Frauen zeigen bessere T-Zellantworten bei Covid-19 |
Theo Dingermann |
28.08.2020 10:00 Uhr |
Die Immunsysteme von Männern und Frauen reagieren unterschiedlich auf SARS-CoV-2-Infektionen. / Foto: Fotolia/Robert Kneschke
Es ist eines der Rätsel, das uns Covid-19 beschert: Männer erkranken deutlich häufiger und auch heftiger als Frauen, nachdem sie sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Diesem Phänomen sind nun Takehiro Takahashi und Kollegen vom Yale New Haven Hospital, New Haven, USA, in einer Studie nachgegangen, die jetzt online im Fachjournal »Nature« publiziert wurde.
Die Wissenschaftler beobachteten dazu 98 Patienten, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten aber nur leicht bis mäßig schwer erkrankt waren. Das Mindestalter der Patienten betrug 18 Jahre. Im Durchschnitt waren die Patienten zwischen 61 und 64 Jahre alt.
Bei diesen Patienten, die alle im Yale New Haven Hospital in behandelt wurden, bestimmten die Wissenschaftler die Viruslast, die SARS-CoV-2-spezifischen Antikörpertiter, Plasmazytokine sowie die Anzahl verschiedener Immunzellen und deren Verhältnis zueinander, um dann nach geschlechterspezifischen Unterschieden zu suchen.
Zunächst konnten die Forscher bestätigen, dass der Schweregrad der Erkrankung bei Männern tendenziell höher war als bei Frauen. Genauere Untersuchungen zeigten, dass bei den Patientinnen eine robustere und nachhaltigere T-Zell-Antwort nachweisbar war, als bei den männlichen Patienten.
Das ist eine interessante und relevante Beobachtung, denn T-Zellen sind ganz wesentlich daran beteiligt, infizierte Zellen abzutöten. In Form der T-Helferzellen sorgen sie zudem dafür, dass spezifische B-Zellen ausreichend Antikörper produzieren können.
So könnte tatsächlich in den unterschiedlich ausgeprägten T-Zell-Antworten bei männlichen Patienten ein Grund für die größeren Schwierigkeiten des männlichen Immunsystems liegen, mit der SARS-CoV-2-Infektion optimal umzugehen mit der Konsequenz, dass Männer schwerer an Covid-19 erkranken.
Zudem zeigte sich eine deutliche Korrelation einer schlechten T-Zell-Antwort mit dem Alter der Patienten. Bei männlichen Patienten war eine schlechte T-Zell-Antwort sehr viel stärker mit einem schlechteren Krankheitsverlauf assoziiert als bei weiblichen Patientinnen.
Während männliche Patienten auf eine SARS-CoV-2-Infektion mit einer schlechteren T-Zell-Antwort reagieren, lassen sich bei ihnen höhere Konzentrationen an Immunzytokinen und Chemokinen, darunter vor allem IL-8 und IL-18, zusammen mit einer robusteren Induktion nicht-klassischer Monozyten nachweisen. Diese Signalmoleküle des unspezifischen Immunsystems sind entscheidend an dem wichtigen »Crosstalk« zwischen den einzelnen Immunkomponenten beteiligt. Sie triggern die Rekrutierung von Immunzellen in die Umgebung von Entzündungsherden, wo sie dann die ganze Kraft des Immunsystems bündeln.
Wenn bei weiblichen Patienten höhere Konzentrationen der angeborener Immunzytokine gemessen wurden, war dies mit einem schlechteren Krankheitsverlauf verbunden. Bei Männern viel eine solche Korrelation hingegen nicht auf.
Die Studie könnte von großer klinischer Relevanz sein. Denn die Ergebnisse deuten ganz klar Optionen für eine geschlechterspezifischere Therapie der Erkrankung an. So legen die Studienergebnisse nahe, dass männliche Patienten stärker von einer Impfung und einer Therapie profitieren könnten, die darauf abzielt, die T-Zell-Reaktionen zu erhöhen. Bei weiblichen Patienten sollte ein verstärktes Augenmerk darauf liegen, eine zu starke Antwort des frühen angeborenen Immunsystems zu verhindern.
Allerdings warnen die Autoren auch vor Limitationen ihrer Studie. So wäre es zu einfach, Behandlungsschemata ausschließlich auf das Geschlecht der Patienten zu reduzieren.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.