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Übertriebene Hygiene

Gesunder Ekel oder schon Keimphobie?

Angst vor kleinen Keimen: Experten erklären, wann aus Vorsicht echte oder sogar krankhafte Furcht wird – und was hilft, wenn sie im Alltag einschränkt.
dpa
22.07.2025  08:00 Uhr

Wenn Ängste zur Mysophobie werden

Was nicht bedeutet, dass es nicht Menschen gibt, die dennoch davor Angst haben. Oder die schon beim Gedanken an fremde Toiletten, Fahrstuhlknöpfe oder Treppenhandläufe Übelkeit empfinden und Herzrasen bekommen.

»Spätestens dann sollte man ernsthaft etwas dagegen tun«, sagt Dr. André Wannemüller, Psychologe und Autor (»Ratgeber Phobische Störungen«). Denn dann ist es zu einer sogenannten Mysophobie – der krankhaften Angst vor Schmutz und Ansteckung mit Bakterien und Viren – nicht mehr weit. Was aber ist noch normal und wo wird eine Grenze überschritten?

Klar ist: Dass man sich auf einer Bahnhofstoilette ekelt und sich nicht ohne Desinfektionstücher hinsetzt oder sich davor scheut, etwas anzufassen, was dreckig oder gar nach Exkrementen aussieht, ist absolut nachvollziehbar. Und auch von der Natur bewusst so eingerichtet. »Es ist ein ganz natürliches Verhalten, dass wir bemüht sind, uns vor Kontaminationen zu schützen«, sagt der Privatdozent von der Ruhr-Uni Bochum.

Wenn ich jedoch anfange, vom Treffen mit Freunden früher nach Hause zu gehen, um dort kein WC benutzen zu müssen, wenn ich Restaurant-Besuche ganz vermeide, weil ich dort allerorten von nicht überschaubaren unhygienischen Verhältnissen umgeben bin, sollten die Alarmglocken schrillen. »Dann richtet man seine Alltagsstruktur danach aus, und irgendwann kommt man aus dem Teufelskreis nicht mehr heraus«, warnt Wannemüller.

Strategien gegen die Angst vor Keimen

Wie dann vorgehen, damit sich die Spirale nicht immer weiter dreht? »Gegensteuern kann ich grundsätzlich, wenn ich an mir selbst merke oder es auch von anderen gespiegelt wird, dass ich mit meinem Verhalten übertrieben reagiere und ein bisschen drüber bin«, sagt der Experte für phobische Störungen.

  1. Vorstellungskraft benutzen: Manchmal kann es dann schon helfen, sich ganz realistisch auszumalen, wie lange es dauern würde, wenn ich mich wirklich durch Viren oder Bakterien angesteckt hätte – und schlimme Magen-Darm-Probleme oder gar eine Hepatitis bekomme. Nach einer gewissen Inkubationszeit wird den Betroffenen dann jedoch klar, dass tatsächlich nichts passiert ist.
  2. Probieren statt kontrollieren: Dann kommt der nächste Schritt: »Den Mut aufbringen und sagen, ich teste mal ganz bewusst, was passieren kann.« Und zwar genau in solchen Situationen, die ich vorher immer vermieden habe. Sprich: Den Fahrstuhlknopf drücken, ohne ihn vorher zu desinfizieren, und dann mit dem Finger über die Lippe fahren oder ihn sogar in den Mund stecken.

»Ich provoziere diese vermeintliche Gefahr absichtlich und verzichte bewusst auf die Anwendung von allen Strategien, die Sicherheit schaffen. Denn das ist am Ende eh nur eine Pseudosicherheit«, sagt der psychologische Psychotherapeut.

Die Idee dahinter für Betroffene: Wenn ich dann nach einigen Tagen immer noch gesund bin und all die Horrorszenarien, vor denen ich Angst hatte, nicht eingetroffen sind, kann das dazu führen, dass ich auch die Einschätzung meiner Bedrohungserwartung peu à peu verändere.

Je nachdem, wie stark man sich fühlt und wie mutig man ist, kann man ein solches Verhalten selbst ausprobieren oder sich dabei von einem Therapeuten unterstützen lassen. »Wenn die erwartete Konsequenz ausbleibt, führt es dazu, dass ich immer mutiger werde und auch andere Dinge wage«, sagt Wannemüller.

Sprich: Wenn ich das zunächst noch unerträgliche Gefühl zulasse, wird es nach der Zeit immer weniger. »Am Ende führt dies dann zu einer rationaleren Bedrohungseinschätzung – und dass ich Unsicherheiten tolerieren lerne.«

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