EuGH erlaubt Doc-Morris-Plattform |
Alexander Müller |
29.02.2024 10:46 Uhr |
Der EuGH sieht Vermittlungsplattformen von Arzneimittelbestellungen für zulässig an. / Foto: IMAGO/imagebroker
Über die Plattform Doctipharma konnten Kundinnen und Kunden bis 2016 OTC-Arzneimittel und Freiwahlartikel bei teilnehmenden Apotheken bestellen, analog zum Marktplatz-Modell von Doc Morris in Deutschland. Der Onlinehandel mit Rx-Arzneimitteln ist in Frankreich verboten.
Konkret stellte die Website von Doctipharma die Waren mittels eines vorgespeicherten Katalogs zur Verfügung, der Kunde wählte die Arzneimittel aus und seine Bestellung wurde anschließend an die Apotheken weitergeleitet, deren Websites Doctipharma hostete. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte über ein für alle Apotheken anwendbares einheitliches Zahlungssystem von einem dafür vorgesehenen Konto.
Der französische Apothekerverband, Union des Groupements de pharmaciens d’officine (UDGPO), hatte das Angebot als unzulässig angesehen und geklagt. Doctipharma trete selbst als Onlinehändler auf und verstoße damit gegen die Apothekenpflicht und das Makelverbot, so das Argument.
Das französische Kassationsgericht bestätigte im Juni 2019 diese Auffassung und verwies das Verfahren zurück an das Pariser Berufungsgericht. Dieses legte die Sache im September 2021 dem EuGH zur Vorabentscheidung.
Das Pariser Gericht wollte von den Kollegen in Luxemburg wissen, ob es sich bei der Tätigkeit von Doctipharma um einen sogenannten »Dienst der Informationsgesellschaft« handelt, und ob das Unionsrecht es den Mitgliedstaaten erlaubt, die Erbringung eines solchen Dienstes zu verbieten, sofern Apotheken und Kunden auf diesem Weg zusammengeführt werden.
»Der Gerichtshof stellt insoweit klar, dass der Dienst, der in der Zusammenführung von Apothekern und potenziellen Patienten für den Verkauf von Arzneimitteln besteht, unter den Begriff ›Dienst der Informationsgesellschaft‹ im Sinne des Unionsrechts fällt«, heißt es in der Mitteilung des EuGH zur heutigen Entscheidung.
Wenn die Plattform selbst als Verkäufer der Arzneimittel angesehen werden kann, dürfe der Mitgliedstaat die Erbringung dieses Dienstes verbieten. »Beschränkt sich der betreffende Anbieter hingegen durch eine eigene und vom Verkauf unabhängige Leistung darauf, Verkäufer und Kunden zusammenzuführen, dürfen die Mitgliedstaaten diesen Dienst nicht mit der Begründung verbieten, dass die betreffende Gesellschaft am elektronischen Handel mit Arzneimitteln beteiligt sei, ohne die Eigenschaft eines Apothekers zu haben«, so der EuGH.
Zwar seien allein die Mitgliedstaaten dafür zuständig, die Personen zu bestimmen, die Versandhandel mit OTC-Arzneimittel betreiben dürfen, doch müssten sie auch sicherstellen, »dass der Öffentlichkeit Arzneimittel zum Verkauf im Fernabsatz durch Dienste der Informationsgesellschaft angeboten werden, und dürfen folglich einen solchen Dienst für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht verbieten«, so der EuGH
ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold betonte, in dem Urteil seien »sowohl Licht als auch Schatten« zu erkennen. »Wir freuen uns, dass der EuGH die Apothekenpflicht gestärkt hat, sodass auch weiterhin klar ist, dass in Europa grundsätzlich nur Apotheken rezeptfreie Medikamente abgeben dürfen«, so Arnold.
Andererseits lasse das Urteil befürchten, dass Wettbewerbsverzerrungen eintreten können, wenn Online-Plattformen einzelne Apotheken aus reinem Gewinninteresse bevorzugten und die Auswahlmöglichkeiten für Patienten dadurch beschränkten.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Eine ausführliche Analyse der EuGh-Entscheidung lesen Sie in der nächsten Print-Ausgabe der PZ.