Für die meisten ist eine »App auf Rezept« sinnvolle Ergänzung |
Daniela Hüttemann |
11.01.2023 16:00 Uhr |
Die meisten der Befragten sind durch ihren Arzt oder Therapeuten auf eine App als Therapieergänzung angesprochen worden. Doch nur 38 Prozent hatten ihr Nutzungsverhalten und die Resultate auch nachher mit den Behandlern besprochen. / Foto: Getty Images/DragonImages
Die 2624 Befragten waren im Schnitt 49 Jahre alt. 50 Prozent waren zwischen 50 und 69 Jahre alt, 37 Prozent zwischen 30 bis 49 Jahre, nur 3 Prozent 70 Jahre und älter. 68 Prozent waren weiblich. Am häufigsten wurden laut AOK die DiGA »Zanadio« bei Adipositas, »Kalmeda« bei Tinnitus, »Vivira« bei Rückenproblemen, »Deprexis« bei Depressionen, »Somnio« bei Schlafstörungen sowie die inzwischen nicht mehr im DiGA-Verzeichnis gelistete Migräne-Anwendung »M-Sense« genannt.
58 Prozent der Befragten stuften die Nutzung einer digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA), wie die verordnungsfähigen Apps offiziell heißen, insgesamt positiv ein. Als größten Vorteil sahen die Patientinnen und Patienten, dass sie sich die Behandlung mit der DiGA zeitlich flexibel einteilen konnten, berichtet die AOK. 40 Prozent gaben an, dass ihnen die Anwendung geholfen habe, ihre Erkrankung besser in den Griff zu bekommen. 38 Prozent hatten ihr Nutzungsverhalten und die Resultate auch mit ihrem Arzt oder Therapeuten besprochen. Zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Therapieplatz seien die DiGA nur in 15 Prozent der Fälle verordnet worden (21 Prozent im Bereich der psychischen Erkrankungen).
DiGA werden quartalsweise, also jeweils für drei Monate verordnet. 38 Prozent nutzten ihre DiGA bis zu drei Monate, 36 Prozent nutzen sie länger. Nur rund ein knappes Viertel nutze die DiGA kürzer als empfohlen, während die Mehrheit den empfohlenen Behandlungsplan exakt eingehalten hatte oder die DiGA sogar länger genutzt hatte.
68 Prozent hatten von ihrem Arzt oder Therapeuten von der DiGA erfahren, 8 Prozent durch eigene Recherche plus 6 Prozent durch Werbung im Internet und 4 Prozent über Social-Media-Kanäle. Andere Informationsquellen lagen bei 3 Prozent oder niedriger. Apotheken informieren also offenbar noch nicht regelmäßig über die digitalen Zusatztherapiemöglichkeiten.
94 Prozent der Befragten hatten die DiGA auf Rezept erhalten, während nur 4 Prozent auf eigene Initiative einen Zugangscode bei ihrer Krankenkasse beantragt hatten. Letzteres ist möglich, wenn eine entsprechende Diagnose bereits vorliegt. Die restlichen 2 Prozent hatten sich ein Attest über ein Online-Angebot ausstellen lassen, wie dies viele DiGA-Anbieter in Kooperation mit Telemedizin-Unternehmen anbieten.
20 Prozent stimmten zu, dass ihr Arzt oder Therapeut sie vor der Anwendung ausführlich über die Funktionen der verordneten DiGA informiert habe; 41 Prozent wurden kurz informiert. Die restlichen 37 Prozent fühlten sich nicht gut über die Funktionen informiert. Den Nutzen für die Gesundheit hatten die Ärzte und Therapeuten dagegen besser erklärt. Hier sieht die AOK noch Verbesserungspotenzial.
57 Prozent fanden, dass die angebotenen Inhalte auf ihre individuelle Krankheitssituation passten. 52 Prozent hatten keine oder größtenteils keine Schwierigkeiten, die Therapieinhalte auch umzusetzen. 28 Prozent gaben hier »teils-teils« an. Nur 16 Prozent sagten, sie hätten zu wenig Zeit für die Nutzung gehabt.
38 Prozent würden eine DiGA-Nutzung weiterempfehlen; 36 Prozent würden dies nicht tun (Rest indifferent). 26 Prozent stimmten zu, sie hielten die DiGA für unverzichtbar. Die AOK interpretiert dies so: »Trotz der insgesamt recht hohen Zufriedenheit mit den Apps auf Rezept sehen wir in den Ergebnissen eine gewisse Zurückhaltung bei der Einschätzung des erlebten Nutzens«, sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands. »Die Ergebnisse spiegeln wider, dass die genutzten DiGA nicht immer dem Bedarf und den Bedürfnissen der Versicherten entsprechen.«
Herkömmliche Therapien vor Ort wie die Physiotherapie bei Rückenbeschwerden seien in vielen Fällen die bessere Wahl – und verursachten laut AOK für die Beitragszahlenden weniger Kosten als eine DiGA-Verordnung. Denn der durchschnittliche Preis je DiGA liegt nach AOK-Angaben bei etwa 500 Euro für eine 90-tägige Nutzung.
Reimann kritisiert: »Die GKV muss in diesen Fällen den vollen Preis für die Anwendungen bezahlen, obwohl die Versicherten sie nicht voll nutzen und die Therapie vorzeitig abbrechen. Sinnvoll wäre daher die verpflichtende Einführung von Test-Zeiträumen, in denen die Anwendung vor der eigentlichen Verordnung ausprobiert werden kann.«