G-BA weitet Neugeborenen-Screening aus |
Christina Hohmann-Jeddi |
19.05.2025 10:00 Uhr |
Neugeborene sollen ab kommendem Jahr auf drei weitere seltene genetische Erkrankungen und auf Vitamin-B12-Mangel getestet werden. / © Getty Images/Natalia Deriabina
Das Screening auf Vitamin-B12-Mangel sowie auf die seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen Homocystinurie, Propionazidämie und Methylmalonazidurie wird künftig Bestandteil der Früherkennungsuntersuchungen bei Neugeborenen. Das teilte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, am 15. Mai mit. Die künftig getesteten Erkrankungen können – unbehandelt – schwere körperliche und geistige Entwicklungsstörungen verursachen. Das Screening soll einen frühen Therapiebeginn ermöglichen.
Für das Screening werden dem Kind am zweiten oder dritten Lebenstag einige Tropfen Blut aus der Ferse entnommen, das auf einer Filterpapierkarte ins Labor gesendet wird. Ist der Befund unauffällig, werden die Eltern nicht weiter benachrichtigt. Bei einem auffälligen Ergebnis erfolgt innerhalb von 72 Stunden eine direkte Kontaktaufnahme durch den Laborarzt. Dann beginnt die diagnostische Abklärung – häufig in spezialisierten Einrichtungen.
Besonders relevant ist die Aufnahme des Vitamin-B12-Mangels in das Screening. Dieser kann genetisch bedingt sein oder erworben – zum Beispiel infolge eines Vitamin-B12-Mangels der Mutter während der Schwangerschaft, der mit einer vegetarischen oder veganen Ernährung zusammenhängen kann. Unbehandelt kann ein Vitamin-B12-Mangel zu Blutarmut und Entwicklungsstörungen beim Kind führen. Er lässt sich durch eine kurzzeitige (bei genetischer Ursache lebenslange) Supplementation beheben.
Die drei neu aufgenommenen Stoffwechselstörungen sind selten, können aber gravierende Folgen haben. Bei Homocystinurie handelt es sich um eine Gruppe von genetischen Erkrankungen, die durch erhöhte Homocysteinwerte im Blut und im Urin gekennzeichnet sind und Entwicklungsstörungen, Sehprobleme und Krampfanfälle verursachen können. Propionazidämie und Methylmalonazidurie sind Stoffwechselerkrankungen, die zum Beispiel zu Herzerkrankungen, Entwicklungsstörungen und Niereninsuffizienz führen können. Durch spezielle Diäten sollen in der Behandlung Stoffwechselentgleisungen vermieden werden.
Da für das erweiterte Screening neue Analyseverfahren und technische Anpassungen in den Screening-Laboren notwendig sind, ist die Umsetzung ab Mai 2026 geplant. Zunächst muss jedoch noch die Stellungnahme der Gendiagnostik-Kommission eingeholt und der Beschluss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Danach wird die neue Regelung in die Kinder-Richtlinie übernommen, die die gesetzlichen Früherkennungsmaßnahmen für Kinder regelt.