EuGH erlaubt Gutschein-Verbot |
Alexander Müller |
27.02.2025 11:00 Uhr |
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Laut Mitteilung des EuGH dürfen Mitgliedstaaten Werbeaktionen beim Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel »in Gestalt von Preisnachlässen oder Zahlungen in Höhe eines genauen Betrags« erlauben. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass der Gesetzgeber solche Aktionen mit Blick auf das Preisrecht nicht verbieten darf. In Deutschland ist das Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V geregelt. Hierzu hat sich der EuGH nicht weiter geäußert.
Der niederländische Versender Doc Morris hatte ab 2012 verschiedene Rabattaktionen angeboten. Dabei ginge es sowohl um direkte Prämien für das Einlösen von Rezepten als auch um Gutscheine für nachfolgende Bestellungen nicht verschreibungspflichtiger Produkte. Die Apothekerkammer Nordrhein war dagegen vorgegangen und hatte vor dem Landgericht Köln mehrere einstweilige Verfügungen erwirkt, mit denen die Werbeaktionen untersagt wurden.
Da aber die meisten dieser einstweiligen Verfügungen in der Folge aufgehoben wurden, verlangt Doc Morris Schadensersatz in Höhe von rund 18,5 Millionen Euro. Denn nach Auffassung des Versenders waren die einstweiligen Verfügungen von Anfang an ungerechtfertigt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Fall verhandelt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Luxemburger Richter sollten entscheiden, ob Rx-Boni als unlautere Werbung einzustufen sind oder nicht – also mit der Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vereinbar.
Die Richtlinie enthält zwar ein grundsätzliches Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Allerdings fällt laut EuGH nicht jede Werbeaktion automatisch in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Die Aktion müsse vielmehr darauf abzielen, »die ärztliche Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern«.
Das ist aus Sicht des EuGH nicht der Fall, wenn beim Einlösen von Rezepten Preisnachlässe oder Zahlungen in Höhe eines genauen Betrags gewährt werden. Solche Werbeaktionen bezögen sich nur auf die Entscheidung für die Apotheke und förderten nicht den Verbrauch der Arzneimittel, so die Begründung. Dem Rezeptkunden bleibe nämlich nur noch die Entscheidung für eine Apotheke. Solche Rabattaktionen dürfen die Mitgliedstaaten daher erlauben, ohne die Richtlinie zu verletzen. Sie müssen es aber nicht tun.
Rx-Werbeaktionen dürfen untersagt werden, sofern die genaue Höhe für den Kunden im Vorhinein nicht ersichtlich ist, also der Versender seine Boni nur ungefähr umreißt. Mit einem solchen Verbot könne nämlich verhindert werden, dass die Verbraucher die Höhe der Prämie überschätzen.