Gilt das Boni-Verbot jetzt für alle? |
Alexander Müller |
17.04.2025 15:32 Uhr |
Die AKNR geht erneut gegen Rx-Boni eines Versenders vor und argumentiert mit der EuGH-Rechtsprechung. / © Imago/Patrick Scheiber
Aktueller Aufreger sind der Freundschafts-Vorteil sowie ein Bonus für Privatversicherte. Bei ersterem sollen Kunden des Versenders neue Kunden werben. Dafür werden beide mit einem Gutschein im Wert von 20 Euro belohnt. Dieser kann entweder mit der Zuzahlung verrechnet werden oder mit anderen bestellten Produkten. Die Bewerbung sei schon dann unzulässig, wenn einer der beiden Alternativen rechtswidrig sei, argumentiert die Kammer. Sie hat dem Versender nach eigenen Angaben eine Abmahnung geschickt.
Für einen erheblichen Anteil der angesprochenen gesetzlich Versicherten falle schon gar keine Zuzahlung an, aufgrund einer Befreiung oder der generellen Zuzahlungsfreiheit gemäß den Preisregularien. Für die Adressaten gehe es also vornehmlich um den Bezug anderer Präparate, so die Kammer. Tatsächlich dürfe der Gutschein aber nicht auf OTC-Arzneimittel gewährt werden, wie das Landgericht Freiburg unlängst entschied.
Für die Kunden sei zudem nicht ersichtlich, wofür sie den Gutschein einlösen können. Die Einschränkung auf »Artikel, für die heilmittelwerberechtlich keine Rabattgutscheine gewährt werden dürfen« verstoße gegen das Transparenzgebot gemäß dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, argumentiert die Kammer.
Der 20-Euro-Gutschein für den Werbenden ist aus Sicht der Kammer eine unzulässige Werbegabe für Arzneimittel, da er auch rezeptfreie Medikamente umfasst. Zudem werde der übermäßige Verbrauch gefördert und Doc Morris verstoße gegen die unternehmerische Sorgfalt.
Die Kammer Nordrhein hinterfragt auch erneut die EuGH-Entscheidung von 2016, wonach sich ausländische Versender nicht an die deutschen Preisvorschriften halten müssen. Denn die Luxemburger Richter hatten ihr Urteil damit begründet, dass die Versender Rabatte gewähren müssten, um im Wettbewerb mit Vor-Ort-Apotheken bestehen zu können.
Abgesehen davon, dass diese Lesart bei der Kammer nicht geteilt wird, habe sich die Situation mit der Einführung des E-Rezepts und dem Card-Link-Verfahren jedenfalls verändert. Insofern ließen sich die deutschen Preisvorschriften heute doch durchsetzen. Denn es wäre dann wieder das Rx-Boniverbot berührt, das mittlerweile im Sozialgesetzbuch V geregelt ist.
Die Kammer sieht in der Werbe-Aktion zudem einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Mit dem Gutschein werde der Patient dazu aufgefordert, weitere nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Doc Morris zu erwerben, so der Vorwurf. Der EuGH habe am 27. Februar 2025 (Az: C-517/23) entschieden, dass die Mitgliedsstaaten verpflichtet, »eine solche Werbung zu untersagen, die in übertriebener und unvernünftiger Weise für den Bezug für Arzneimittel wirbt und damit den unzweckmäßigen und übermäßigen Verbrauch von Arzneimitteln Vorschub leistet«.
Die Kammer geht gegen eine weitere Werbeaktion vor. Denn das Lockangebot »bis zu 30 € Bonus pro Privatrezept« sei ebenso unlauter. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) handele es sich um eine produktbezogene Werbung, auch wenn das gesamte Warensortiment verschreibungspflichtiger Arzneimittel beworben werde. Der Gutschein sei wiederum auch eine Werbegabe im Sinne des HWG.