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Nierenfunktion

Fallstricke bei der Berechnung

Je höher die Kreatinin-Konzentration im Blut, desto schlechter arbeitet die Niere. Dieser Zusammenhang ist schon lange bekannt, doch ganz so einfach ist es nicht. Ein Workshop auf dem Kongress für Arzneimittelinformation des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) in Köln zeigte auf, worauf es bei der korrekten Bestimmung der Nierenfunktion ankommt.
AutorKontaktCaroline Wendt
Datum 11.02.2019  08:00 Uhr

»Bis heute gibt es keine einfache Lösung, um die Nierenfunktion zu bestimmen«, sagte Professor Dr. David Czock vom Universitätsklinikum Heidelberg. Der Serum-Kreatinin-Wert hänge von der Muskelmasse ab, das sei längst bekannt. Je mehr Muskeln ein Mensch besitzt, desto höher ist sein Serum-Kreatinin-Spiegel. So könne eine Konzentration von 1,1 mg/dl bei einem muskulösen Menschen noch normal sein, bei einem kachektischen Patienten jedoch schon ein Hinweis auf eine Nierenschädigung sein. »Deshalb reicht der Kreatinin-Wert im Blut allein nicht aus«, betonte der , Nephrologe. Eine zusätzliche Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) oder der Kreatinin-Clearance sei unabdingbar. Die Begriffe dürften jedoch nicht synonym verwendet werden. „Die Kreatinin-Clearance ist im Durchschnitt immer 10 bis 20 Prozent höher als die GFR«, so der Mediziner.

Beide Parameter können entweder gemessen oder mit Formeln ermittelt werden. Eine Messung der GFR kann beispielsweise mit Inulin, 51Cr-EDTA oder 125I-iothalamat erfolgen. »Das ist allerdings relativ teuer und aufwendig«, so Czock. Die Kreatinin-Clearance kann mithilfe eines 24-Stunden-Sammelurins ermittelt werden. Dieses Vorgehen habe den Vorteil, dass der erhaltene Wert unabhängig von der Muskelmasse sei.

Altbewährte Formel

Die Formel von Cockcroft & Gault wurde bereits 1973 entwickelt. In sie fließen Alter, Serum-Kreatinin und Körpergewicht des Patienten ein. Wichtig sei es, den tatsächlichen Kreatinin-Wert und keine gerundeten Zahlen für die Berechnung zu verwenden, sagte der Nephrologe. Nicht infrage kommt die Formel für Kinder, Dialysepatienten und bei akuter Nierenschädigung. Auch bei adipösen Patienten kommt die Formel an ihre Grenzen. Nur bis zu einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 könne das totale (reale) Körpergewicht verwendet werden, ab einem BMI > 30 müsse das adjustierte Körpergewicht in die Formel einfließen. Das adjustierte Körpergewicht berechnet sich aus dem totalen und dem idealen Körpergewicht. Ähnliche Ergebnisse erhalte man mit der Formel nach Detti. Diese werde bei einigen Onlinerechnern (zum Beispiel www.dosing.com) verwendet.

Die Berechnung nach Cockcroft & Gault war lange Zeit Standard. »Seit 1999 gibt es die MDRD- und seit 2009 die CKD-EPI-Formel«, informierte Czock. Beide Berechnungsgrundlagen bestimmen die geschätzte GFR (estimated GFR, kurz eGFR) und kommen ohne das Körpergewicht aus. »Die Formeln sind so komplex, dass ich empfehle, einen Online-Rechner zu verwenden«, riet der Referent. Doch auch hier sei Vorsicht geboten: Nicht jeder Rechner führe zu richtigen Ergebnissen. »Übernehmen sie die Resultate nicht unreflektiert, führen Sie zuerst eine eigene Evaluation durch und rechnen sie händisch nach«, betonte Czock. Bei Kindern, Dialysepatienten und bei akuter Nierenschädigung führen auch diese beiden Formeln nicht zu aussagekräftigen Ergebnissen. Bei übergewichtigen Patienten mit einem BMI > 30 empfiehlt der Nephrologe ein Umrechnen der Einheiten von ml/min/1,73 m2 auf ml/min. Hierfür ist es nötig, den Wert der Körperoberfläche zu kennen. Dieser könne geschätzt oder rechnerisch ermittelt werden: »Mein Favorit ist die Formel nach Mosteller, die ist sowohl für Erwachsene als auch für Kinder evaluiert«, so der Mediziner.

eGRF oder Kreatinin Clearance

Muss die Dosis eines Medikaments an die jeweilige Nierenfunktion des Patienten angepasst werden, stellt sich die Frage, ob dies anhand der Kreatinin-Clearance oder der eGFR erfolgen soll. Hier lohnt sich ein Blick in die jeweilige Fachinformation des Medikaments, erklärte Czock. Wurde in der Zulassungsstudie mit der Kreatinin-Clearance gerechnet, sei es sinnvoll die Formel nach Cockcroft-Gault zu verwenden. Beziehen sich die Angaben in der Fachinformation auf die GFR, sei die CKP-EPI-Formel zu bevorzugen.

Aber muss es immer so genau sein? Bei einigen Medikamenten schon: Bei Risikoarzneimitteln wie Carboplatin oder DOAKs, bei potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen wie einer Laktatazidose durch Metformin oder bei Arzneimitteln bei denen eine fein abgestufte Dosisanpassung nötig ist (zum Beispiel Gabapentin), sei eine genau Anpassung wichtig. »Verwendet man die eGFR da, wo eigentlich die Kreatinin-Clearence gefragt ist, kann das sowohl zu Unter- als auch zu Überdosierungen führen«, sagte der Mediziner. Die in der Fachinformation angegebene Einheit sollte ebenfalls beachtet werden, empfahl Czock.

Problemfall Schwangerschaft

Problematisch sei die Berechnung der Nierenfunktion in der Schwangerschaft. »Während einer Schwangerschaft arbeitet die Niere besser, daher sinken die Serum-Kreatinin-Werte von normalerweise 75 bis 60 µmol/L auf Werte < 60 µmol/L«, erklärte Czock. Liege die Serum-Konzentration weiterhin über 60 µmol/L, könne das unter Umständen auf eine Nierenfunktionsstörung hinweisen. Eine gut funktionierende Formel gebe es jedoch nicht. Nur ein 24-Stunden-Sammelurin könne hier sichere Werte liefern.

Auch für Kinder gelten andere Regeln: Hier sei die revidierte Schwartz-Formel zu verwenden. Diese berechne die eGFR mit dem normierten Körpergewicht. Da die Nierenfunktion mit dem Alter zunehme, würden die Werte durch die Normierung untereinander vergleichbar, erklärte Czock. Schwierig werde es jedoch bei übergewichtigen Kindern. Für diesen Fall existiere zurzeit noch keine Lösung.

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