Familienministerin präsentiert Einsamkeits-Barometer |
Insgesamt zeigt sich: Die Älteren meisterten das Einsamkeitstief während der Pandemie deutlich besser als junge Menschen. Für die 18- bis 29-Jährigen ergibt sich 2021 noch eine Einsamkeitsquote von 14,1 Prozent, während im selben Jahr nur noch etwa zehn Prozent der Senioren über 75 über Einsamkeit klagten. Etwas aktuellere, aber wegen des geringeren Umfangs nicht ganz vergleichbare Zahlen hatte am Mittwoch auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung vorgestellt. Demnach ist Einsamkeit seit der Pandemie bei jüngeren Erwachsenen unter 30 Jahren weit verbreitet.
Auch Benjamin Landes kann dies bestätigen. Er ist Direktor des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, das die 30 Jahre umfassenden Daten für das Barometer aufbereitet hat. Landes spricht von einem »Peak in der Pandemie«, von dem sich Ältere besser erholt hätten.
Frauen fühlen sich den Daten zufolge häufiger einsam als Männer. Das sei vor der Pandemie schon so gewesen, habe sich aber im ersten Corona-Jahr verschärft. 2020 betraf es demnach 33,2 Prozent der Frauen, während es bei Männern nur knapp 23,1 Prozent waren. 2021 wurde die Lücke wieder etwas kleiner (Frauen 13 Prozent, Männer knapp 10 Prozent).
Das Klischee von menschlich unterkühlten Großstädten, in denen besonders viele Menschen einsam sind, lässt sich anhand der Daten des Barometers nicht bestätigen. Demnach gibt es beim Einsamkeitsempfinden keinen signifikanten Unterschied zwischen Menschen auf dem Land und in Städten. Auch zwischen West- und Ostdeutschland ließen sich nur geringe Unterschiede ermitteln.
Institutsleiter Landes wies einschränkend darauf hin, dass die Daten nur quantitativ erhoben worden seien. Es sei beispielsweise nicht untersucht worden, wie genau sich Einsamkeit in Städten im Vergleich zur Einsamkeit auf dem Land äußere und ob es da Unterschiede gebe. Das sei Gegenstand weiterer Forschung, erklärte Landes.
Die Bekämpfung von Einsamkeit sei ein »Work in Progress«, betonte auch Paus. Es gebe noch keine klare wissenschaftliche Auswertung von Gegenstrategien. Die Dringlichkeit stehe dagegen außer Frage. Laut Weltgesundheitsorganisation sei Einsamkeit genauso lebensverkürzend wie Rauchen, Fettleibigkeit oder Luftverschmutzung, sagte die Ministerin.
Ein weiterer Befund der Studie ist der Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Vertrauen. Einsame Menschen erlebten generell einen Vertrauensverlust mit Blick auf ihr Umfeld, erklärte Landes. Dies führe auch dazu, dass das Vertrauen in Institutionen schwinde. Ministerin Paus stufte dies als «beunruhigend» ein. Wenn Menschen sich von der Gesellschaft abwendeten, schade dies auch massiv der Demokratie, erklärte sie.
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