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Gesundheitsdatenraum

EU-Einigung ermöglicht europaweiten E-Rezept-Abruf

Das EU-Parlament hat eine vorläufige Einigung mit dem EU-Rat erzielt: Bürgern der europäischen Mitgliedstaaten wird es demnächst möglich sein, Gesundheitsdaten wie E-Rezepte über die europäischen Gesundheitssysteme hinweg abzurufen.
Jennifer Evans
15.03.2024  09:26 Uhr

Die Vertreter des Europäischen Parlaments (EP) und des Rates einigten sich am heutigen Freitag auf die Details des Gesetzentwurfs zur Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums, dem sogenannten European Health Data Space (EHDS). Damit wird es Patientinnen und Patienten bald möglich sein, über ihr Smartphone oder die elektronische Gesundheitskarte von überall in der Europäischen Union auf ihre Gesundheitsdaten zuzugreifen. Informationen wie Medikationspläne, medizinische Bilder oder Laborergebnisse lassen sich so mit Ärzten in allen Mitgliedstaaten teilen. Derzeit ist der Zugang zu Gesundheitsdaten innerhalb der EU unübersichtlich, wie die Mitgliedstaaten mitteilten.

»Wer schon einmal einen medizinischen Notfall im Ausland hatte, weiß, wie schwierig es ist, den behandelnden Mediziner über Vorerkrankungen, Medikamente oder Allergien zu informieren«, so Angelika Niebler, Vorsitzende der CSU-Europagruppe im Europaparlament. Demnächst könnten Patientinnen und Patienten selbst entscheiden, wer auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen dürfe, welche Informationen eingesehen werden könnten und welche Daten privat bleiben sollten, betonte sie. Auch Angehörige von Gesundheitsberufen dürfen im Fall einer Einschränkung nur in Notfallsituationen darauf zugreifen.

Mit anderen Worten: Das Gesetz stellt sicher, dass Patienten ein Mitspracherecht bei der Verwendung und dem Zugriff auf ihre Daten haben. Sie müssen jedes Mal informiert werden, wenn darauf zugegriffen wird. Und sie haben das Recht, falsche Informationen korrigieren zu lassen. 

Chance für die Forschung

Der neue EU-Gesundheitsdatenraum bringe außerdem die medizinische Forschung deutlich voran, wie Peter Liese, Sprecher der EVP-Fraktion im für den EHDS zuständigen ENVI-Ausschuss, hervorhob. »Durch die Sekundärnutzung der Daten in anonymisierter Form, ohne dass die Daten einem Namen zugeordnet werden können, ermöglichen wir Forscherinnen und Forschern die effektive Nutzung dieser Daten aus ganz Europa nach einheitlichen Datenschutzkriterien.« Dies ist nach Lieses Auffassung die wichtigste Entscheidung für den Schutz der Gesundheit in der EU seit vielen Jahren, wenn nicht sogar seit jeher.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Angehörige der Gesundheitsberufe Zugang zu den Daten ihrer Patienten erhalten. Und zwar nur in dem Maße, wie es für eine bestimmte Behandlung erforderlich ist. Jedes Land soll dann auf Basis der Plattform MyHealth@EU nationale Dienste für den Zugang zu Gesundheitsdaten einrichten. Auch ein europäisches Format für den Austausch soll es geben sowie Regeln für Datenqualität, Sicherheit und Interoperabilität. Die Daten könnten also dazu beitragen, lebensrettende Behandlungen und personalisierte Arzneimittel zu entwickeln sowie die Versorgung in Krisensituationen zu verbessern.

Daten zu Ausgaben des Gesundheitswesens

Mit dem EHDS kommt ebenfalls eine gemeinschaftliche Nutzung der Daten für Zwecke des öffentlichen Interessens, der Politikgestaltung und Statistik. Dazu zählen etwa anonymisierte oder pseudonymisierte Gesundheitsdaten, einschließlich Gesundheitsakten, klinische Studien, Kostenerstattungen, genetische Daten, Wellness-Daten sowie Informationen aus öffentlichen Gesundheitsregistern und zu Ausgaben und Finanzierung des Gesundheitswesens. Laut Vereinbarung dürfen die Mitgliedstaaten bei sensiblen Daten wie Geninformationen aber selbst noch einmal nachschärfen.

Die Weitergabe der Daten zu Werbezwecken oder für Entscheidungen von Versicherungen, Kreditinstituten oder Arbeitgebern ist nicht zulässig. Die Abgeordneten setzten nach Angaben des EU-Parlaments jedoch durch, dass Patienten das Recht haben, sich – mit bestimmten Ausnahmen – gegen eine Nutzung ihrer Daten zu entscheiden. Damit weicht die Einigung vom Kommissionsvorschlag ab. Allerdings ist das nur möglich, wenn es nicht um ein öffentliches Interesse geht.

Es war ein großer Balanceakt, einen Kompromiss zwischen Datenschutz und Datensouveränität für die Patienten herzustellen. Die Einigung markiert damit das Ende zäher Verhandlungen. Auch die EU-Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides, freute sich über den heutigen Erfolg: »Unsere Gesundheitsunion baut auf Zusammenarbeit auf, und der Europäische Gesundheitsdatenraum wird eines der stärksten und sinnbildlichsten Beispiele dafür sein, was wir erreichen können, wenn wir zusammenarbeiten«, sagte sie.

Diese vorläufige Vereinbarung müssen die beiden Seiten noch formell annehmen, bevor sie in Kraft treten kann. In den meisten Fällen ist das eine Formsache. Damit könnte das Parlament den EHDS noch in dieser Legislatur verabschieden. 

Apotheken als Dateninhaber

Mit Blick auf die grenzüberschreitende Interoperabilität von E-Health-Anwendungen hatte sich die ABDA vor allem um das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Heilberufern gesorgt. Dies dürfe mit dem EHDS auf keinen Fall negativ beeinträchtigt werden, hatte Mathias Arnold, ABDA-Vizepräsident und Leiter der Europadelegation der Bundesvereinigung, im Zuge des Kommissionsvorschlags betont. Die Verwendung von Apothekendaten dürfe weder Geschäftsgeheimnisse der Betriebe preisgeben noch die Apotheken überfordern.

Das Problem: Die Apotheken betrifft die geplante Primärnutzung der Gesundheitsdaten zum Beispiel in Zusammenhang mit den pharmazeutischen Dienstleistungen. Für diese müssen sie Eckdaten ihrer Patienten abfragen und speichern. Künftig können dann außerdem Menschen aus dem EU-Ausland freiwillig Informationen an sie übermitteln. Das bedeutet: Die Offizinen werden zu Dateninhabern, deren Datenbestände womöglich für Dritte im Rahmen der Sekundärnutzung von Interesse sind. Arnold forderte daher: »Die Abfrage von Apothekendaten darf deshalb nur über zentrale nationale Stellen erfolgen.«

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