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Zu knappes Personal
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Experten wollen Stiko für künftige Krisen wappnen

Die Coronavirus-Pandemie hat nicht nur vielen Menschen viel abverlangt, sondern auch Institutionen strapaziert. In der Kritik stand zwischenzeitlich die Ständige Impfkommission (Stiko), weil sie bei ihren Empfehlungen für Corona-Schutzimpfungen zu langsam sei. Nun fordern Experten, dass das Gremium gestärkt wird.
AutorKontaktCornelia Dölger
Datum 09.02.2023  16:30 Uhr

Mehr Personal, mehr Transparenz und eine effizientere Kommunikation, um die Arbeit der Ständigen Impfkommission (Stiko) zu stärken – diese Expertenforderungen lassen sich aus einem Fachgespräch herausfiltern, das am gestrigen Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags stattfand. Die Coronavirus-Pandemie habe gezeigt, dass das Gremium sich für künftige Krisenlagen rüsten müsse. Dazu gehöre, die Menschen umfassend und schnell informieren zu können. Zudem seien etliche neue Impfstoffe in der Pipeline, hieß es.

An der Diskussion beteiligt waren neben Stiko-Chef Thomas Mertens der Mediziner Leif Erik Sander von der Berliner Charité, Benedikt Fabian vom Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sowie Cornelia Betsch, Expertin für Gesundheitskommunikation der Universität Erfurt.

Mertens wertete die Pandemie im Rückblick als enorme Herausforderung für die Mitglieder der Kommission sowie die Geschäftsstelle, wie es in den Parlamentsnachrichten heißt. In der Pandemie habe es 64 zusätzliche mehrstündige Videokonferenzen zusätzlich zu den regulären Stiko-Sitzungen gegeben, so Mertens. Dies sei aufreibend gewesen. Dennoch habe die Kommission ihre Impfempfehlungen »auf Grundlage bestmöglich verfügbarer Evidenz zeitnah abgegeben«.

Kritik vom Bundesgesundheitsministerium

Das hatten Kritiker in Pandemie-Hochzeiten anders gesehen. Das Tempo, das die Stiko bei ihren Corona-Impfempfehlungen an den Tag legte, hatte zwischenzeitlich für viel Gegenwind gegen die beim Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelte Kommission gesorgt. Selbst das Gesundheitsministerium beklagte, die Stiko brauche zu lange für ihre Entscheidungen.

Um solche Krisen künftig besser in den Griff zu bekommen, brauche es ausreichend auch personelle Ressourcen, forderte Mertens jetzt. Wegen der Konzentration auf Corona seien andere wichtige Impfempfehlungen liegengeblieben. Impfstoffe würden immer komplexer und erforderten komplexere Empfehlungen.

Der Mediziner Sander sprang der Stiko bei und betonte, wie wichtig und zentral deren evidenzbasierte Empfehlungen für die Bevölkerung und die impfenden Ärzte seien. Die Stiko genieße großes Vertrauen bei den Menschen. In der Pandemie habe sie sich in einer extrem dynamischen Situation befunden, in der es seit 2020 neue Studien, Erkenntnisse und Zulassungen »teils im Wochentakt« gegeben habe, so Sander. Weil in der Zukunft häufiger mit epidemischen und pandemischen Ausbrüchen zu rechnen sei, sollte die Stiko personell und strukturell besser ausgestattet werden, damit sie auch dynamische Lagen bewältigen könne.

vfa: Hersteller besser über Verfahrensstand aufklären

Benedikt Fabian vom vfa schlug vor, dass die Kommission künftig transparenter arbeiten solle. Für Außenstehende sei es teils nicht nachvollziehbar, wie bei den Impfempfehlungen der aktuelle Stand des Verfahrens sei. Dies erschwere den Herstellern die Planungen. Hier wünschte sich Fabian mehr Öffnung über die Entscheidungsfindung der Stiko.

Um Unsicherheit und auch Ablehnung der Menschen gegenüber Impfempfehlungen zu verringern, müsse eine bessere Kommunikation her, meinte die Expertin für Gesundheitskommunikation, Cornelia Betsch. Die Ablehnung sei während der Pandemie größer geworden. Nun müsse das Vertrauen in die Stiko wieder aufgebaut werden. Eine Lösung könne sein, das Gremium mit Experten aus den Sozial- und Verhaltenswissenschaften aufzustocken, so Betsch. Dies verbessere nicht nur die Kommunikation, sondern ermögliche auch, über Akeptanzfragen zu beraten. Stiko-Chef Mertens hatte zuvor eingeräumt, dass die Kommunikation teils ein größeres Problem gewesen sei als die Bearbeitung der Themen selbst.

 

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