Funke: »Angemessenes Honorar statt Almosen« |
Für die hessische Kammerpräsidentin Ursula Funke geht das Lieferengpassgesetz zwar in die richtige Richtung, hat aber Nachbesserungsbedarf. / Foto: PZ/Elke Wolf
Ja, das Arzneimittel-Lieferengpass-Bekämpfungs- und Versorgungs-Verbesserungsgesetz (ALBVVG) habe positive Ansätze, so die Präsidentin in ihrem Bericht, aber der Berufsstand habe sich tiefergreifende Veränderungen am Preisbildungssystem rund ums Arzneimittel gewünscht. Nicht umsonst sei im Apothekerjargon auch vom Alptraumgesetz die Rede. »Eine gute Gesundheitsversorgung kostet Geld beziehungsweise muss sie auch Geld kosten dürfen. Anstatt dreistellige Millionenbeträge in die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Gesundheitskioske zu stecken, gilt es, bewährte und gut funktionierende Strukturen wie die Apotheken vor Ort zu stärken.«
Diese Art von Parallelstrukturen bezeichnete sie als absolut sinnlos, die Apotheken vor Ort würden dagegen rasiert. »Im Lieferengpassgesetz sind 50 Cent pro Austausch im Engpass-Management stehen geblieben. Das ist und bleibt eine Missachtung und Beleidigung von allen in der Apotheke Tätigen. Das zeigt, dass die Bundesregierung keinerlei Wertschätzung für unsere Arbeit zeigt.« Die komplette Streichung der Nullretaxationen wäre angemessen gewesen anstatt fünf Einzelkonstellationen auszuweisen. »Wer, wenn nicht wir Apotheker, kann beurteilen, ob zwei Darreichungsformen gegeneinander ausgetauscht werden können?“, beklagte Funke das Stückwerk im Gesetz beim Punkt Austauschmöglichkeiten. Auch der Wegfall der Präqualifizierung bei den üblichen Dienstleistungen »wird nicht die große Geld-Welle in die Apotheken spülen«. Ihre Forderung: »Wir brauchen eine angemessene Honorierung für all unseren zusätzlichen Einsatz und kein Almosen für den Klingelbeutel.«
Das Gesetz gehe zwar in die richtige Richtung, aber es müsse dringend nachgebessert werden. Die kurzfristigen Änderungen des am vergangenen Freitag verabschiedeten Gesetzes seien den Abgeordneten zu verdanken gewesen. »Sie sehen, dass die Apothekenteams maximal belastet sind. Doch was nutzt es uns, wenn die Länder hinter uns stehen, wenn das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist? Dazu haben wir einen Bundesgesundheitsminister, der unsere Situation negiert und Auseinandersetzungen aus dem Weg geht. Er interessiert sich einfach nicht für uns. Achselzuckend wird in Kauf genommen, dass alle 17 Stunden in Deutschland eine Apotheke ihre Türen für immer schließt.«.
Da kein sachlicher beziehungsweise überhaupt kein Dialog mit der Politik in Berlin möglich sei, »ist es legitim, für seine Überzeugung auf die Straße zu gehen«. Funke ist sich sicher, dass der Protesttag am 14. Juni in die Apotheken-Geschichte eingehen wird. Jener Tag, an dem nahezu alle Apothekenteams in ganz Deutschland für bessere Rahmenbedingungen, für eine dringend nötige geänderte wirtschaftliche Basis, für eine erleichterte Arzneimittelversorgung, für eine Abschaffung sinnloser Bürokratie und für mehr Attraktivität der Apothekenberufe protestiert haben.
Funke zeigte sich beeindruckt von dem gewaltigen Gefühl des Zusammenhalts, der riesigen Solidaritätswelle, die sich am Protesttag landauf landab breit gemacht habe. Dass bis auf wenige Ausnahmen nahezu alle Apotheken in Deutschland die Türen geschlossen hielten, habe sie zuvor nicht für möglich gehalten. »Quer durch Deutschland waren wir Apotheker geschlossen, sind gemeinsam für unseren Beruf eingetreten, für die Zukunft unseres Nachwuchses, den wir so dringend brauchen. In Wiesbaden waren von den Pharmaziestudenten bis hin zu zahlreichen ‚Apothekerrentnern‘ alle Alters- und Apothekenberufsgruppen auf dem Kranzplatz vor der Staatskanzlei vertreten. Wir haben gezeigt, dass wir gemeinsam laut werden können.«
Sie beschwor den Geist vom Protesttag zu bewahren. »Lassen wir gemeinsam nicht nach, ziehen wir weiterhin an einem Strang, um unsere Forderungen für eine sichere Arzneimittelversorgung und attraktiven Arbeitsplatz umzusetzen. Der Protesttag war zwar der Höhepunkt der Maßnahmen im Frühjahr, aber ganz sicher kein Endpunkt«, stellte die Kammerpräsidentin weitere ABDA-Eskalationsmaßnahmen in Aussicht.
Den festen Willen, etwas zu verändern, zeigt die LAK Hessen auch bei der neu zu gestaltenden Nacht- und Notdienstaufteilung unter den Apotheken. Hier sei dringender Handlungsbedarf, sagte Funke. Durch die vielen Apothekenschließungen sei es zu vielen Turnuskürzungen gekommen – »in ländlichen Gebieten haben wir teils einen 2- bis 3-Tages-Turnus« –, was zum Teil zu immensen Mehrbelastungen der bestehenden Apotheken führte. Mithilfe eines digitalen Konzeptes und der Ausweitung des Radius von 20 auf 25 Kilometer seien detaillierte Pläne im Rahmen der geltenden Rechtslage erarbeitet worden. Derartige Änderungen bedürften der Einverständniserklärung des Sozialministeriums – und die lasse nach wie vor auf sich warten. Ähnliches höre man auch aus benachbarten Kammergebieten, was die Umstellung auf digitale Lösung betreffe.