Ethikrat-Vorsitzender will Sterbehilfe neu regeln |
Über aktive Sterbehilfe wird seit Jahren heftig gestritten. / © Adobe Stock/pattilabelle
Der neue Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, plädiert für einen neuen Anlauf zur gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe. »Wir müssen rechtlich und ethisch respektieren, dass jemand freiwillig aus dem Leben scheidet«, sagte der Düsseldorfer Rechtsprofessor der »Rheinischen Post«. Es müsse aber stets geprüft werden, ob das eine frei verantwortliche Entscheidung sei. Aus seiner Sicht sei eine gesetzliche Regelung für das Verfahren nötig.
Helmut Frister ist Rechtswissenschaftler und wurde am 15. November zum Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates gewählt. Frister tritt die Nachfolge von Alena Buyx an, die dem Gremium seit 2020 vorsaß. Die Wahrung der Patientenautonomie, insbesondere am Ende des Lebens, gehört zu den Schwerpunkten seiner Arbeit. Frister ist außerdem Seniorprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zu stellvertretenden Vorsitzenden des Ethikrates wurden die Neurowissenschaftlerin Susanne Schreiber, die Philosophin und Digitalethikerin Judith Simon sowie die Ärztin und Medizinethikerin Eva Winkler bestimmt.
»Zwar ist bereits heute jeder, der hilft, verpflichtet, die Freiverantwortlichkeit einer Suizidentscheidung sorgfältig zu prüfen. Sonst kann er oder sie sich strafbar machen«, erläuterte Frister. »Aber es gibt kein bei dieser Prüfung zu beachtendes Verfahren.« Dieses sollte aus seiner Sicht nicht zu restriktiv sein. Ein psychiatrisches Gutachten zum Beispiel halte er nicht in jedem Fall für notwendig. »Das sollte der behandelnde Arzt entscheiden. Aber das Vier-Augen-Prinzip muss in dem Fall gelten. Eine intensive Beratung ist ebenfalls geboten.«
Im Bundestag hatten im Juli 2023 zwei Entwürfe für einen gesetzlichen Rahmen mit Bedingungen und Voraussetzungen für die Sterbehilfe keine Mehrheit bekommen. Eine Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) zielte darauf, Ärzten Medikamentenverschreibungen unter Voraussetzungen außerhalb des Strafrechts zu ermöglichen. Abgelehnt wurde auch ein Vorschlag einer Gruppe um Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) für eine striktere Regelung im Strafgesetzbuch.
Hintergrund der Initiativen aus dem Bundestag war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe im Strafgesetzbuch 2020 gekippt hatte – weil es das Recht auf selbstbestimmtes Sterben verletzte. Dabei hat geschäftsmäßig nichts mit Geld zu tun, sondern meint eine auf Wiederholung angelegte Handlung. Der Gesetzgeber ringt seitdem um eine Regelung, die Missbrauch ausschließt.
In anderen Ländern wurden entsprechende Regelungen bereits beschlossen. In Österreich können Apotheken beispielsweise seit 2022 tödliche Präparate an unheilbar kranke Menschen abgeben. Voraussetzung ist eine Sterbeverfügung, die Kranke bei einem Notar oder Patientenanwalt aufsetzen. Dafür müssen strenge Auflagen wie ein Mindestalter von 18 Jahren, eine medizinische Diagnose, Aufklärungsgespräche mit zwei Ärzten sowie eine mehrwöchige Bedenkzeit erfüllt sein. Dann können sie in einer Apotheke ein tödliches Medikament bekommen, vorgesehen ist dafür in erster Linie Natrium-Pentobarbital. Aktive Sterbehilfe ist in Österreich weiter verboten.