. Der Wert beläuft sich laut der Befragung auf 81 Millionen Euro pro Jahr. Neben Medikamenten haben die Finnen auch Nahrungsergänzungsmittel sowie CE-gekennzeichnete Medizinprodukte retourniert. Am häufigsten trugen die Finnen demnach Schmerzmittel, vor allem mit Paracetamol, zurück in die Offizinen.
Als Gründe nannten die Patienten die kurze Haltbarkeit der Präparate nach dem Öffnen, die Verbesserung ihrer Erkrankungssymptome, generell zu große Packungen beziehungsweise die Umstellung auf ein anderes Medikament. Angesichts der Ergebnisse hatte der finnische Apothekerverband vorgeschlagen, neue Behandlungen stets mit der kleinsten Packungsgröße zu starten.