GKV fordert Senkung der Mehrwertsteuer |
Der GKV-Spitzenverband spricht sich dafür aus, die für 2023 erwartete Finanzierungslücke in der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel auf 7 Prozent zu stopfen. / Foto: imago images/Steinach
Der Regierungsentwurf von Professor Karl Lauterbach wurde bereits von Politik, Kassen und Industrie scharf kritisiert. Die ABDA bezeichnete die De-facto-Honorarkürzung für alle Apothekerinnen und Apotheker bereits als eine »schallende Ohrfeige«. Denn: Das BMG will den Kassenabschlag in den Jahren 2023 und 2024 auf 2 Euro erhöhen – im Apothekensektor sollen so 170 Millionen Euro eingespart werden. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll die für 2023 erwartete Finanzierungslücke in der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von geschätzt 17 Milliarden Euro geschlossen werden.
Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV) lehnt die vorgesehenen Sparmaßnahmen ab und erwartet deutliche Nachbesserungen an dem Gesetz, heißt es in der heute veröffentlichten Pressemitteilung des Verbandes. Eine Maßnahme zur »weiteren substanziellen und dauerhaften Entlastung der GKV-Finanzen« ist für den Verband die Senkung der Mehrwertsteuer für Arznei- und Hilfsmittel von 19 Prozent auf 7 Prozent, erklärte der Verband in der Mitteilung. Diese Senkung sei »notwendig, sachlich begründet europarechtlich explizit möglich«. Es sei »nicht nachzuvollziehen, warum (lebens-)notwendige Humanarzneimittel höher besteuert werden als z. B. Süßigkeiten, Katzenfutter oder Tierarzneimittel«, erläuterte der Verband.
Durch diese Maßnahme würde die gesetzliche Krankenversicherung voraussichtlich um über 5 Milliarden Euro entlastet. Der Staat müsse »endlich seinen Verpflichtungen nachkommen und die Ausgaben, die den Krankenkassen dadurch entstehen, dass sie originäre staatliche Aufgaben übernehmen, ordnungspolitisch korrekt und vor allem vollständig aus Steuermitteln übernehmen«, so der Verband. Die Mehrwertsteuersenkung hatte der Verband auch schon im April dieses Jahres gefordert.
Außerdem wird die Regierungskoalition dazu aufgefordert, ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen und die Beiträge zur Gesundheitsversorgung von ALG-II-Beziehenden auf ein kostendeckendes Niveau anzuheben und den Bundeszuschuss zu dynamisieren.
Vor allem kritisiert der Verband jedoch, dass die Hauptlast bei der Finanzierung den Beitragszahlenden aufgebürdet werden soll – »über einen neuerlichen Rückgriff auf die Finanzreserven der Krankenkassen, rückzahlbare Darlehen und die Anhebung der Beitragssätze«, heißt es in der Mitteilung. »Dies stellt eine weitere und schwerwiegende Einschränkung der Finanzhoheit der Selbstverwaltungsorgane dar.« Gerade vor dem Hintergrund der massiven Kostensteigerungen durch die drastisch gestiegenen Energiepreise müsse jetzt alles getan werden, damit Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nicht unnötig durch höhere Beiträge zusätzlich belastet werden. »Dies gilt ganz besonders, da viele der vom Gesetzgeber beschlossenen Entlastungsmaßnahmen, wie die Energiepreispauschale, der Kinderbonus oder der Tankrabatt, im kommenden Jahr nicht mehr gelten werden«, so der Verwaltungsrat des GKV-SV. Dringend zu vermeiden sei, dass die Wirksamkeit des weiteren, von der Bundesregierung angekündigten Energieentlastungspakets durch eine Anhebung der Zusatzbeitragssätze konterkariert werde.
Zudem kritisiert der Verband den vorgesehenen »massiven Eingriff in die Finanzautonomie der selbstverwalteten gesetzlichen Krankenversicherung« und bezeichnet ihn als »verfehlt«. Zusammen mit der Absenkung der Mindestrücklage würden finanzielle Risiken für die Krankenkassen drohen und mittelbar Haftungsrisiken für die GKV-Gemeinschaft und damit mögliche Auswirkungen auch auf Leistungserbringende. Ziel müsse es sein, auch weiterhin eine bedarfsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen.