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Risikoreiche Antibiotika

Fluorchinolone immer noch zu häufig verordnet

Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) schlägt Alarm. Denn viel zu häufig werden nach Meinung des Instituts Fluorchinolone trotz der seit 2008 bekannten Nebenwirkungen verordnet.
Theo Dingermann
24.05.2019  15:08 Uhr

Basis der erneuten Warnung vor diesem Antibiotikatyp ist eine auf der Grundlage von Studienergebnissen vorgenommene Hochrechnung der zusätzlichen Risiken durch Fluorchinolone im Vergleich zu anderen Antibiotika. Danach ist für die schätzungsweise 3,3 Millionen Patienten, die in Deutschland im Jahr 2018 im Rahmen von 3,5 Millionen Therapien mit Fluorchinolonen behandelt wurden, davon auszugehen, dass mehr als 40.000 Patienten zusätzlich von Nebenwirkungen wie einer Schädigung des Nervensystems, der Hauptschlagader oder einem Sehnenriss betroffen waren und sich 140 zusätzliche Todesfälle ereigneten. Viele dieser Fälle wäre vermeidbar gewesen, da oft gut wirksame alternative Antibiotika zur Verfügung gestanden hätten, so der stellvertretende Geschäftsführer des WIdO, Helmut Schröder.

Nach Berechnungen des WIdO erhielt mehr als jeder vierte GKV-Versicherte (20,4 Millionen Versicherte) im Jahr 2018 mindestens einmal eine Antibiotikaverordnung. Fast 5 Prozent der mehr als 72 Millionen GKV-Versicherten wurden mit einem Fluorchinolon behandelt. Und bei fast zwei Drittel dieser Verordnungen (64 Prozent) wurde der Wirkstoff Ciprofloxacin verschrieben.

Das spricht nicht dafür, dass Fluorchinolon-Antibiotika als Mittel der Reserve wahrgenommen werden, die ausschließlich bei schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Infektionen zum Einsatz kommen sollten. Verschärft wird dieses Problem zusätzlich durch das beachtliche Risiko, das mit der Einnahme eines Fluorchinolons verbunden ist. Unterstützt durch den Freiburger Infektiologen Professor Dr. Winfried V. Kern veranschaulicht eine Abschätzung des WIdO das Ausmaß der vielfach vermeidbaren Risiken durch eine Fluorchinolon-Einnahme. Danach kann man davon ausgehen, dass unter je 100.000 Fluorchinolon-Anwendern zusätzlich 1161 Nebenwirkungen des Nervensystems (vor allem Verwirrtheit und Unruhe), 33 Sehnenrupturen, acht Aorten-Aneurysmen sowie vier kardiovaskuläre Todesfälle auftreten können. Darüber hinaus kann nach dieser Abschätzung von bis zu 140 zusätzlichen Todesfällen im Jahr 2018 ausgegangen werden.

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hatte bereits 2008 über schwerwiegende Nebenwirkungen von Fluorchinolonen berichtet. Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat die Ärzte immer wieder darauf hingewiesen, Fluorchinolon-Antibiotika maßvoll einzusetzen. Von den einst 16 Vertretern der Fluorchinolone sind derzeit in Deutschland nur noch fünf im Handel.

Das WIdO kritisiert, dass erst Anfang April 2019, nach dem Abschluss eines zwei Jahre dauernden europäischen Risikobewertungsverfahrens, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit einem Rote-Hand-Brief die Ärzte aufforderte, Fluorchinolone wegen schwerer Nebenwirkungen nur noch im Einzelfall zu verschreiben. Erst zu diesem Zeitpunkt mussten die Pharmahersteller die Anwendungen in der Packungsbeilage ihrer Arzneimittel massiv einschränken.

 

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