| Theo Dingermann |
| 03.04.2023 09:00 Uhr |
Um zu testen, ob PVC letztlich beim Menschen verwendet werden könnten, setzten die Forschenden ihr Protein-Abgabesystem schließlich auch bei lebenden Mäusen ein. Dazu wählten sie zwei neue Bindungsdomänen: eine modifizierte Domäne des Adenovirus 5 (Ad5-knob(RGD/PK7)) und ein Nanobody, also ein modifizierter monoklonaler Antikörper, der gegen das Maus-spezifische Oberflächenprotein CD45 gerichtet war. Damit gelang es den Forschenden, die bakteriellen PVC-Proteine so zu modifizieren, dass sie erstmals Mäusezellen in vivo als Ziel erkannten.
Zusammenfassend wird in dieser Publikation gezeigt, dass ein eCIS ein programmierbares Proteintransport- und -abgabesystem darstellt, das flexibel modifiziert werden kann, um mit therapeutischen Proteinen beladen zu werden, die an Zellen unterschiedlicher Organismen dirigiert werden, um sie dort gezielt abzugeben.
Der Wissenschaftsinformationsdienst »Science Media Center« hat verschieden Experten nach Ihrer Einschätzung der Arbeiten aus dem Zhang-Labor befragt. Das Urteil ist durchweg positiv:
So antwortet beispielsweise Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin und Leiter der Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen, München Klinik Schwabing: »Zhang und Kollegen präsentieren beeindruckende in vitro Daten für ein neuartiges bakterielles Trägersystem basierend auf einer Photorhabdus Virulenz Kassette (PVC), welches viele Perspektiven in der individualisierten Medizin, nicht zuletzt in der Tumortherapie, eröffnen könnte. Auch wenn noch konkrete Daten in spezifischen Tumortiermodellen fehlen, sind die ersten Ergebnisse, die aktuell in ‚Nature‘ publiziert wurden, beeindruckend genug.«
Dr. Fabian Eisenstein, Post-Doktorand an der Graduate School of Medicine der University of Tokyo, sagt: »Bakterielle Kontraktile Injektionssysteme (CIS) sind wunderbare Nanomaschinen, die die technischen Fähigkeiten der Natur offenbaren. Während die Vielfalt ihrer Funktionen in verschiedenen Organismen noch nicht vollständig erforscht wurde, können die meisten untersuchten Beispiele eine Proteinfracht in einen spezifischen Zielzelltyp injizieren. Daher wurde seit einigen Jahren vorgeschlagen, diese Nano-Spritzen als Grundbaustein für die gezielte Lieferung von Medikamenten auf Molekülebene zu verwenden. Die Arbeit von Kreitz et al. ist ein großer Schritt in Richtung dieses Ziels.«