Expertenrat fordert Vorbereitung auf Krisen- und Bündnisfall |
Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser sind ein Risiko, dem das Gesundheitswesen bereits ausgesetzt ist. Der Expertenrat »Gesundheit und Resilienz« fordert, Deutschland besser auf Krisen vorzubereiten. / © Adobe Stock/ Gorodenkoff
Der Expertinnen- und Expertenrat »Gesundheit und Resilienz« ist das Nachfolgegremium des Corona-Expertenrats. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Mitglieder am 18. März 2024 zur konstituierenden Sitzung im Kanzleramt. Der Rat beschäftigt sich nach Informationen der Bundesregierung auf wissenschaftlicher Basis mit der Frage, wie Gesundheitswesen und Gesellschaft künftigen Gesundheitskrisen bestmöglich begegnen können. Bei aktuellen Fragestellungen zur öffentlichen Gesundheit kann der Rat die Bundesregierung beraten.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine hat der Rat eine Stellungnahme zum Thema »Resilienz und Gesundheitssicherheit im Krisen- und Bündnisfall« veröffentlicht. Darin beschreibt er Bedrohungsszenarien und schlägt Maßnahmen vor, mit denen die Bundesregierung die Gesundheitssicherheit stärken sollte. Demnach beschäftige sich Health Security beziehungsweise Gesundheitssicherheit mit »der Vorbereitung auf, der Bewältigung während und der Wiederherstellung nach gesundheitlichen Großschadenslagen«. Dazu zählen Krisen, (Natur-)Katastrophen, Anschläge und Kriege.
Der Stellungnahme zufolge ist Deutschlands sicherheitspolitisches Umfeld im Umbruch. Aktuelle sicherheitspolitische Analysen zeigten, dass militärische Konflikte zukünftig für Deutschland und Europa nicht ausgeschlossen werden könnten und deshalb in der Ausgestaltung der Gesundheitssicherheit in Deutschland mitberücksichtigt werden müssten. Deutschland sei als wichtiges Mitglied in die EU und in das NATO-Bündnis eingebettet. Das gewährleiste Schutz, bringe aber auch Bündnisverpflichtungen mit sich, die weitreichende Folgen für die Gesundheitssicherheit im Land selbst haben könnten.
Der Rat warnt vor Risiken, die schon vor Eintritt eines NATO-Bündnisfalls die Gesundheitssicherheit in Deutschland gefährden können. Hierzu gehörten Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur – zum Beispiel in Krankenhäusern. Die Ausweitung dieser Aktivitäten oder eine gezielte Sabotage von Strom-, Wasser- und IT-Infrastruktur von Leistungserbringern des Gesundheitswesens, aber auch des Gesundheitlichen
Bevölkerungsschutzes sowie Sabotage von Industrieanlagen mit Ausbringung von gesundheitsgefährdenden Stoffen hätten das Potential, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung insgesamt zu beeinträchtigen.
Die nächste Eskalationsstufe wäre bei einer wachsenden Bedrohung des NATO-Bündnisgebietes gegeben, zum Beispiel im Baltikum. Im Falle der Landesverteidigung Deutschlands als letzter Eskalationsstufe würden sich die genannten Entwicklungen weiter verschärfen. Es ist dann mit einer erheblichen Anzahl verwundeter, verletzter und erkrankter Soldatinnen und Soldaten und auch Zivilpersonen in Deutschland zu rechnen, die versorgt und zum Teil weitertransportiert werden müssten, und das bei beeinträchtigter Gesundheitsinfrastruktur. Weiterhin sei mit Fluchtbewegungen innerhalb Deutschlands aus den betroffenen Gebieten zu rechnen.
Um gegenzusteuern, genügt es laut der Stellungnahme nicht, die Gesundheitssicherheit nur durch technische Maßnahmen – zum Beispiel Abwehr von Cyberangriffen – aufrechtzuerhalten. Der Rat fordert vielmehr, den gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung frühzeitig, proaktiv und umfassend im Rahmen des Zivilschutzes zu sichern. Hierzu gehörten auch Vorbereitungen und Vorhaltungen für eine medizinische Unterstützung der Streitkräfte durch zivile Ressourcen. Des Weiteren müssten die Aufgaben für die Bündnisverteidigung auch im Bereich der Gesundheitssicherheit vorbereitet werden.