»Es ist kein Hexenwerk« |
Carolin Lang |
28.03.2023 13:30 Uhr |
Im Fokus der pharmazeutischen Betreuung bei oraler Antitumortherapie stehen Handhabung und Sicherheit der oralen Krebsmedikation. / Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke
Bisher bieten nicht sehr viele Apotheken die pharmazeutische Betreuung von Patienten unter oraler Antitumortherapie an, berichtete Dr. Nina Griese-Mammen, ABDA-Abteilungsleiterin Wissenschaftliche Evaluation, Mitte März bei einem digitalen Treffen von Vertretern und Vertreterinnen der Apothekerkammern sowie Fortbildungs-Referenten und -Referentinnen.
Woran liegt das? Neben Personal- und Zeitmangel scheint es weitere Hemmschwellen zu geben, die Apotheker und Apothekerinnen davon abhalten, die Dienstleistung anzubieten, wie die Diskussionsrunde offenbarte:
Die pharmazeutische Betreuung von Patienten unter oraler Antitumortherapie gehört zweifelsohne zu den komplexeren pharmazeutischen Dienstleistungen. Doch sie ist auch »kein Hexenwerk«, betonte Griese-Mammen. Sie sei nicht darauf ausgelegt, dass nur Apotheken mit einem onkologischen Schwerpunkt sie anbieten können, sondern alle Apotheken. »Der Fokus liegt darauf, dass ich den Patienten dazu befähige, seine Medikamente richtig einzunehmen und dass er weiß, was er damit zu Hause machen beziehungsweise nicht machen soll«, führte sie weiter aus. Das soll die Therapie schlussendlich sicherer machen und die Adhärenz fördern. Aber gerade für Apotheken mit einem onkologischen Schwerpunkt sei die Dienstleistung natürlich wie auf sie zugeschnitten.
Um die Dienstleistung anbieten zu dürfen, müssen Apotheker eine Fortbildung auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer »Medikationsanalyse, Medikationsmanagement als Prozess«, beziehungsweise eine gleichwertige Fort- oder Weiterbildung, absolviert haben. Eine spezielle Fortbildung zur oralen Antitumortherapie ist zusätzlich und freiwillig. Einige Apothekerkammern bieten diese bereits an.
Doch auch unabhängig von den Fortbildungen gebe es zahlreiche solide Quellen, um sich über die zentralen Aspekte der Dienstleistung – nämlich Handhabung und Sicherheit der oralen Krebsmedikation – zu informieren, sagte Griese-Mammen. Hier seien insbesondere die wirkstoffspezifischen und -unspezifische Merkblätter vom AMBORA Kompetenz- und Beratungszentrum Orale Tumortherapie sowie die Merkblätter der Deutschen Gesellschaft für onkologische Pharmazie (DGOP) empfehlenswert. Weitere solide Quellen seien die Fertigarzneimittel-Info der ABDATA, die Deutsche Krebshilfe, der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, das Leitlinienprogramm Onkologie, die Deutsche Krebsgesellschaft oder Onkopedia.
Letztlich leite der Gesprächsleitfaden der ABDA den durchführenden Apotheker oder die durchführende Apothekerin dann Schritt für Schritt durch die pharmazeutische Dienstleistung, sodass kein wichtiger Aspekt vergessen werden könne, erinnerte Griese-Mammen. Der Gesprächsleitfaden ist eine von mehreren ABDA-Arbeitshilfen zur Durchführung dieser speziellen Dienstleistung, die die Apothekerinnen und Referentinnen Pauline Dürr und Dr. Katja Schlichtig im Rahmen der Veranstaltung vorstellten.
Ein abschließender Tipp aus der Runde: Mit leichteren Fällen anfangen. Es sei nicht Sinn und Zweck der Dienstleistung, nur die sehr komplexen Fälle zu bearbeiten.
Eine weitere Hemmschwelle sei die Annahme, dass eine kostenpflichtige Datenbank für eine fundierte Beratungsleistung im Rahmen der Dienstleistung nötig ist, berichtete eine Apothekerin aus der Runde. Das ist jedoch nicht der Fall: »Für diese Dienstleistung ist keine zusätzliche kostenpflichtige Datenbank notwendig«, klärte Griese-Mammen mit Verweis auf die in allen Apotheken vorhandene ABDA-Datenbank auf. Hier seien evidenzbasierte Informationen wie Interaktionen nicht nur unter Arzneistoffen, sondern auch mit Nahrungsmitteln, zu finden.
Zudem reiche es aus, mit einer Datenbank zu arbeiten, ergänzte sie. »Es ist natürlich toll, wenn man wie einige Kollegen im Krankenhaus gleich mit mehreren Datenbanken arbeitet, aber das ist nicht nötig.« Sei man sich bei einem speziellen Sachverhalt trotz Datenbank unsicher, gebe es seitens der Kammern auch Arzneimittel-Infostellen oder den Krebsinformationsdienst, an die man sich wenden könne.
Eine weitere Hemmschwelle bei der Implementierung der pharmazeutischen Dienstleistung ist die Angst, die umliegenden Onkologen mit dem neuen Angebot zu verärgern, wie bei der Diskussion deutlich wurde. Solche Befürchtungen seien aber oft nicht berechtigt, räumte ein Apotheker ein. »Es ist sehr abhängig vom Onkologen: Wir haben Onkologen in der Umgebung, bei denen wir offene Türen einrennen und andere, bei denen wir gegen eine Wand laufen«, schilderte er.
Generell sei es immer sinnvoll, persönlich auf die Ärzte zuzugehen, bevor man die Dienstleistung anbietet, riet Griese-Mammen. Die ABDA wolle sich künftig weiter bemühen, das Angebot unter den Onkologen bekannter zu machen, damit Apotheker hier mehr und mehr auf offene Ohren stoßen.