Fleisch aus dem Labor statt vom Schlachthof |
Annette Rößler |
05.09.2023 09:00 Uhr |
Der niederländische Forscher Mark Post machte vor zehn Jahren aus der Verkostung des ersten Burgers aus im Labor gezüchteten Zellen ein Medienspektakel. Mittlerweile ist Post neben seiner Forschungstätigkeit an der Firma Mosa Meat beteiligt, die Produkte aus Laborfleisch entwickelt. / Foto: picture alliance/empics
Die erste Verkostung eines Burgers aus Laborfleisch war ein Medienereignis. Vor 200 Journalisten und Wissenschaftlern bereitete Dr. Mark Post, Physiologie-Professor an der Universität Maastricht in den Niederlanden, das gute Stück am 5. August 2013 zu und verzehrte es. Er habe »angenehm und neutral« geschmeckt und die Textur sei einem herkömmlichen Burger »äußerst ähnlich« gewesen, berichtete hinterher Gastrokritiker Josh Schonwald, der ein kleines Stückchen abbekommen hatte.
Mit Herstellungskosten von rund 325.000 US-Dollar (246.000 Euro) war dieser Burger sicherlich einer der teuersten der Geschichte. Um den Preis ging es bei der Aktion aber natürlich nicht, sondern darum zu beweisen, dass es möglich ist, im Labor Fleisch zu züchten, das demjenigen von Tieren täuschend ähnelt. Post prognostizierte damals, es werde etwa zehn Jahre dauern, bis solche Produkte Marktreife erlangt hätten. Hat er recht behalten?
Bedingt. Zumindest in den USA dürfen seit Juni dieses Jahres zwei Produkte aus im Labor hergestellten Hähnchenfleisch in den Handel gebracht werden, eines von der Firma Upside Foods und eines vom Mitbewerber Good Meat. Die Lebensmittelaufsichtsbehörde der Vereinigten Staaten hatte zuvor die entsprechenden Genehmigungen erteilt. Damit sind die USA nach Singapur, wo das Good-Meat-Hähnchen bereits seit 2020 in geringen Mengen erhältlich war, weltweit die zweite Nation, die solche Produkte zugelassen hat.
In der EU fällt Fleisch aus dem Labor wahrscheinlich unter die Novel-Food-Verordnung und bräuchte daher wohl auch eine Zulassung, bevor es vermarktet werden dürfte. Bislang hat hier aber noch kein Hersteller einen Antrag gestellt.
Eine direkte Konkurrenz für herkömmliches Hähnchenfleisch ist mit der Zulassung der beiden Produkte in den USA aber auch noch nicht erwachsen, da beide Hersteller Exklusivverträge mit Sterneköchen abgeschlossen haben, die zunächst die einzigen Abnehmer sein werden. Der Grund sind die nach wie vor sehr hohen Herstellungskosten. Ein Chicken-Burger aus dem Labor kostet heute zwar weniger als seinerzeit der Prototyp von Post, aber immer noch ein Vielfaches dessen, was ein konventioneller kosten würde.
Laut einem Artikel auf der Nachrichtenseite des Fachjournals »Nature« wird Fleisch von geschlachteten Tieren auch in Zukunft immer die preiswertere Alternative sein: Bei optimistischer Schätzung könnten die Produktionskosten von 1 kg Fleisch aus dem Labor demnach irgendwann auf 6 US-Dollar (5,53 Euro) sinken. Das klingt erst einmal wenig, ist aber das Dreifache dessen, was für herkömmliches Fleisch bezahlt werden muss. Weniger optimistische Prognosen gehen davon aus, dass der niedrigste mögliche Preis für 1 kg Laborfleisch sogar 37 US-Dollar (34,11 Euro) beträgt.