Funke kritisiert Spahns »Salamitaktik« |
Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke kritisierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für seine Salamitaktik beim Apothekenhonorar / Foto: LAK Hessen
Wie groß der Ärger im Apothekerlager für das Vorgehen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) derzeit ist, wurde auf der digital ausgerichteten Versammlung der Landesapothekerkammer Hessen am heutigen Dienstag erneut klar. Kammerpräsidentin Ursula Funke, die auch Vize-Präsidentin der Bundesapothekerkammer ist, machte dem Minister deutliche Vorwürfe. Durch die nachträgliche Absenkung der Vergütungen in den Bereichen Masken, Coronavirus-Tests und Impfnachweise sei ein »absoluter Vertrauensverlust« entstanden. Man müsse sich nicht wundern, wenn daraus eine Politikverdrossenheit entstehe. Funke stellte klar, dass ihre Kritik nichts mit der Höhe der Vergütung zu tun habe. Aber sie hätte sich insbesondere bei den Impfnachweisen eine offenere Kommunikation seitens des Ministers gewünscht. »Warum hat man uns nicht von vornherein mitgeteilt, dass es zur Anschubfinanzierung anfangs ein höheres Honorar gibt, das dann abgesenkt wird? Diese Salamitaktik ist inakzeptabel«, so Funke.
Die Kammerpräsidentin übte aber auch Kritik an ihren Kollegen und an der ABDA. Sie kritisierte, dass die Apotheker in der Öffentlichkeit derzeit immer häufiger als »Gewinner der Pandemie« bezeichnet würden. Das liege auch daran, dass einzelne Kollegen öffentlich erklärten, wie gut die Apotheker an den Coronavirus-Maßnahmen verdienten. Kritik an der ABDA übte Funke mit Blick auf den Start der digitalen Impfnachweise. Man müsse dem Deutschen Apothekerverband (DAV) ein Kompliment machen, weil er innerhalb von 14 Tagen die Möglichkeit geschaffen habe, die Impfnachweise über das DAV-Portal zu erzeugen. Allerdings sei die Kommunikation diesbezüglich »grottenschlecht« gewesen. »Wir haben ja quasi aus der Presse erfahren, dass wir die Zertifikate erstellen sollen.« Und auch nach dem Start, beim Auftreten der Verbindungsprobleme im Portal, wäre es schön gewesen, wenn die ABDA auf ihrer Homepage über den aktuellen Stand informiert hätte, so Funke.
Für den Einsatz der Apotheker in der Coronavirus-Pandemie bedankte sich Funke bei den Apothekern. Gerade bei den Impfnachweisen, aber auch bei der Versorgung mit Masken und Tests sowie bei der Impfstoff-Verteilung zeigten die Apotheker erneut, dass die Apotheke alles anbiete, was »zum Thema Gesundheit« dazugehöre. »Die Menschen kommen in die Apotheken – ohne uns wäre vieles nicht gegangen in der Pandemie«, so die Präsidentin.
Mit Blick auf die Coronavirus-Impfkampagne äußerte sich Funke skeptisch, dass schon bald eine Herdenimmunität erreicht wird. Wegen der Schließung der Impfzentren am 30. September sei es »eine Herausforderung« diese zu erreichen, so Funke. Gerade bei Menschen mit einem schwierigen sozio-ökonomischen Hintergrund, die wenig bis gar nicht zum Arzt gehen, sei es schwer, Impfungen zu organisieren.
Ein besonderes Augenmerk richtete Funke in ihrer Rede auch auf die Nachwuchssorgen im Markt der Vor-Ort-Apotheken. Die ABDA hatte kürzlich eine Analyse veröffentlicht, nach der bis 2029 bis zu 10.000 Apothekerstellen in den Apotheken unbesetzt bleiben könnten. Funke erinnerte daran, dass der Bedarf an Apothekern immer größer werde. »Vor diesem Hintergrund ist es schade, dass nicht alle Studienplätze besetzt werden.« Funke verweis zudem darauf, dass die Zahl der Approbierten, die in die Pharmaindustrie gehen, sehr viel schneller wächst als die Zahl der in Apotheken beschäftigten Pharmazeuten. »Wir brauchen hier ganz schnell ein bundesweites Konzept«, forderte die LAK-Präsidentin.