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Cytotec zur Wehenstimulation

»Es gibt durchaus Evidenz«

Für den umstrittenen Einsatz des Prostaglandin-Derivats Misoprostol (Cytotec®) in der Geburtshilfe gibt es aus Sicht von Cochrane Deutschland durchaus Evidenz. Valide Aussagen zu schweren, extrem seltenen Nebenwirkungen seien jedoch nicht möglich.
Annette Mende
14.02.2020  16:08 Uhr

Anfang der Woche berichteten zunächst der Bayerische Rundfunk und die »Süddeutsche Zeitung« und dann auch viele andere Medien über den in Deutschland offenbar weit verbreiteten Off-Label-Einsatz von Cytotec zur Wehenauslösung. Dieser könne in Einzelfällen zu einer Überstimulation der Gebärmutter führen, in deren Folge es beim Kind zu Sauerstoffmangel und bleibender Behinderung oder sogar zum Tod kommen könne. In den Berichten entstand der Eindruck, dass der Einsatz von Misoprostol zur Wehenstimulation erfolge, obwohl es dafür kaum brauchbare Evidenz gebe – teilweise auch aus Kostengründen.

Dieser Eindruck ist laut einer Pressemitteilung der Cochrane Deutschland »so nicht richtig, auch wenn eine noch breitere Datenbasis sicher wünschenswert wäre«. Die Gesellschaft verweist auf den Cochrane Review »Oral misoprostol for induction of labour« aus dem Jahr 2014, der 2018 ergänzt worden sei. Dieser berücksichtige 75 randomisierte kontrollierte Studien mit unterschiedlicher Qualität, an denen fast 14.000 Frauen teilgenommen hatten. In den Studien seien verschiedene Vergleiche mit Misoprostol angestellt worden, zum Beispiel gegenüber Placebo oder gängigen alternativen Wirkstoffen zur Weheninduktion wie Dinoproston (ebenfalls ein Prostaglandin) oder Oxytocin.

»Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Misoprostol für die Auslösung von Wehen in etwa gleich wirksam ist wie die beiden gängigen Alternativen und dass sein Einsatz mit geringfügig weniger Kaiserschnittgeburten einherging«, so Cochrane. Die Evidenz spreche dabei für eine vergleichsweise niedrige Dosierung von 20 bis 25 µg des am besten zuvor in Wasser gelösten Wirkstoffs.

Zu der Frage von extrem seltenen, gravierenden Nebenwirkungen von Misoprostol, zu denen eine Überstimulation der Gebärmutter zählt, könne der Review aber nur wenig beitragen, da diese Nebenwirkungen selbst unter den 14.000 Studienteilnehmerinnen zu selten aufgetreten seien, um valide Aussagen zu Häufigkeiten ableiten zu können. Hierfür sei laut einer Hochrechnung der Autoren eine doppelt bis zehnmal so große Studienpopulation nötig.

In den Medienbeiträgen kamen auch Experten zur Sprache, die von einer weit verbreiteten Überdosierung des Wirkstoffs berichteten. Zudem wurde bemängelt, dass Schwangere über Nutzen und Risiken des Medikaments oft nicht ausreichend aufgeklärt würden. Hierzu äußert sich Cochrane nicht. Die Gesellschaft, die allgemein als Hüterin medizinischer Evidenz angesehen wird, bemerkt lediglich: »Im Sinne einer evidenzbasierten Gesundheitsversorgung würde sich Cochrane Deutschland wünschen, dass in der Berichterstattung zukünftig mehr auf die tatsächliche Evidenzlage eingegangen wird.«

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