Grippeimpfung schützt in dieser Saison nur mäßig |
Theo Dingermann |
03.03.2025 16:20 Uhr |
Hat es sich gelohnt? Einer Auswertung europäischer Daten zufolge schützte die Grippeimpfung in diesem Winter gegen Influenza-A-Viren schlechter als gegen Influenza-B-Viren. / © Getty Images/Jasmin Merdan
Eine aktuelle Auswertung vorläufiger Daten zur Impfstoffwirksamkeit (Vaccine Effectiveness, VE), die das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) jetzt im Journal »Eurosurveillance« publizierte, deutet an, dass auch in dieser Influenzasaison die Grippeimpfstoffe nicht alle Erwartungen erfüllen konnten. Die Studie deckt einen Zeitraum zwischen September 2024 und Januar 2025 ab und enthält Daten aus 17 europäischen Ländern. Grob zusammengefasst lag die VE demnach gegen Influenza A zwischen 32 und 53 Prozent in der Primärversorgung und zwischen 33 und 56 Prozent im Krankenhausbereich. Zudem deuten die Daten eine höhere VE gegen Influenza B (≥ 58 Prozent) an.
Die Untersuchung basiert auf fünf Einzel- und drei multinationalen Studien, die sowohl Primärversorgungs- als auch Krankenhausdaten umfassen. Drei der multizentrischen Studien (EU-H, EU-PC und UK-PC) verwendeten eine prospektive Patientenrekrutierung, während fünf Studien eine elektronische Datenbankverknüpfung nutzten (DK-H, DK-PC, EN-H, NI-H, SC-H).
Die Impfstoffwirksamkeit wurde nach einem Test-negativen Design ermittelt. Patienten, deren Influenza-ähnliche Erkrankung (ILI) oder akute Atemwegsinfektion (ARI) durch eine RT-PCR als Influenza bestätigt wurde, galten als Grippefall, während Personen mit negativem Influenzatest als Kontrollgruppe dienten. Der Impfstatus wurde auf Basis von elektronischen Datenbanken oder durch direkte Patientenbefragung erfasst. Patienten, die weniger als 14 Tage vor Symptombeginn geimpft worden waren, wurden nicht in die Auswertung eingeschlossen.
Eine Auswahl von Proben wurde zudem genetisch charakterisiert, um die Viruskladenverteilung zu bestimmen. Influenza-A(H1N1)pdm09 war in allen Studien der vorherrschende Subtyp und machte zwischen 57 Prozent und 93 Prozent der Influenza-A-Subtypen aus. Der Anteil der Influenza-B-Fälle schwankte erheblich und reichte von 2 bis 37 Prozent, heißt es in dem Bericht.
Gegen jegliche Influenza betrug die VE in der Primärversorgung für alle Altersgruppen zwischen 40 Prozent und 53 Prozent, wobei die Wirksamkeit bei Personen über 65 Jahren am niedrigsten war (0 Prozent in EU-PC, 38 Prozent in der UK-PC). In Krankenhausstudien lag die VE zwischen 34 und 52 Prozent.
Die Wirksamkeit gegenüber Influenza-A(H1N1)pdm09 variierte stark zwischen 30 und 72 Prozent je nach Setting und Altersgruppe. Besonders auffällig war die niedrige Schutzwirkung bei älteren Erwachsenen (38 bis 45 Prozent) im Krankenhausbereich sowie bei Kindern im ambulanten Setting der EU-PC-Studie (12 Prozent) und bei Senioren in der EU-PC-Studie (–22 Prozent). Die genetischen Analysen deuteten darauf hin, dass sich die vorherrschenden Virusstämme leicht von der Impfstoffformulierung unterscheiden, was möglicherweise zu einer reduzierten Schutzwirkung führt.
Die VE gegenüber Influenza-A(H3N2) war insgesamt noch geringer und reichte in der Primärversorgung von 29 bis 47 Prozent. Auffällig war eine hohe Schutzwirkung bei Kindern (83 Prozent in der UK-PC), während die VE in Erwachsenenpopulationen deutlich niedriger ausfiel. Dies könnte auf einen stärkeren genetischen Drift in den zirkulierenden Stämmen zurückzuführen sein.
Demgegenüber war die VE gegenüber Influenza B durchgehend hoch mit Werten zwischen 58 und 88 Prozent, unabhängig von Alter oder Setting. Dies könnte damit zusammenhängen, dass der Impfstoffstamm genetisch sehr eng mit der zirkulierenden Virenklade verwandt ist.
So zeigen die vorläufigen Daten, dass die Influenza-Impfung in der aktuellen Saison einen relevanten Schutz bietet, insbesondere gegen Influenza B-Viren und gegen schwere Erkrankungen. Für Influenza A-Viren, insbesondere für die dominante A(H1N1)pdm09-Variante, deutet sich im Vergleich zur Vorsaison eine schlechtere VE an. Dies könnte auf Escape-Mutationen innerhalb der Subclade C.1.9 hindeuten.
Die geringere VE gegen A(H3N2) erfordert weitere Untersuchungen zur antigenetischen Charakterisierung der zirkulierenden Viren, um die Impfstoffzusammensetzung für zukünftige Saisons zu optimieren. Allerdings sind die Zahlen für die Influenza-A(H3N2) auch am unzuverlässigsten, da relativ wenige Fälle gemeldet wurden. Da insbesondere ältere Erwachsene von einer niedrigeren VE betroffen sind, sollten für diese Bevölkerungsgruppe neben der Impfung zusätzliche Schutzmaßnahmen in Betracht gezogen werden.
Tatsächlich hat die WHO am 28. Februar die Empfehlungen für die Zusammensetzung der Grippeimpfstoffe in der kommenden Saison veröffentlicht: Sowohl in den hühnereibasierten als auch in den zellbasierten, rekombinanten oder mRNA-basierten Impfstoffen soll die A(H3N2)-Komponente ausgetauscht werden.