Genetische Marker für schwere Covid-19-Verläufe |
Theo Dingermann |
15.03.2022 16:30 Uhr |
Zusammen mit anderen genetischen Studien bedeuten diese Ergebnisse, dass »wir eine solidere Evidenzbasis für das Verständnis von Covid-19 haben als für jede andere häufige Krankheit in der Intensivpflege«, sagt Mitautor Dr. Kenneth Baillie, ein Intensivmediziner und Genetiker an der Universität Edinburgh, gegenüber »Nature«.
Laut Baillie deuten die Funktionen der Gene, die in die neue Analyse einbezogen wurden, auf zwei mögliche Wege zur Entwicklung von schwerem Covid-19 hin. Zum einen könnten Menschen schwer erkrankten, deren Immunsystem die Virusreplikation nicht wirksam unterdrücke, woraus eine hohe Viruslast resultiere. Zum anderen könnten auch Personen mit einer genetischen Prädisposition für Entzündungen oder Blutgerinnungsstörungen schwer erkranken. Bei ihnen reichten dann womöglich relativ geringe Mengen des Virus, um einen gefährlichen Krankheitsverlauf auszulösen.
Die Studie ist ein Beleg dafür, dass ein Genomabgleich zwischen Patienten, die kritisch erkranken, und einer Kontrollpopulation sehr effizient sein kann, um therapeutisch relevante Krankheitsmechanismen zu erkennen. Allerdings ist die Umsetzung genetischer Assoziationen in ein Behandlungskonzept nicht immer einfach. So waren beispielsweise Versuche mit Medikamenten, die auf die Interferon-Signalübertragung abzielen, bei Covid-19-Patienten bisher erfolglos. Und obwohl es sich bei der jüngsten Arbeit um die bisher größte Genomstudie zu schweren Covid-19-Verläufen handele, sei die Stichprobengröße wahrscheinlich immer noch zu gering, um andere seltene Varianten zu erfassen, sagt Dr. Andrea Ganna, Genetiker an der Universität von Helsinki, gegenüber »Nature«.
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