Grünes Licht für Lenacapavir als HIV-PrEP |
| Laura Rudolph |
| 25.07.2025 15:46 Uhr |
Lenacapavir muss nach einer Auftitrierungsphase nur noch zweimal im Jahr gespritzt werden, was die Compliance im Vergleich zu einer oralen Prophylaxe mit täglicher Einnahme deutlich erhöht. / © Getty Images/Anna Efetova
Nachdem der erste Kapsid-Inhibitor Lenacapavir in der EU bereits zur Therapie von Menschen mit HIV-Infektion zugelassen ist (Sunlenca®, Gilead, in Deutschland noch nicht auf dem Markt), hat sich die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) nun auch für die Zulassung als HIV-Präexpositionsprophylaxe (HIV-PrEP) ausgesprochen. Das teilte die Behörde heute mit. In den USA ist Lenacapavir schon seit etwas mehr als einem Monat zur PrEP zugelassen (Yeztugo®, Gilead).
Das EU-Präparat für die PrEP hat Gilead Yeytuo® getauft. Es ist indiziert zur Verringerung des Risikos einer sexuell übertragenen HIV-Infektion bei Erwachsenen und Jugendlichen mit mindestens 35 kg Körpergewicht, die ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben, und soll in Kombination mit Safer-Sex-Praktiken angewendet werden.
Yeytuo wird als Lösung zur subkutanen Injektion mit 463,5 mg Lenacapavir pro 1,5 Milliliter und als 300-mg-Tabletten (zur Auftitrierung) erhältlich sein. Vor dem Behandlungsstart muss ein negativer HIV-Test vorliegen. Die Aufdosierungsphase beginnt an Tag 1 mit zwei 1,5-Milliliter-Spritzen (zusammen 927 mg Wirkstoffgehalt) sowie zwei Tabletten (insgesamt 600 mg Lenacapavir oral). An Tag 2 nimmt der Patient nochmal zwei Tabletten ein. Als Erhaltungsdosis wird fortan alle sechs Monate 927 mg Lenacapavir gespritzt.
Genau wie für die FDA-Entscheidung waren auch für das EMA-Votum die Daten der Phase-III-Studien PURPOSE 1 und PURPOSE 2 entscheidend. An ersterer Studie nahmen 5338 junge Frauen in Südafrika und Uganda teil. Keine von ihnen infizierte sich unter Lenacapavir mit HIV. Unter der oralen PrEP mit Emtricitabin/Tenofoviralafenamid (Truvada®) oder Emtricitabin/Tenofovirdisoproxilfumarat kam es dagegen zu 2,02 beziehungsweise 1,69 Infektionen pro 100 Personenjahre. Ebenso schützte Lenacapavir in der PURPOSE-2-Studie Männer, die Sex mit Männern haben, zu 99,9 Prozent vor einer HIV-Infektion.
In der Regel folgt die Europäische Kommission, die über die Zulassung entscheidet, der Empfehlung der EMA. Sobald sie final grünes Licht gibt, werden vermutlich sowohl das Präparat zur Behandlung als auch das zur Prävention in Deutschland auf den Markt kommen. Die positive Stellungnahme der EMA sei »ein wichtiger Schritt hin zu einer neuen HIV-Präventionsoption, die dazu beitragen könnte, die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen in ganz Europa zu erfüllen und das EU-Ziel, bis 2030 keine neuen HIV-Infektionen mehr zuzulassen, zu erreichen«, kommentierte Dr. Jean-Michel Molina von der Université Paris Cité in einer Pressemitteilung des Herstellers.
Yeytuo wird gleichzeitig im zentralisierten EU-Zulassungsverfahren und im Programm »EU-Medicines for all« (EU-M4all) geprüft. Letzteres soll den Zugang zu wichtigen Medikamenten in Ländern außerhalb der EU erleichtern. Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits eine Empfehlung zum Einsatz der Lenacapavir-PrEP ausgesprochen hat, ist zu erwarten, dass sie schnell international breite Anwendung finden wird.