Geschlecht womöglich weniger zufällig als gedacht |
»Der Gedanke, dass das Geschlecht von Nachkommen nicht rein zufällig verteilt ist, wurde bereits früher diskutiert – die Kombination genetischer Marker mit maternalen Einflussgrößen wie Alter ist jedoch neuartig«, ordnet Dr. Jan Korbel ein. Er ist leitender Wissenschaftler beim Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg. Besonders die Identifikation spezifischer genetischer Eigenschaften (SNPs) – zum Beispiel NSUN6 und TSHZ1 – im Zusammenhang mit ausschließlich männlichen oder weiblichen Nachkommen sei interessant. »Neuartig ist auch die statistische Evidenz für altersabhängige Geschlechtsdisposition, was frühere spekulative Beobachtungen empirisch untermauert.«
»Es ist unbedingt darauf hinzuweisen, dass die gefundenen genetischen Eigenschaften (SNPs) in Assoziation mit dem ein oder anderen Geschlecht keinen Hinweis auf funktionelle Zusammenhänge geben«, ergänzt Professor Dr. Christian Schaaf, geschäftsführender Ärztlicher Direktor des Instituts für Humangenetik, Universitätsklinikum Heidelberg. »Die genannten Gene könnten mit der Geschlechtswendigkeit der Kinder etwas zu tun haben, müssen dies aber nicht. Die kausal relevanten Faktoren könnten auch an ganz anderer Stelle im Genom zu finden sein. Es besteht lediglich ein statistischer Zusammenhang zwischen den entsprechenden genetischen Varianten und dem gehäuften Auftreten des einen oder anderen Geschlechts.«
Klinische Konsequenzen sehen die beiden unabhängigen Experten erst einmal nicht. Weitere, unabhängige Studien müssten das Ergebnis noch bestätigen.