| Annette Rößler |
| 05.09.2023 09:00 Uhr |
Diese hohen Kosten sind nicht überraschend, wenn man sich vergegenwärtigt, wie aufwendig die Herstellung der Produkte ist. Hierzu entnimmt man zunächst einem Tier Muskelzellen per Biopsie, aus denen die multipotenten Stammzellen (Satellitenzellen) isoliert werden. Diesen werden dann in Bioreaktoren mithilfe verschiedener Nähr- und Wachstumsseren vermehrt. Wie die Verbraucherzentrale auf ihrer Website ausführt, durchlaufen die Zellen dabei verschiedene Stadien und bilden Muskelfasern. Über ein Trägergerüst, meist aus tierischem Kollagen, wachsen sie zu einer größeren Masse zusammen, die Hackfleisch ähnelt. Um echtes Fleisch möglichst gut zu imitieren, braucht es außer Muskel- auch Fettgewebe, das auf ähnliche Weise hergestellt wird.
All das verbraucht ziemlich viel Energie. Laut dem »Nature«-Artikel wird der Energiebedarf für 1 kg In-vitro-Fleisch trotz einer zu erwartenden Verbesserung der Effizienz auch im Jahr 2030 noch 60 Prozent über dem für 1 kg Rindfleisch liegen, was als die energieaufwendigste Fleischsorte gilt. Das verschafft den Produkten eine vergleichsweise schlechte Ökobilanz, die sich aber natürlich verbessert, wenn die Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Der Wasser- und Flächenverbrauch liegt bereits jetzt unter dem für die herkömmliche Fleischproduktion.
So könnte es eines Tages aussehen, ein Produkt aus im Labor hergestelltem Hähnchenfleisch. In Europa ist eine entsprechende Zulassung allerdings momentan noch nicht in Sicht. / Foto: Imago Images/Imagebroker
Geht es um die Frage, ob In-vitro-Fleisch eine Alternative für Menschen darstellen könnte, die aus Gründen des Tierwohls auf Fleisch verzichten, ist einerseits zu berücksichtigen, dass für die Herstellung die Biopsie eines Tieres benötigt wird. Die Entnahme der Zellen kann für das Tier schmerzhaft sein, es überlebt sie aber. Darüber hinaus erfordert die derzeit gängige Methode der Anzucht der Zellen im Bioreaktor aber den Einsatz von fetalem Kälberserum (FKS). Dieses wird aus dem Blut von Kuhfeten gewonnen und dabei werden sowohl das Muttertier als auch der Fetus getötet. Laut Post ist FKS jedoch relativ einfach zu ersetzen; eine FKS-freie Alternativmethode beschrieb er zusammen mit anderen Forschenden Anfang 2022 im Fachjournal »Nature Food«.
Ob Fleisch aus dem Labor schließlich gesünder ist als solches von Tieren, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen. Theoretisch könnten Vorteile darin bestehen, dass es weniger mit Antibiotika belastet sein könnte und dass es eine gesündere Fettzusammensetzung haben könnte. Dafür könnte es aber andere Zusatzstoffe mit fraglicher Wirkung auf die Gesundheit enthalten. Die Verbraucherzentrale fordert daher bereits jetzt eine transparente Kennzeichnung und verständliche Informationen. Der generelle Nutzen, die Unbedenklichkeit und der Gesundheitswert müssten deutlich werden, heißt es vonseiten der Organisation.