Gericht weist Klagen gegen pDL-Schiedsspruch ab |
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied heute über Klagen des GKV-Spitzenverbands und der KV Hessen gegen den pDL-Schiedsspruch vom Mai 2022. / © PZ/Orth
Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) bereitete Ende 2020 den Weg für die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL). Da sich der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und der Deutsche Apothekerverband (DAV) nicht einigen konnten, entschied die Schiedsstelle im Mai 2022 über die konkreten Leistungen und die Vergütung. Seit Juni 2022 können Apotheken nun fünf pharmazeutische Dienstleistungen erbringen und erhalten dafür ein Honorar.
Doch bereits im Juli 2022 klagte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beim LSG Berlin-Brandenburg gegen den Schiedspruch, im August 2022 zog die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen nach. Während der GKV-Spitzenverband gegen die Höhe der Vergütung sowie die pDL zur standardisierten Blutdruckmessung zu Felde zog, sah die KV Hessen die ärztliche Therapieentscheidung in Gefahr. Die KV stellte außerdem einen Eilantrag, den die Richter des LSG aber Anfang Januar 2023 ablehnten.
Heute entschieden die Richter am LSG Berlin-Brandenburg in Potsdam in einer Verhandlung gleich über beide Klagen. Sie wiesen sowohl die Klage der KV Hessen (Az. 4 KR 254/22 KL) als auch die des GKV-Spitzenverbands (Az. L 4 KR 289/22 KL) ab, ließen aber in beiden Verfahren Revision zu.
Die KV Hessen hatte den Schiedsspruch vollständig abgelehnt, da sie ihn als Eingriff in ihre gesetzliche Aufgabe – die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung – ansah. Das LSG erklärte die Klage für unzulässig. Eine Kassenärzliche Vereinigung könne durch die Regelungen zu pharmazeutischen Dienstleistungen in keiner Weise in eigenen Rechten verletzt sein, begründete der Vorsitzende Richter Wolfgang Seifert die Entscheidung.
Der GKV-Spitzenverband hatte gegen die Vergütung der pDL sowie gegen die pDL »Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck« geklagt. Petra Kraftberger aus dem Stabsbereich Justiziariat des GKV-SV monierte, dass die Schiedsstelle nicht ausreichend dargelegt habe, wie sie die Höhe der Vergütung der einzelnen Leistungen errechnet hatte. Außerdem hätten sich bei der Berechnung der Vergütungshöhe Fehler eingeschlichen.
Doch vor allem die pDL »Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck« ist der Kassenseite ein Dorn im Auge. Kraftberger argumentierte, dass es sich dabei um eine reine Messung handele und nicht um eine pharmazeutische Leistung, da keine Beratung stattfinde. »Eine einmalige Blutdruckmessung an Patienten vorzunehmen, die schon ärztlich versorgt sind, bringt nichts«, betonte sie. Sie kritisierte zudem, dass die pDL nicht evidenzbasiert sei. Die Leistungen in Apotheken, die im Entwurf des Gesundes-Herz-Gesetzes geplant sind, seien wesentlich sinnvoller.
Nina Griese-Mammen, Abteilungsleiterin Wissenschaftliche Evaluation bei der ABDA, hielt dagegen, dass die Blutdruckerfassung in Apotheken die Therapietreue der Patienten stärke und daher eine wertvolle Leistung sei. Das hätten Datenerhebungen gezeigt.
Das Gericht wies auch die Klage des GKV-Spitzenverbands ab. Der Vorsitzende Richter Seifert begründete dies damit, dass das Bundessozialgericht Schiedsstellen einen geringen Begründungsaufwand auferlegt habe. Zudem hätten sie einen breiten Gestaltungsspielraum. Daher sei die Schiedsstelle nicht verpflichtet gewesen offenzulegen, wie sie die Höhe der Vergütung der einzelnen pDL errechnet habe.
Auch was den Vorwurf der mangelnden Evidenz bei der pDL »Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck« angehe, könne die Schiedsstelle einen weiten Gestaltungsspielraum geltend machen. Aufgrund limitierter Mittel und zeitlicher Vorgaben sei nicht zu beanstanden, dass die Schiedsstelle die Studienlage bei diesem Thema nicht umfassender berücksichtigt habe, führte Seifert aus.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) begüßte die Entscheidung des Gerichts. »Das sind gute Nachrichten für alle Patientinnen und Patienten«, sagte der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann. Der Schiedsspruch bleibe bestehen und die pharmazeutischen Dienstleistungen könnten weiterhin zugunsten der Versicherten zu den bisherigen Konditionen erbracht werden. »Das aktuelle Urteil bestätigt unseren Weg, den wir mit den pharmazeutischen Dienstleistungen eingeschlagen haben. Unsere Angebote verbessern nachhaltig die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Effektivität der medikamentösen Therapie«, so Hubmann.